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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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sein Inserat beschäftigt war, störte er sich nicht allzu sehr an der Unpünktlichkeit seiner Verabredung.
    „Lassen Sie uns den Stier gleich bei den Hörnern packen. Ich bevorzuge Karambol“, sagte Karl Kon­stantin statt einer Begrüßung.
    „Wie Sie wünschen.“
    Der Ober reichte dem Erzherzog mit einer tiefen Verbeugung einen Queue.
    „Bitt schön, Euer Queue, Kaiserliche Hoheit.“
    Gustav begutachtete die anderen Stöcke, entschied sich relativ schnell für einen und schickte den Ober weg.
    Karambol war ein Kinderspiel in Gustavs Augen. In früheren Jahren hatte er als nahezu unschlagbar ge­golten und sich im Wiener Wurstelprater mehrmals als Billardkönig feiern lassen. Zwar war er mittlerweile etwas aus der Übung, aber mit dem Erzherzog nahm er es locker auf. Karl Konstantin war kein Anfänger, gegen Gustav hatte er jedoch keine Chance. Die erste Partie gewann Gustav souverän, obwohl er nicht ganz bei der Sache war, weil er in Gedanken nach wie vor am Text seines Inserates feilte.
    Während des zweiten Spiels erzählte Karl Kon­stantin von einem amerikanischen Duell, das vor kurzem hier in diesem Café stattgefunden hatte. Es war um Leben und Tod gegangen.
    „Sind diese Duelle nicht längst verboten?“, fragte Gustav. Er hatte schon öfter von solch diabolischen Lebenslotterien gehört, war aber noch bei keiner dabei gewesen.
    „Wen interessiert das schon?“
    „Ich halte nichts von mittelalterlichen Gottesurteilen.“
    „Es war aber überaus spannend. Die Beteiligten mussten von zwei Kugeln, einer schwarzen und einer weißen, eine verdeckt auswählen. Das Los bestimmte, wer zuerst wählte. Mein Bekannter zog die schwarze Kugel, was ihn zu Selbstmord nach sechs Monaten verpflichtete. Es tut mir ehrlich leid um ihn, ich fand ihn très amusant. Er hat sich noch nicht verabschiedet, wird es aber demnächst tun. Die Wetten stehen momentan sieben zu drei …“
    „Dass er sich umbringen wird?“
    „Seine Wettschuld begleichen wird, lieber Gustav. Ich darf doch Gustav sagen?“
    Ein kaum merkliches Nicken. „Was war der eigentliche Grund für das Duell?“
    „Na was denn wohl? Eine Liebesgeschichte halt.“
    Gustav bemühte sich, zu verbergen, wie schockiert er war.
    „Und Sie haben darauf gewettet, dass er sich …“
    „Ja, was denn sonst. Ich kenne ihn recht gut. Übrigens ist er ungarischer Abstammung, so wie du. Und ihr Ungarn seid die letzten Ehrenmänner in diesem völlig verlotterten Reich. Nein, stimmt nicht ganz. In Wien macht ja bis heute das Gerücht die Runde, dass sich Kronprinz Rudolf in Mayerling aufgrund eines amerikanischen Duells selbst getötet hätte.“
    Karl Konstantins Zynismus irritierte Gustav ungemein. Rasch beendete er das zweite Spiel. Der Erzherzog verlor wieder haushoch.
    In diesem Augenblick stürzte ein junger Mann in das Lokal und schrie: „Großnichte der Kaiserin brutal ermordet!“
    Alle Gäste unterbrachen ihre Gespräche, blickten von ihren Zeitungen auf oder ließen ihre Queues fallen und drängten den jungen Mann, zu erzählen, was passiert war. Die Menschentraube, die sich um ihn bildete, war in Sekundenschnelle so dicht, dass Gustav und Karl Konstantin kaum ein Wort von dem Gestammel des Burschen verstehen konnten.
    Der Ober, den Karl Konstantin zu sich zitiert hatte, klärte sie auf.
    „Eine junge Verwandte aus Bayern, angeblich eine Großnichte Ihrer Majestät, wurde im Bett der Kaiserin in der Hermesvilla tot aufgefunden. Ihr ist mit einem Jagdmesser die Kehle durchgeschnitten worden.“
    Gustav musste sich hinsetzen. Ihm war plötzlich schwindlig.
    Karl Konstantin bestellte zwei Schnäpse.
    „Geht’s wieder?“, fragte er, nachdem Gustav den Slibowitz in einem Zug hinuntergestürzt hatte.
    Gustav war nach wie vor kreidebleich.
    „Lass uns weiterspielen. Wir können ohnehin nichts mehr für die junge Dame tun. Komm, steh auf“, sagte Karl Konstantin und reichte Gustav seinen Arm.
    Während die anderen Gäste lautstark über den scheußlichen Mord diskutierten, schob der Erzherzog den armen Gustav, der ziemlich wackelig auf den Beinen war, zurück an den Billardtisch.
    „Reiß dich zusammen, Mann! Du bist doch der Meister­detektiv. Vielleicht solltest du diesen Fall übernehmen? Unsere Polizei scheint unfähig zu sein, die Damen der besten Wiener Gesellschaft vor diesem Ungeheuer zu schützen. Zwei Morde innerhalb von ein paar Tagen, das hat es in Wien noch nicht gegeben. Fast könnte man glauben, Jack the Ripper treibt nun bei uns sein

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