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Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
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Länder weitergegeben.«
    »War irgendjemand nicht einverstanden?«
    Enzo schüttelte den Kopf. »Nein. Ausnahmsweise waren sich alle einig. Niemand mag jugendliche Wirrköpfe, die alte Helden bedrohen. Nur bei einem der anderen Briefempfänger – wenigstens jener, von denen wir wissen – gab es vor rund sechs Monaten einen Einbruch. Ansonsten hat keiner von ihnen irgendwelche Übergriffe erlebt. Wenigstens«, schränkte er ein, »soweit sie es zugeben.«
    »Das heißt nicht, dass nichts vorgefallen ist.«
    »Stimmt«, pflichtete Enzo bei. Er sah gerade einen Aktenstapel durch. »Vielleicht waren sie auch zu stolz. Schließlich will man sich nicht einschüchtern lassen. Nicht vor der Gewalt einknicken. Kein Aufhebens machen. Alte Menschen reagieren ohnehin oft so, und es würde mich nicht überraschen, wenn das für ehemalige Freiheitskämpfer doppelt gelten würde. Wir überprüfen das gerade. Wir fassen bei allen noch mal nach und gehen zusätzlich alle Archive der örtlichen Polizeibehörden durch. Schließlich sind das keine normalen Achtzigjährigen.«
    Vielleicht nicht, dachte Pallioti. Obwohl er den Verdacht hatte, dass Signora Grandolo da anders dachte. Wie hatte sie diese Leute bezeichnet? Als verblüffend gewöhnliche Menschen, die Außergewöhnliches geleistet hatten.
    Er stellte sich zu den kopierten Briefen, die an einer dritten Tafel hingen, zwischen den beiden Tafeln für die alten Männer. Die Wortwahl ähnelte sich, einige Phrasen – vor allem die Bekundungen bezüglich Walhalla – wiederholten sich. Alle waren in roter Tinte geschrieben. Bis jetzt war auch auf allen das verschmierte Kreuz abgedruckt. Und alle waren auf den 28. April LXXXIII datiert, das Jahr 83 im faschistischen Kalender, das allen anderen als Jahr 2005 bekannt war. In anderen Worten, nicht nur auf den Jahrestag von Mussolinis Tod, sondern auch drei Tage nach der Befreiungsfeier, die, wie Signora Grandolo betont hatte, fast ganz Italien im Fernsehen verfolgt hatte.
    Es bestand allgemeine Übereinstimmung, dass die Opfer möglicherweise auf diese Weise ausgewählt worden waren – einfach ein paar Namen, die der Briefeschreiber während der Übertragung mitgeschrieben und zu denen er später eine Adresse ausfindig gemacht hatte. Oder, was wahrscheinlicher war, dass die Übertragung die Inspiration und die örtliche Presse danach die Details geliefert hatte.
    Drei der neu entdeckten Empfänger lebten wie Roberto Roblino im Süden. Ein weiterer in Rom. Zwei wohnten in Mailand und die letzte in der Nähe von Ravenna. Drei der sieben hatten ihren Brief postwendend weggeworfen. Die Dame in Ravenna hatte ihren Brief der örtlichen Polizei übergeben, aber nicht ohne alle Rechtschreibfehler anzustreichen – nachdem sie während des Krieges Brücken gesprengt hatte, war sie Grundschullehrerin geworden. Drei weitere hatten ihre Briefe aufbewahrt.
    Die korrigierte Version war in der betreffenden Polizeidienststelle verloren gegangen, aber die noch verbliebenen Briefe waren eingesammelt und zur Analyse eingesandt worden. Niemand bezweifelte wirklich, dass es Übereinstimmungen geben würde. Neben möglichen Fingerabdrücken hoffte Enzo auch darauf, von den Briefmarken DNA-Proben nehmen zu können. Selbst mordlustige bigotte Halbdebile streiften inzwischen Handschuhe über. Allerdings dachten die wenigsten daran, ihre Briefmarken nicht anzulecken. Der ballistische Bericht über die Kugel, die Roberto Roblino getötet hatte, war ebenfalls eingetroffen. Wie allgemein erwartet, war sie aus derselben Waffe abgefeuert worden, mit der auch Giovanni Trantemento getötet worden war.
    Pallioti nahm es hin, dass diese neuen Entwicklungen seinen morgendlichen Besuch wahrscheinlich überflüssig, wenn nicht gar belanglos machten. Er musste sich eingestehen, dass er sich im Kreis gedreht hatte. Vermutlich hatte er sich sogar lächerlich gemacht. Signora Grandolo hatte ihn zwar charmant empfangen, dennoch hatte er ihr gegenüber das Gefühl gehabt, ein bisschen beschränkt zu sein.
    Doch wenn er sein zerzaustes Ego erst vergaß, waren das gute Nachrichten. Endlich machten sie sichtbare Fortschritte. Die Ermittlungen konzentrierten sich inzwischen fast ausschließlich auf das naheliegende und verstörend große Reservoir an neofaschistischen und Neonazigruppierungen, die im ganzen Land und in ganz Europa aus dem Boden zu schießen schienen. Europol war äußerst hilfreich. Die Franzosen hatten bereits bestätigt, dass es bei ihnen mehrere Fälle gegeben

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