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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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zweite Frau und dann die dritte ermordet worden sind. Ich weiß nicht …“
    „Na, komm, sag schon!“
    „Ich denk, es war der Italiener. Die sind dort unten alle politisch.“
    „Welcher Italiener? Meinst du den Cavaliere, dem seit kurzem die halbe Damenwelt von Wien zu Füßen liegt?“
    „Ja, genau den mein ich. Das ist kein Edelmann. Der kommt aus dem Volk, so wie ich.“

29
    Gustav durchquerte den Schönbrunner Schlosspark. Die verschwiegenen Heckengänge des Irrgartens brachten ihn auf andere Gedanken. Er malte sich aus, wie er im nächsten Frühjahr mit Dorothea in diesem Labyrinth Arm in Arm lustwandeln, ihr einen Kuss stehlen und ihr seine Liebe gestehen würde …
    Als er an der Menagerie angelangt war, fiel ihm wieder ein, dass Kaiserin Maria Theresia im Sommer ihr Frühstück, umgeben von ihren geliebten Raubkatzen – sicher verwahrt hinter Gitterstäben –, eingenommen hatte. Nun hatte die Baronin den schönen Tieren als Frühstück gedient.
    Er schritt schneller aus, erreichte das riesige Palmenhaus, angeblich das größte der Welt, und verließ das Schlossgelände durch den Ausgang zum Hietzinger Platzl. Er überlegte, seinen Vater zu besuchen, dann erinnerte er sich, dass dieser heute ja wieder die Renovierungsarbeiten in seinem Palais überwachte.
    Der Graf und seine Tochter weilten noch immer in der Villa in Hietzing, obwohl es rundherum ziemlich einsam geworden war. Der Hof und die meisten Nachbarn und Bekannten der Bathenys waren längst wieder in ihre Stadtpalais gezogen.
    Vielleicht würde er ja Dorothea in der Villa antreffen und sie mit nach Hause nehmen können? Dorothea besuchte ihre neue Freundin fast täglich. Hin und wieder ließ sie sich von Gustav oder zumindest von Edi abholen. Doch es war noch zu früh. Die Damen saßen zu dieser Stunde beim Kaffee. Da er keine Lust auf ein schöngeistiges Gespräch mit den beiden hatte, ging er auf einen Kleinen Braunen ins Casino Dommayer.
    Als er ein wenig später an die Haustür der Bathenys klopfte, teilte ihm Johann mit, dass der Herr Graf nicht zu Hause und das Fräulein Palme vor zwanzig Minuten gegangen sei.
    Marie Luise kam in den Vorraum und schimpfte mit Johann: „Warum bittest du Herrn von Karoly nicht herein, du alter Esel!“
    Johann schien an die Liebenswürdigkeiten der Comtesse gewöhnt zu sein. Ohne die Miene zu verziehen, verbeugte er sich tief vor Gustav und hielt ihm die Tür auf.
    Gustav war froh, dass seine Halbschwester inzwischen aufgehört hatte, mit ihm zu kokettieren. Sie war in letzter Zeit freundlich, aber ein bisschen distanziert ihm gegenüber gewesen. Dennoch behagte ihm der Gedanke, mit ihr und der Dienerschaft allein im Haus zu sein, nicht besonders.
    „Ich wollte Dorothea abholen. Johann sagte, dass sie schon gegangen sei.“
    „Ja, vor etwa einer halben Stunde. Sie wollte im Hellen heimkommen.“
    „Dann will ich mich lieber beeilen. Vielleicht kann ich sie einholen.“
    Er schlug das Angebot aus, sich mit einem Gläschen Wein für den langen Weg zu stärken, und spazierte zurück zum Seiteneingang des Schlosses, wo fast immer Fiaker vor dem Tor standen.
    Seit dem Abend nach ihrem Besuch beim Demel hatte Dorothea Sorge, allein in der Dämmerung nach Hause zu gehen. Dabei hatte die arme Obdachlose, über die sie gestolpert war, nur wirres Zeug über den Frauenmörder von Schönbrunn gefaselt, sie aber nicht weiter belästigt. Hatte sie sich nur eingebildet, verfolgt worden zu sein? Der häufige Umgang mit Marie Luise schien nicht ohne Wirkung auf sie zu bleiben. Womöglich ist Hysterie ansteckend, dachte Dorothea in letzter Zeit so manches Mal.
    An diesem ungewöhnlich warmen Oktobertag hatte sie beschlossen, endlich wieder einmal ein Stück zu Fuß zu gehen. Sie war kein Angsthase und wollte den vielleicht letzten lauen Abend genießen. Es war noch nicht dunkel und auf der Mariahilfer Straße würde sie einen Fiaker finden.
    Als sie in der Schönbrunner Allee anlangte, war sie schweißgebadet. Erneut hatte sie sich verfolgt gefühlt und war nahezu den ganzen Weg gerannt. Da es zu regnen begonnen hatte, waren nicht mehr viele Menschen unterwegs.
    Ich benehme mich einfach lächerlich, schimpfte sie mit sich selbst.
    Plötzlich hielt ein Wagen neben ihr. Der italienische Cavaliere, den sie seit Marie Luises Geburtstagsfest nicht mehr gesehen hatte, öffnete den Verschlag und fragte, ob er sie irgendwohin mitnehmen könne.
    Sie versuchte sich an seinen Namen zu erinnern, hieß er nicht genauso wie der

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