Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
erlauben, das verstehst du bestimmt. Du musst jetzt aber aufhören, dem Phantom einer Leiche nachzujagen. Diese Schauspielerin wird ihre Gründe gehabt haben, die Gegend zu verlassen. Was gehen uns solche Leute an?“
Mabel zuckte mit den Schultern. Am liebsten hätte sie ihre Cousine frei heraus gefragt, was sie und Sarah verband, Mabel spürte jedoch, Abigail würde bestreiten, die junge Frau zu kennen oder ihr jemals begegnet zu sein. Sie versuchte einen Blick auf den Brief, an dem Abigail geschrieben hatte, zu werfen, konnte aber nicht mehr als eine Ecke des elfenbeinfarbenen Büttenpapiers erkennen.
„Gehen wir in den Salon“, sagte Abigail. „Ich erwarte die Damen Wyatt und Polgreen, sie müssten jeden Moment eintreffen.“
Mabel brauchte einen Moment, bis sie verstand. Abigail hatte sie also nur gebeten, zurückzukommen, um vor der Arzt- und der Pfarrersfrau nicht zugeben zu müssen, ihre eigene Cousine vergrault zu haben.
„Ach ja, der Basar. Möchtest du meine Hilfe immer noch?“
Abigail nickte. „Selbstverständlich, meine Liebe. Natürlich werde ich mich nicht von allem völlig fernhalten können, aber ich denke, diese Aufgabe wird dich auf andere Gedankenbringen und du wirst nicht länger überall Tote sehen und Verbrechen wittern.“ Dann wechselte sie das Thema. „Was macht eigentlich dein Engagement bei dieser Theatergruppe? Wer spielt jetzt die Rolle von Charles, nachdem Michael verunglückt ist?“
„Tim, ein junger Mann“, antwortete Mabel. „Ich denke nicht, dass du ihn kennst. Er ist kleiner und schmächtiger als Michael, darum muss ich das Kostüm so schnell wie möglich auf seine Größe ändern.“
Abigail lächelte zufrieden. „Gut, dann bist du ja beschäftigt.“
„… und kommst nicht auf dumme Gedanken“, fügte Mabel hinzu, woraufhin Abigail sie streng ansah.
„Mabel, bitte …“
„Ist schon gut.“ Mabel hob die Hand. „Ich mache mich rasch frisch, wir sehen uns dann im Salon.“
Mit hocherhobenem Kopf verließ sie die Bibliothek, um in ihr Zimmer zu gehen. Was verbarg Abigail vor ihr? Mabel spürte, wie das Misstrauen gegenüber ihrer Cousine in ihr wuchs, und sie bedauerte, dieses Gefühl nicht ignorieren zu können.
Laura Polgreen, die Frau des Arztes, und Elisabeth Wyatt, die Pfarrersgattin, waren bereits anwesend, als Mabel eine halbe Stunde später den Salon betrat. Auf dem Tisch lagen zahlreiche Listen, und Mrs Polgreen machte sich eifrig Notizen.
„Wir müssen den Stand mit den Kuchen für das Preisbacken besser platzieren als im letzten Jahr“, sagte Mrs Wyatt.
„Preisbacken?“ Mabel sah fragend in die Runde.
Abigail nickte. „Auf dem Basar wird der beste Victorian Sponge gekürt“, erklärte sie. „Dabei sind alle Varianten erlaubt,und wir hatten schon die leckersten Kreationen mit Quark-Sahne-Füllung oder mit in Rum eingelegten Sauerkirschen.“
„Der Siegerin im letzten Jahr war Mrs Dawlish mit ihrem selbstgemachten Holunderbeergelee-Sponge. Einfach köstlich, meine Damen.“ Sie leckte sich die Lippen, als könnte sie den Geschmack des Kuchens heute noch schmecken.
Elisabeth Wyatt nickte. „Einen Sponge mit einfacher Marmeladenfüllung bekommt jeder hin, leider ist Mrs Dawlish nicht bereit, mir ihr Rezept zu verraten.“
Die Frauen lachten, dann schlug Abigail vor, diesen Stand direkt am Eingang des Basars zu platzieren.
„So kommt jeder, der den Basar besucht, automatisch daran vorbei.“
Ihr Vorschlag wurde angenommen, und in der nächsten Stunde wurden die anderen Standplätze verteilt. Mabel war überrascht zu erfahren, wie viele Gruppen, Vereine und auch einzelne Personen sich an dem Basar beteiligten. Fast jeder, der in Lower Barton und der Umgebung wohnte, steuerte etwas bei – und wenn es nur alte Sachen waren, die man auf dem Dachboden gefunden hatte und für ein paar Pfund verkaufen wollte. Da der Erlös des Basars in voller Höhe der Kirche zugute kam, wollte jeder sein Scherflein dazu beitragen. Abigail selbst würde keinen Stand betreuen, sie stellte ihren Garten aber kostenlos zur Verfügung, außerdem würde Emma Penrose eine große Schüssel Früchtepunsch zubereiten, der für fünfzig Pence das Glas ausgeschenkt werden sollte.
Es war unvermeidlich, dass ihr Gespräch auch auf das Theaterstück und auf Michael Hamptons Unfall kam.
„Mein Mann meint, er hat großes Glück gehabt“, sagte Mrs Polgreen. „Offenbar ist keine Lähmung oder ein sonstigerdauerhafter Schaden zu erwarten. Das Problem ist nur, dass
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