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Die Tote von San Miguel

Die Tote von San Miguel

Titel: Die Tote von San Miguel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Woods
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gründlich in der Unordnung von Gregorowitschs Atelier herumstocherte, entdeckte er nichts Interessantes außer einem burgunderroten Spitzenhöschen und einer Packung Kondome. Er ließ beides in seinen Jackentaschen verschwinden. Der Leinwandstapel an der Wand hinter dem Tisch entpuppte sich als eine Serie klischeehafter Szenen bäuerlichen mexikanischen Lebens. Es war merkwürdig, als wie banal sich das kreative Künstlerleben erwies, wenn man sich die Mühe machte, genauer hinzuschauen, fand er. Zumindest hatte Gregorowitsch Vorkehrungen gegen ungewollte Schwangerschaften und die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten ergriffen.
    Bevor er das Atelier verließ, rief er Felicia mit seinem Mobiltelefonan. Ja, sie hatten Bass Smallwood am Flughafen abgeholt. Und ja, er hatte Amanda im Leichenschauhaus von Guanajuato eindeutig identifiziert. Danach hatten sie ihn in einem Hotel in San Miguel untergebracht, wo er sich sofort an die Bar begeben und zu trinken begonnen hatte.
    Diaz gab Felicia die Adresse in der Calle Terrapien durch und wies sie an, ihn dort in zehn Minuten abzuholen.
    Er fand Fran Kovacs auf einem Liegestuhl neben dem Schwimmbecken, die Augen geschlossen, die Beine leicht gespreizt. Das Kleid war ihr fast bis zur Hüfte hochgerutscht. Wie er bereits vermutet hatte, trug sie kein Höschen. Ihm kam der Gedanke, dass er ihr den Slip anbieten konnte, den er in Gregorowitschs Atelier gefunden hatte. Doch die Folgen, die damit einhergehen mochten, waren viel zu komplex, als dass er den Gedanken in die Tat umsetzte.
    Frans helle Haut glänzte unter einem dünnen Schweißfilm. Er verspürte den Drang, sie zu berühren, beherrschte sich aber. Er hustete. Fran öffnete die Augen einen Spalt weit. Sie blickte mit mäßigem Interesse zu ihm auf, hob die Hüften an und zog den Saum ihres Kleids nachlässig ein Stückchen tiefer in eine etwas weniger aufreizende Position.
    »Noch eine letzte Frage«, sagte er.
    »Das kann ich nur hoffen«, erwiderte sie.
    »Können Sie sich vorstellen, dass Gregori Gregorowitsch Amanda Smallwood umgebracht hat?«
    Jetzt waren ihre Augen weit geöffnet. Sie stemmte sich auf die Ellbogen hoch.
    »Gregori? Jemanden töten? Er könnte vielleicht jemanden zu Tode vögeln. Aber sie ermorden und verstümmeln? Nein. So ein Mensch ist er nicht. Das hätte ich gemerkt. Mein Vater war ein unfähiger Klempner und ein Säufer. Als ich elf Jahrealt war, hat er meine Mutter mit einem Bleirohr totgeschlagen.«
    Das brutale Bild, das unvermittelt in Diaz’ Vorstellung aufblitzte, traf ihn so hart wie der Tritt eines Schuhs mit verstärkter Stahlkappe gegen den Kopf.

Kapitel 16
    Der Indianer in der Fahrerkabine des gestohlenen Dodge Ram wartete ungeduldig darauf, dass sich etwas tat. Er war wie immer so angespannt – nicht zuletzt dank des Drogenpegels in seinem Blut –, dass er kurz vor einem totalen Nervenzusammenbruch stand. Seine Finger trommelten in einem ununterbrochenen Stakkato über das Armaturenbrett. Eine seiner Wangen war von einer Brandnarbe in Form einer uralten Hieroglyphe verunstaltet. Jeder, der sie hatte entziffern können, war jetzt tot, denn die Erkenntnis ihrer Bedeutung war mit dem Moment seiner Auslöschung zusammengefallen.
    Der Pick-up parkte schräg gegenüber der türkisfarbenen Tür des Hauseingangs Calle Terrapien Nummer 83 an dem hohen Bordstein. In den tiefsten Löchern und Senken der kopfsteingepflasterten Straße hatten der Nieselregen und der dichte Nebel, der in der Nacht von Donnerstag auf Freitag durch die Stadt gezogen war, schmutzigbraune Wasserpfützen hinterlassen.
    Fünf Minuten nachdem der Indianer seinen Wachposten bezogen hatte, holperte eine halbwegs offiziell aussehende blaue Limousine mit gefährlich hoher Geschwindigkeit über das Kopfsteinpflaster der Calle Terrapien und hielt direkt vor der türkisfarbenen Tür. Der Indianer setzte sich kerzengerade hinter dem Lenkrad auf, alle Sinne bis zum Zerreißen angespannt. Jede Sekunde zog sich endlos in die Länge, wie in der Zeitlupenaufnahme eines Tropfs, der ein Unfallopfer mit lebenserhaltendem Plasma versorgt.
    Zwei Tagelöhner stolperten die steile Straße hinunter undließen dabei eine Flasche Rum zwischen sich hin- und hergehen. Der Kräftigere der beiden, der ein kariertes Cowboyhemd mit Knöpfen aus falschem Perlmutt und eine schmutzige schwarze Hose trug, trank den letzten Schluck und hielt die leere Flasche in die Höhe. »Lass uns noch eine davon besorgen«, sagte er mit schwerer

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