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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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hatten bereits Boten nach Bonn entsandt, um rechtzeitig vom Nahen des hohen Besuches zu erfahren.
    Johanna hatte ich in den letzten Tagen ebenfalls kaum gesprochen, so sehr beschäftigte mich Heinrichs Auftrag. Oft saß ich in der Sonne auf dem Hof, um mehr Licht bei der Arbeit zu haben. Während ich schnitzte, sah ich Johanna beim Waschen und der Hausarbeit zu. Manchmal schaute sie zu mir herüber, stumm, aber mit einem Lächeln. Ich mochte das Gefühl von Vertrautheit, das in diesem Lächeln lag. An einem Abend brachte sie mir einen großen Topf Hirsebrei mit getrockneten Pflaumen, Äpfeln und Birnen und einen kleinen Becher Honig vorbei.
    Thomas stürze sich mit ungeheurem Eifer in seine täglichen Übungen, erfuhr ich von ihr . Heinrichs strenge Regeln schienen ihn nicht zu schrecken – im Gegenteil. An jedem Abend schlang er hungrig sein Abendessen hinunter, um dann müde wie ein Stein ins Bett zu fallen und bis zum Morgengrauen zu schlafen. Er zeige sogar plötzlich Interesse an Latein, hatte Johanna staunend berichtet. Eine Folge davon, dass Heinrich einen Teil seiner Befehle auf Lateinisch brüllte, wie ich vermutete. Johanna schien zum ersten Mal seit Wochen erleichtert. Ihr Gesicht sah entspannter aus. Es waren aber vor allem ihre Augen, in denen statt Sor ge plötzlich Humor und Überschwang glänzten.
    Das alles war vor zwei Tagen gewesen – genauso gut hätte es auch vor zwei Monaten gewesen sein können: Andernach war nicht mehr die Stadt, wie ich sie kannte.
    Die Stadt brodelte. Schon an gewöhnlichen Markttagen herrschte an den Stadttoren und im Hafen Hektik. Doch ein normaler Wochenmarkttag war nichts im V ergleich zu dem, was Andernach jetzt erlebte. Innerhalb eines Jahres gab es vier große Jahrmärkte. Der Michelsmarkt war der letzte große Markt, Ende September. Drei Tage vor Michaelis und drei Tage nach Michaelis, so sah es das verbürgte Marktrecht vor, gab es in der ganzen Stadt Verkaufsstände. Viele Zünfte und Krämer hatten ihren festzugesicherten Platz: Eisen-, Messing- und Messerkrämer in der Eisengasse bis hinunter zum Marktplatz. Die Hausierer mit ihren Nadeln und Knöpfen auf der einen Seite der Kramgasse, Seidenkrämer und Hutmacher, Krämer mit Heiligenfiguren oder Gewürzen dagegen auf der Hochstraße zwischen Korngasse und Rathaus. Das Geld saß locker am Michelsmarkt. Und manch ein Bauer vergaß in einer der zahlreichen Bier- und Weinschenken, was er vor dem Winter kaufen wollte oder dass er neues Vieh mit nach Hause bringen sollte. Die W interwochen würden für viele hart, lang und dunkel. Am Michelsmarkt wollte davon keiner etwas wissen. Und so kamen mit den Händlern auch alle anderen: Spielleute und Glücksspieler, Wunderheiler mit ihren selbst gemischten Tinkturen und Kräuterweiber. Sogar der eine oder andere Reliquienhändler würde seinen Weg in die Stadt finden, seine Schätze in Kästen und Beuteln verstaut: einige Fingerknochen des heiligen Hieronymus, ein Stück Fell vom Umhang Johannes des Täufers, Holzspäne aus der Tischlerwerkstatt des heiligen Josef. Oder auch nur ein Stück Horn vom Ochsen der Krippe. Alles, alles würde in Andernach Abnehmer finden, denn nicht nur Bauern und einfache Handwerker, Lehrburschen und Dienstmägde liebten den Jahrmarkt. Die Ratsherren, Schöf fen, die reichen Kaufleute und ihre Gattinnen wurden ebenfalls magisch vom Markttreiben angezogen. Sie alle würden eine menschliche Flut bilden, die durch die Gassen der Stadt strömte, begierig nach Abwechselung und Vergnügen, nach derben Späßen. Sie waren neugierig darauf, was die Händler aus dem Rest der Welt in die kleine Stadt am Rhein gebracht hatten.
    Es war, als hätte die ganze Stadt eine eigene Art von Erregung ergriffen, alles andere schien vergessen und verdrängt. Die Stadtväter drückten deshalb auch bei manchem Gaukler und Taschenspieler, der ohne die Erlaubnis des Rates auftrat, ein Auge zu.
    Einer dieser Taschenspieler hatte besonders viele Zuschauer um sic h versammelt, die neugierig auf seine Vorführung warteten. Ich folgte Jupp durch die Menschenmenge. Der Taschenspieler trug bunte Beinlinge in Ro t und Grün, eine Lederweste über einem weißen Hem d und Schnabelschuhe mit einer so enormen Spitze, dass sie umgebogen am Fußknöchel festgebunden werden musste. Bei m Nähertreten hörte ich Jupp neben mir schnaufen: „Beim Schwanzhaar des Teufels, ich wette , das Bürschchen spielt um Geld.“
    „Schaut her, Leute! Ich will es euch nochmals zeigen.“ Die

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