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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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mit dem Schwert übt, hat solche Arme. Ich habe in meinem Leben so viele Ritter und Söldner gesehen, mit ihnen geübt und gekämpft – anderen kannst du ja alles mögliche erzählen, aber ich weiß, was ich sehe!“
    Stumm schaute ich auf meinen Arm. Mir war das nie aufgefallen.
    Heinrich hatte mich beobachtet und lehnte sich jetzt zufrieden zurück.
    „Nachdem wir das klären konnten, kann ich dir die Geschichte dieses Schachspiels erzählen.“ Seine Stimme wurde ernst: „Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der dem Tod im letzten Moment ein Schnippchen geschlagen hat und dabei fast seine Seele verloren hätte.
    Es war im Jahre des Herrn 1453. Das christliche Abendland hielt den Atem an. Alle Zeichen deuteten darauf hin, dass Sultan Mehmed II. mit seinen osmanischen Truppen Konstantinopel erobern wollte. Doch davon hatte ich ja keine Ahnung.“ Heinrichs tiefe Stimme schien das ganze Zimmer auszufüllen.
    „Als ich aus dem Dienst der Bassenheime r ausschied, war ich mir sicher, dass ich überall mein Glück machen würde. Schließlich konnte ich kämpfen, war jung, stark wie ein Stier un d hungrig nach Abenteuern. Meine Reise führte mich nach Süden. In Nürnberg trat ich in den Dienst einer Gruppe von Kaufleuten, die mic h dafür bezahlten, sie und ihre Waren vo r Strauchdieben und heruntergekommenen Raubrittern zu schützen. Nebe n mir hatten sie noch Ragwald angeheuert. Ragwal d war ein zäher Kerl, das sah man auf den ersten Blick. Ein Auge hatte er im Kampf verloren, und mir schien er damals fast schon ein alter Mann zu sein. Wenn ich heute darüber nachdenke, dann war Ragwald allenfalls vierzig. Erfahrung hatte er für zwei. Damals konnte ich mit dem Eichenstock kämpfen wie kein anderer, aber Ragwald holte mich gleich am ersten Tag bei einem Freundschaftskampf von den Beinen. Ich landete im Dreck, und Ragwald hielt sich den Bauch vor Lachen – so schlossen wir Freundschaft. Eine Freundschaft, die noch tiefer wurde , nachdem wir zusammen ein halbes Dutzend Straßenräuber in die Flucht geschlagen hatten. Die Kaufleute wollten über die Berge nach Venedig. In den langen Wochen der Reise lehrte mich Ragwald den Kampf mit der Axt und dem Katzbalger, dem Kurzschwert, das er mir schenkte. Am Ziel unserer Reise entlohnten die Kaufleute uns großzügig. Wir konnten uns nicht beschweren. S o stand ich an der Lagune – und sah zum ersten Mal das Meer, den Sac k gefüllt mit Gulden, den Kopf voller Tatendrang. Ragwal d und ich hatten beschlossen, vorerst zusammenzubleiben. I n Venedig hörten wir davon, dass Söldner gesucht wurden . Schon einen Monat später waren wir auf dem Weg nach Konstantinopel. Auf der Seereis e brachte Ragwald mir noch zwei Dinge bei: Schachspielen und einige Sätze Latein. Woher e r das alles wusste, wollte er mir nicht verraten. Ich hatte mir vorher nie viel aus dem Lesen und Schreiben gemacht, damals aber wollte ich möglichst so werde n wie Ragwald. Also strengte ich mich an – mit Erfolg. Mehr Glück sollte ich in den nächsten Wochen aber auch nicht mehr erleben . Sicher hast du von der grauenvollen Schlacht um Konstantinopel gehört?“ Heinrich sah mich fragend an, ich nickte stumm. Jeder kannte die Geschichte u m das Gemetzel.
    „Vergiss all diese Geschichten“ , murmelte Heinrich. Er schluckte, wischte sich über die Augen. „Es war hundertmal schlimmer. Am Ende waren alle tot, Ragwald starb in meinen Armen, und mit nur wenigen gelang mir die Flucht zurück nach Italien. Mein Schwert, mein Harnisch und das Kistchen mit Schachfigure n waren mir geblieben. Ich hatte eine Pfeilspitze im Bein und während der Flucht Wundf ieber bekommen. Aber Gott stand mir bei – ich fand Zuflucht in einem Kloster. Die Mönche versorgten meine Wunde, ich überwand das Fieber und behielt mein Bein. Ich entschloss mich bei den Mönchen zu bleiben. Der Abt war erfreut über meine W andlung – sein eigener Saulus, der zum Paulu s wur de. Als er merkte, dass ich einige Sätze Latein sprach, verstärkte er seine Bemühungen um mich noch. Ich blieb fün f Jahre, ging dann nach Rom, wurde zum Prieste r geweiht, und später führte mich mein Weg zurück nach Trier. Als mein Bischof für die Gemeinde in Andernach einen neuen Pfarre r suchte, nahm ich diese Aufgabe an. Die Figuren aber, mit denen wir heute Aben d spielen, diese Figuren und Ragwalds Andenken haben mich in all den Jahren begleitet.“
    Heinrich verstummte. Gedankenverloren starrte er in das Licht der Laterne . Während seiner

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