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Die Tote von San Miguel

Die Tote von San Miguel

Titel: Die Tote von San Miguel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Woods
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Gesicht des Indianers neben ihm war von einer Brandnarbe entstellt, deren totes weißes Gewebe eine geheime Botschaft enthielt, die sich Smallwoods Verständnis nur knapp entzog.
    Der Wagen schlingerte um eine Kurve herum und bog dann mit quietschenden Bremsen scharf auf einen Schotterweg ein, der aus zwei tiefen Fahrrinnen bestand. Die knochenharte Erde in der Mitte der schmalen Fahrbahn wölbte sich weit genug hoch, um die Achsen aus ihren Verankerungen zu reißen. Von den Reifen hochgeschleuderte Steine prallten mit dumpfen Schlägen gegen die Ölwanne, während der Wagen die Böschung hinaufjagte und schließlich in einer Staubwolke außer Sicht der Autobahn zum Stehen kam.
    Der Fahrer stieg aus, lief um den Wagen herum und riss die hintere Tür auf der Beifahrerseite auf, gegen die sich Smallwood gedrückt hatte, während der Indianer dem Texaner den Lauf der Pistole kräftiger in das kalkweiß gewordene Gesicht bohrte.
    Jeglichen Halts beraubt, kippte Smallwood, fast besinnungslos vor Angst, rücklings auf den harten Boden. »Bitte …«, stammelte er und streckte dem Indianer, dessen Augen wie Katzengold glitzerten, flehend die Hände entgegen. »Was auch immer Sie haben wollen, es gehört Ihnen, versprochen!«
    Einen undefinierbaren Moment lang sah er, wie seine Tochter gegen die Finger eines Unsichtbaren ankämpfte, die sich tief in ihre Kehle gruben. Wie ihr verzweifelter Wunsch zu leben wie ein stummer Schrei aus den Tiefen ihrer Augen emporstieg. Wie ihren Lippen der letzte Atemzug ihres Lebens entströmte.
    Im gleichen Sekundenbruchteil drückte der Indianer auf den Abzug. Die Kugel glitt an Smallwoods Wangenknochen ab und pflügte eine tödliche Schneise durch sein Gehirn. Er hörte nicht einmal mehr den Schuss. Sein Körper sank zurück und erschlaffte.
    Der Indianer sprang wie von einem Anfall gepackt auf und ab und feuerte zwei weitere Kugeln in Smallwoods Brust. Reine Munitionsverschwendung, eine Redundanz des Tötens.
    Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, schleifte er Smallwoods leblosen schweren Körper gemeinsam mit dem Fahrer durch das verfilzte Gestrüpp und zähe Gras und warf ihn in einen gewundenen tiefen Felsspalt. Dann knöpfte er seine Hose auf und pinkelte über den Rand der barranca . Als er sie wieder zuknöpfte, entdeckte er Smallwoods Rangers-Kappe im Staub. Er hob sie auf und ließ sie mit einem kurzen Ruck aus dem Handgelenk heraus wie einen Frisbee in den Abgrund segeln.
    Danach war es, als hätte Bass Smallwood niemals existiert.
    sie haben gelogen. sie haben gesagt, eine wäre genug. aber jetzt verlangen sie noch eine. ich habe gewusst, dass es kein zurück mehr geben würde, nachdem sie erst einmal auf den geschmack gekommen sind.
    zuerst haben sie gewinselt und mich beschwatzt, bis ich keinen klaren gedanken mehr fassen konnte. dann haben sie mir gewalt angedroht. an dem punkt bin ich bereit gewesen, ihnen die erste zweibeinige ziege zu bringen.
    ich war so dumm zu glauben, ich könnte sie zufriedenstellen, indem ich ihnen nachgebe.
    aber während sie noch dabei waren zu schmausen und in den eingeweiden meiner gabe zu lesen, haben sie mich bereits ausgelacht. nachdem sie gesättigt waren, sind sie im schatten der bananenstaude neben dem swimming pool in den schlaf gefallen.
    doch schon bald darauf haben sie eine weitere gabe verlangt. ihr kosmisches verlangen nach blut lässt mein gehirn vibrieren.

Kapitel 21
    In einer Ecke von Diaz’ Schreibtisch stand ein gerahmtes Foto. Es zeigte seine Mutter in einem luftigen Sommerkleid, ein Bild wie aus einem Melodram mit Barbara Stanwyck. Sie lächelte glücklich. Neben ihr blickte sein Vater, der eine gebügelte guayabera und einen kleinen runden Strohhut trug, mit finsterer Miene in die Kamera. Im Hintergrund ein 1955er Chevrolet mit verchromtem Kühlergrill. Das Bild war am ersten Tag ihrer Flitterwochen aufgenommen worden – einer Fahrt nach Houston und Galveston. Drei Kinder und 37 Jahre später war seine Mutter tot, an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben.
    Diaz rauchte zwei Zigaretten, doch weder Ortiz, noch Ruiz oder Sanchez riefen an. Vermutlich hatten sie sich in eine gemütliche bodega verkrochen, wo sie Karten spielten und cervezas tranken.
    Als er in seine Jackentasche griff, um die Mailbox seines Mobiltelefons zu überprüfen, strichen seine Finger über die Seidenspitze des himbeerfarbigen Höschens, das er aus Gregorowitschs Atelier mitgenommen hatte. Er zog es hervor und hielt es sich unter die Nase. Es roch

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