Die Tote von San Miguel
Sie dann hier?«, brach er schließlich das Schweigen.
»Ich wollte Ihnen das hier zeigen.« Sie beugte sich vor und schob eine Hand in ihre Jeanstasche. Ihre Brüste zeichneten sich deutlich unter dem dünnen Stoff ab. Diaz versuchte, tranquilo zu bleiben. Mehrere Leute betraten die Bar für ein frühes Mittagessen oder ein verspätetes Frühstück. Fran reichte Diaz ein zusammengefaltetes, zerknittertes Blatt Papier.
»Das ist ein Brief von Gregori. Ich habe ihn heute Morgen unter meiner Türschwelle gefunden.«
Diaz faltete das Blatt auseinander und begann, den mit einer Schreibmaschine getippten Text zu lesen.
liebe fran
ich weiß, dass du mich bis in alle ewigkeit hassen wirst. aber ich habe nicht geglaubt, mich jemals wieder zu verlieben. ich meine damit nicht die kleine, mit der du mich bei brian erwischt hast. das tut mir leid. aber ich habe eine frau gefunden, die ganz anders als alle anderen ist.
sofern du diesen brief nicht schon zu kleinen fetzen zerrissen hast, möchte ich dir einfach nur sagen, welches glück ich gefunden habe. aus dem nichts heraus. und wenn so etwas sogar einem arschloch wie mir passieren kann, besteht für alle menschen hoffnung.
ich weiß, dass sich dein leben jetzt zum besseren wenden wird, nachdem du mich nicht mehr am hals hast.
xxx
Unter den drei x war mit einem Füllfederhalter ein Name gekritzelt worden, von dem man nur ein großes G entziffern konnte. Es war eine Unterschrift, die Diaz schon früher gesehen hatte. Als er den Kopf hob, blickte er in Frans glühende Augen.
»Er hat recht, was die Sache mit dem Arschloch betrifft«, sagte sie.
»Es ist völlig natürlich, wenn Sie durcheinander sind.«
»Ich kann schon auf mich selbst aufpassen, Inspector. Aber ich mache mir Sorgen um die Frau, mit der er jetzt zusammen ist. Was, wenn er beschließt, sie umzubringen, so wie er dieses schlampige kleine Model umgebracht hat?«
»Das sind sehr schwerwiegende Beschuldigungen, señora . Mit welchen Fakten wollen Sie sie untermauern?«
»Nachdem ich den Brief gefunden hatte, habe ich noch einmal über diesen Abend nachgedacht. Ich bin mir sicher, dass Gregori zu Amanda gegangen ist, nachdem ich ihn ausgesperrt hatte. Wahrscheinlich hat sie ihn ausgelacht, als er ihr erzählt hat, dass ich ihn rausgeschmissen habe. Sie hat Männer gehasst und sie gern gedemütigt. Hat zwar die Beine breit gemacht, aber niemandem jemals erlaubt, sie anzurühren.«
Ihre Lippen wurden zu zwei harten dünnen Strichen. »Ich bin mir sicher, dass er einen Wutanfall gekriegt und sie umgebracht hat. Heißt es nicht, wenn man einmal getötet hat, wenn man einmal erfahren hat, wie es sich anfühlt, Macht über Leben und Tod zu haben … dass dieses Gefühl wie eine Droge wirkt?«
»Kürzlich hatten Sie noch eine ganz andere Meinung über señor Gregorowitschs psychologische Fähigkeit, einen Mord zu begehen. Vielleicht hängen Sie ja immer noch an ihm.«
»Sie sind ein Schwein, Inspector.«
»Ich tue nur meinen Job.« Diaz faltete den Brief zusammen und schob ihn sich in die Tasche. »Ich würde liebend gern ein wenig mit señor Gregorowitsch plaudern. Sobald wir ihn aufgespürt haben.«
»Plaudern?« Fran stieß ein freudloses Lachen aus. »Aber was ist mit der Frau, bei der er jetzt ist? Was, wenn er …« Ihre Hände zitterten.
»Sie stehen unter großem Stress, señora .« Diaz wartete einen Moment lang, bevor er aufstand. Er war erleichtert, dass Fran keine Anstalten machte, zusammenzubrechen oder Hals über Kopf auf die Damentoilette zu fliehen. »Danke, dass Sie sich die Zeit für einen Drink mit mir genommen haben. Aber jetzt muss ich wieder an die Arbeit gehen. Pronto .«
Sie lächelte wie eine Madonna. »Bitte besuchen Sie mich bald wieder auf eine Tasse Tee in meinem Studio, Inspector. Oder auf einen Drink. Was auch immer Sie mögen. Ich verspreche Ihnen, dann nicht so langweilig zu sein.«
Es war ein Angebot, von dem er wusste, dass er es nicht würde ablehnen können.
Kapitel 24
Felicia verbrachte eine gute Stunde am Telefon und verließ das Revier der Judiciales erst gegen zehn Uhr. Die Zeit wurde allmählich knapp, aber noch hatte sie eine Stunde bis zu der Frist, die Diaz ihr gesetzt hatte. Außerdem war der Inspector in die Wonder Bar gegangen, angeblich auf einen Kaffee. Was sollte also diese ganze Hektik?
Als Felicia ihren Arbeitsplatz verließ, war sie sich so sicher, wie man es in dieser Welt überhaupt sein konnte, dass Bass Smallwood, seit er am
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