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Die Tote von San Miguel

Die Tote von San Miguel

Titel: Die Tote von San Miguel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Woods
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ist noch nicht da.«
    »Wo, zum Teufel, steckt er denn?«
    »Vielleicht geht es ihm ja nicht gut«, sagte Felicia.
    »Dann hätte er anrufen und sich krank melden sollen.« Diaz verzog das Gesicht. »Da er sich irgendwo anders herumtreibt, wirst du eben für ihn einspringen müssen. Besorg dir die Telefonnummer und Adresse von Smallwoods Kunstgalerie in Dallas. Und dann bring in Erfahrung, ob er heute Morgen dort aufgetaucht ist. Sollte er da sein, muss ich dringend mit ihm sprechen.«
    Als Felicia Diaz’ Büro verließ und ihm den Rücken zukehrte, schnitt sie eine Grimasse, die Zunge boshaft zwischen ihren hibiskusrosa angemalten Lippen hervorgestreckt.
    »Warte!«, rief er.
    Sie drehte sich zu ihm um, ein freundliches Lächeln im Gesicht. »Ja, jefe ?«
    »Ich habe einen anderen, vielleicht interessanteren Auftrag für dich. Auf der Calle Frida Kahlo gibt es ein Geschäft mit dem Namen Syd’s Collectibles . Ich möchte, dass du diesen Syd aufspürst und ihn bis spätestens elf Uhr zu mir bringst, zusammen mit einer Skulptur von drei Frauen, die in seinem Schaufenster steht.«
    »Sammeln wir jetzt Kunst, Chef?«
    »Hector. Und was wir sammeln, nennt man Beweisstücke.«
    »Hector.« Sie wälzte das Wort wie ein Bonbon in ihrem Mund herum. »Was hat es mit diesem Syd auf sich?«, wollte sie wissen.
    »Der Künstler, von dem die Skulptur stammt, die du besorgen sollst, hat Amanda Smallwood als Model verwendet. Wir müssen ihn ausfindig machen.«
    »Glaubst du, dass er der Täter ist?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Felicia. Vielleicht ist Amanda ja auch von einem Hexenzirkel umgebracht worden. Aber der Künstler, dessen Initialen C. V. lauten, ist für den Fall von Relevanz.«
    Felicia wandte sich zum Gehen.
    »Bis elf Uhr hier bei mir«, schärfte ihr Diaz ein.
    Felicia setzte wieder ihr boshaftes Gesicht auf, als sie mit zügigen Schritten sein Büro verließ und das Großraumbüro der Kollegen durchquerte.
    Nachdem sie verschwunden war, zündete sich Diaz die fünfte Montana dieses Morgens an. Sein Mund fühlte sich an wie eine Baustelle.
    Seine Laune verbesserte sich auch nicht, als Armando mit den Fingerknöcheln gegen den Türrahmen klopfte. Der Polizist schob sein Gesicht mit dem gewohnten entschuldigenden Grinsen durch die Tür. Seine Augen huschten wie zwei Flipperkugeln aus Obsidian hin und her, wobei er es sorgfältig vermied, seinen Vorgesetzten direkt anzusehen. »Wegen Sonntagvormittag …«, begann er.
    »Heben wir uns das für später auf«, fiel ihm Diaz ins Wort. »Jetzt möchte ich erst einmal, dass du den Wagen und den Fahrer findest, der Bass Smallwood am Sonntagmorgen vorseinem Hotel abgeholt hat. Ich will ihn bis Mittag vor meinem Schreibtisch sitzen sehen. Wenn Carmen dich anruft, sag ihr, sie soll eine Pille gegen Magenübersäuerung einwerfen und die Füße hochlegen.«
    Noch während er die letzten Worte aussprach, verspürte er bereits ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Was hatte es nur mit Armando und Carmen auf sich? Wie hatten sie es geschafft, sich von einem unzuverlässigen Bullen mit Übergewicht und seiner kontrollsüchtigen, passiv-aggressiven Frau in die Art von Ehepaar zu verwandeln, wie sie die morgendlichen Fernseh-Talkshows von México D. F. bevölkerten? Gott sei Dank hatten die Medien sie noch nicht entdeckt. Es war schon schlimm genug, dass sie in den Augen der unter chronischer Beziehungsarmut leidenden Veteranen von San Miguels Policía Judicial zur Verkörperung wahrer Liebe hatten werden können.
    »Ich bin schon dabei, jefe .« Armando verschwand wie der Blitz.
    Diaz blieb reglos wie eine Statue sitzen. Nur sein Daumen spielte geistesabwesend mit seinem Zippo, ließ die metallene Verschlusskappe, deren Chromüberzug durch die ständige Wiederholung schon lange stumpf geworden war, immer wieder auf und zu schnappen. Seine Gedanken kehrten wie in einer Möbiusschleife beharrlich zu ihrem Ausgangspunkt zurück.
    An welchem Punkt ihrer Ermittlung waren sie angelangt? Alle Personen, die mit dem Fall zu tun hatten, waren verschwunden. Bass Smallwood, Gregori Gregorowitsch, jetzt sogar Ortiz. Gregorowitsch musste irgendwo ganz in der Nähe stecken, untergetaucht zusammen mit dieser verblühenden Blondine, mit der Diaz ihn in dem Café auf der Plaza gesehen hatte. Der berüchtigten Jane Ryder. Es würde ihnenwohl nichts anderes übrigbleiben, als alle billigen Hotels und Absteigen in San Miguel zu überprüfen. Oder hatten sich die beiden Liebenden vielleicht

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