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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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kameradschaftlich auf die Schulter und wies ihn auf die Darstellung einer schönen Unbekannten hin, die einfach „Damenbildnis“ hieß.
    „Kennst du die Baronin Knips persönlich? Ich finde die Dame auf diesem Bild sieht ihr ähnlich.“
    Gustav riet seinem Vater sogleich zum Kauf.
    „Ich weiß nicht recht. Tag für Tag einer Fremden in die Augen blicken zu müssen, und seien es noch so schöne Augen, widerstrebt mir irgendwie. Lieber würde ich dem Meister selbst einen Auftrag erteilen.“
    Gustav fragte sich, welche Schöne der Graf im Auge hatte, denn seine Töchter würde er dem Künstler mit dem auf Erotik fixierten Blick wohl nicht gerne anvertrauen.
    „Vielleicht genügt ihm ja eine Fotografie als Vor­lage? Ich habe einen wunderschönen Abzug von deiner Mutter. Das Bild wurde vor dem Engelsbrunnen im Schönbrunner Schlosspark aufgenommen. Sie sieht sehr glücklich darauf aus. Kennst du diesen kleinen Brunnen? Zwei Kinder sitzen auf einem Walfisch, aus dessen Mund das Wasser ins Muschelbecken rinnt. Sie fand ihn viel hübscher als all die großen, pompösen Brunnen.“
    „Typisch für Mama“, flüsterte Gustav und bemühte sich zu verbergen, wie gerührt er war. Als ihn sein Vater zu einem kleinen Imbiss ins Hotel Sacher einlud, ritt ihn auf einmal der Teufel und er schlug vor, sich lieber bei einem Wurstsieder oder Bratlbrater zu stärken.
    Amüsiert folgte ihm der Graf zu einem der fahr­baren Würstelstände am Albertinaplatz.
    „Und du bist dir sicher, dass ich nach dem Genuss dieser Schlachtabfälle, die der Kerl in die Därme füllt, nicht krank werde?“, fragte der Graf, als Gustav zwei Haße bestellte.
    Die dubiosen Gestalten, die sich um den Würstelstand versammelt hatten, Fuhrwerker, Bierkutscher und Strizzis, wichen zurück, machten den feinen Herren Platz und unterhielten sich etwas abseits in unverständlichem Wiener Rotwelsch. Gustav war überzeugt, dass sein Vater kein Wort verstand und übersetzte ihm stolz einige typische Ausdrücke.
    „Du beherrschst die Gaunersprache dieser Pülcher?“
    „Nein. Ich hab nur auf der Rennbahn einiges mitgekriegt“, sagte Gustav. „Diese Leute sind harmlos. Sie werden uns nicht belästigen. Wahrscheinlich haben sie noch nie in ihrem Leben einen leibhaftigen Grafen aus der Nähe gesehen.“
    Der Wurstsieder übertraf sich an Höflichkeit. Seine Beteuerungen, wie sehr er sich freuen würde, der hochherrschaftlichen Gesellschaft die besten Würstel der Stadt zu offerieren, brachten Gustav zum Lachen.
    Sein Vater fiel in sein Gelächter mit ein.
    Ein Werkelmann näherte sich mit seiner Dreh­orgel und spielte das Fiakerlied.
    „Extra für die hohen Herrschaften“, betonte er.
    Graf Batheny warf ihm ein paar Münzen zu. Gustav begann mitzusingen: „I führ zwa harbe Rappen, mein Zeug dös steht am Grab’n.“ Dann ging ihm der Text aus. Erst beim Refrain stieg er wieder ein: „Mei Stolz is, i bin halt an echt’s Weanakind, a Fiaker, wie man net alle Tag find’t, mei Bluat is so lüftig und leicht wie der Wind, i bin halt an echt’s Weanakind.“
    Er hatte eine schöne Tenorstimme, sang auf jeden Fall besser als der Werkelmann.
    „Du singst fast genauso gut wie der legendäre Schauspieler Alexander Giradi“, lobte ihn sein Vater. „Musikalität liegt euch Karolys offenbar im Blut.“
    Gustav grinste verschämt.
    Die harmonische Stimmung zwischen Vater und Sohn hielt nicht lange an. Sobald sie dem Würstelstand den Rücken gekehrt hatten, brachte Gustav das Gespräch wieder auf die Frauenmorde in Schönbrunn.
    „Ich dachte, die Polizei hat den Täter schon gefasst.“
    „Einen, ja. Es handelt sich offensichtlich um zwei verschiedene Täter. Der Reitlehrer Max von Gut­brunnen hat den Mord an der Baronin in der Menagerie gestanden, hat aber für die anderen Morde Alibis. Wir müssen also davon ausgehen, dass der zweite Mörder noch frei herumläuft.“
    „Oh Gott!“
    „Du hast doch versprochen, mir Zugang zum Schloss zu verschaffen. Ohne die kaiserlichen Räumlichkeiten gesehen zu haben, kann ich mir keine Vorstellung davon machen, wie der Mörder dort eindringen konnte. Außerdem wäre es unerhört wichtig, mit der Dienerschaft zu reden. Jemand vom Personal muss der Gräfin von Reichenbach geholfen und womöglich auch ihren Mörder hineingelassen haben ... Mein Freund Rudi bekommt vom Hof keine Erlaubnis, die Diener zu verhören. Ihm sind die Hände gebunden. Er ist ziemlich verzweifelt, denn er ist überzeugt davon, dass der sogenannte

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