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Die Tote von San Miguel

Die Tote von San Miguel

Titel: Die Tote von San Miguel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Woods
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erwiderte er.
    »Schön.« Diaz reichte ihm seine Kreditkarte. Der Portier zog sie durch den Schlitz des digitalen Lesegeräts, während er die Frau hinter Diaz prüfend musterte. Da Felicia praktisch bereits im Stehen schlief, entging ihr glücklicherweise, dass der Amerikaner sie offenbar für eine Prostituierte der Extraklasse hielt.
    Zwanzig Minuten später lag Diaz nackt in den kühlen Laken, eine brennende Zigarette zwischen den Lippen. Er fragte sich, ob Felicia im Zimmer gegenüber ebenfalls wach in der Dunkelheit lag, allein und vielleicht ein bisschen einsam.
    Tatsächlich aber schlief Felicia bereits tief und fest, das Kinn in die linke Hand gebettet. Einer ihrer Füße ragte unter der Decke hervor. Die Finger ihrer rechten Hand waren noch immer feucht und rochen nach ihrer Vagina, an der sie noch vor wenigen Minuten herumgespielt hatte.
    Diaz konnte nicht einschlafen. Die Gesichter der in diesen Fall verstrickten Personen aus den vergangenen Tagen schwirrten ihm im Kopf herum, bis er sie nicht mehr auseinanderhalten konnte und einzelne Gesichtspartien mit anderen wie in einem Kinderspiel die Plätze tauschten. Als das erste matte Grau der frühen Morgendämmerung durch die Fenster sickerte, duschte er, rasierte sich und zog sich an. Sein Körper wirkte ausgezehrt. Er musste unbedingt mehr essen und weniger rauchen. Der steife Kragen eines frisch gestärkten weißen Hemdes schnitt ihm tief in den Hals. Diaz fühlte sich kraftlos.
    Er saß bereits seit einiger Zeit in der Hotellobby, wo er Zeitung las und dünnen Kaffee trank, als Felicia erschien. Im Gegensatz zu ihm wirkte sie frisch und ausgeruht und hatte, abgesehen von einer Spur Lippenstift, kein Make-up aufgelegt. Sie studierten gemeinsam die Straßenkarte von Dallas und legten ihre Route vom Double Suites Inn zu Smallwoods Galerie in der Elm Street fest. Felicia trank Orangensaft aus einem Styroporbecher. In ihrem perlgrauen Hosenanzug und der beigefarbenen Bluse mit dem weiten Kragen erinnerte sie mehr an eine Modeexpertin als an eine Polizistin.
    Selbst ihr Talent als Rennfahrerin musste vor dem morgendlichen Berufsverkehrsinfarkt kapitulieren. Sie kämpfte sich verbittert Meter für Meter vorwärts, bis sie endlich eine Ausfahrt fand und die Schnellstraße verlassen konnte. Über die Nebenstraßen kamen sie deutlich schneller voran.Schließlich bogen sie auf die Elm Street ab und hielten vor der Glas- und Ziegelfassade eines Hauses in einer Reihe eingeschossiger Gewerbegebäude. »Smallwood Galerie« verkündete ein Schild mit schwarzer Schrift auf weißem Grund über dem Haus.
    Felicia warf Diaz, dessen Augen vor Erschöpfung und Schlafmangel gerötet waren, einen prüfenden Blick zu. »Was, glaubst du, werden wir hier finden?«
    »Bass Smallwood, hoffentlich«, erwiderte er. In einer seiner Wangen zuckte ein kleiner Muskel.
    Sie stiegen aus und traten vor das Schaufenster der Galerie. Die Jalousien vor der verspiegelten Glasfront waren heruntergelassen, die Eingangstür war verschlossen. Auch die Geschäfte ringsum schienen verlassen oder geschlossen zu sein. Nirgendwo war ein Mensch zu sehen.
    Diaz bog in eine Nebengasse ein. Nachdem sie einige Läden passiert hatten, erreichten sie ein offenes, von Unkraut überwuchertes Gelände. Zwischen dichtem Brombeergestrüpp stand eine verrostete Eisentonne, die an eine postindustrielle Buddhastatue erinnerte. Glassplitter glitzerten wie Piranhazähne im Sonnenlicht.
    In die mit Graffiti beschmierten Ziegelsteinfassaden der flachen Gebäude waren metallene Brandschutztüren eingelassen. Eine davon stand einen Spalt weit offen.
    »Die da führt in Basswoods Galerie«, sagte Diaz und tastete automatisch mit der rechten Hand nach der Glock im Holster unter seiner linken Achselhöhle, bevor ihm wieder  einfiel, dass er seine Waffe in Mexiko zurückgelassen hatte.
    Er näherte sich der halb geöffneten Tür und spähte in einen düsteren Flur hinein, der sich in der Dunkelheit verlor. Felicia legte ihm eine Hand auf den Ellbogen.
    »Hallo?«, rief er.
    Er erhielt keine Antwort. Aus dem Gang kam nicht einmal ein Echo zurück. Diaz fluchte stumm, schob sich durch den Türspalt und tastete die Wand auf der Suche nach einem Lichtschalter ab. Auf der rechten Seite konnte er undeutlich eine Türöffnung erkennen. Schließlich fand er einen Lichtschalter und legte ihn um. Hinter der Tür, die er im Halbdunkel gesehen hatte, entdeckte er eine Toilette und ein Waschbecken.
    Die nächste Tür führte in ein Büro.

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