Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
energisch den Kopf: „Nein, Jupp, Gernot von Württemberg ist ganz sicher nicht der Mörder, und ganz sicher würde er nicht i rgendeinen Kammerdiener ermorden.“
Jupp protestierte: „Aber du hast doch gerade eben selber gesagt …“
„Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber ich bin fest davo n überzeugt, dass Gernot von Württemberg eher jeden einzelnen Burgunder zum Duel l herausfordern würde, als am Hafen einen feigen Mord zu begehen. Warum sollte er außerde m einen Kammerdiener töten?“
„Vielleicht ist der Kammerdiener als Vertreter geschickt worden. Vielleicht galt die Nachricht Adolf von Kleve oder Anton von Bur gund – möglicherweise auch seinem Sohn“, warf Heinric h ein.
„Ich kann es euch beiden jetzt nicht erklären, aber ich bin fest davon überzeugt, dass Gernot von Württemberg kein Mörder ist!“
Jupp schnaufte empört, Heinrich ließ sich keine Regung anmerken. Ich suchte verzweifelt nach Gründen, um die beiden zu über zeugen.
„Also gut, dann beantwortet mir doch bitte eine Frage: Wie viele Morde gab es im letzten Jahr in Andernach?“
Jupp runzelte nachdenklich die Stirn. „Der Herfried aus Eich ist mit eingeschlagenem Schädel gefunden worden.“
„Vergiss nicht, Jupp“, warf Heinrich ein, „dass unser Herfried ein wüster Trunkenbold war, der Bier und Branntwein mehr schätzte als alles andere, eine ordentliche Wirtshausschlägerei ausgenommen. An dem besagten Abend hatte er mal wieder Streit angefangen und ordentlich einen auf die Rübe bekommen.“
„Stimmt schon, hatte ich ve rgessen“, gab Jupp kleinlaut zu, „ein richtiger Mord war das wohl nicht.“
Das hatte ich gehofft. „Es gab also in zwölf Monaten keinen Mord in Andernach, und innerhalb von drei Wochen sterben jetzt zwei Männer! Vielleicht ist das ja nur ein grausamer Scherz des Schicksals. Wenn aber Gregor Kreuzer kein Mörder ist – und davon sind Jupp und ich überzeugt – dann haben wir einen Täter, der unerkannt mordet.
Und der Burgunder starb nicht durch die Hand Gernot von Württembe rgs – damit, meine Freunde, haben wir noc h einen Täter. Und in beiden Fällen finden wir Spuren bei den Leichen, die eindeuti g jemanden belasten: Gregors Dolch bei Hermann Wilhelm von Grevenrath, ein Zettelrest, auf dem ganz zufällig das Siegel der Württemberger zu sehen ist bei unserem unbekannten Burgunder. Ein Jahr lang gab es keinen Mord, und auf einmal gleich zwei mit jeweils falschen Spuren? Ih r beide mögt eure Zweifel haben, aber ich glaub’ nicht an einen solchen Zufall.“
„Willst du etwa behaupten, dass beide durch die Hand desselben Mörders gestorben sind?“, fragte Heinrich.
„Hältst du es für wahrscheinlicher, dass in Andernach zwei Mörder herumlaufen, die ihre Taten planen und Beweise so fälschen, dass es Unschuldige trifft?“, entgegnete ich.
Heinrich hob beschwichtigend die Hände: „Ja, schon gut, ich geb’ mich geschlagen. Ich versteh nur nicht, warum Gregor noch im Verlies des Runden Turms hockt.“
Fragend schaute ich Jupp an. Der zuckte nur resigniert die Schultern: „Ich hab mit den Schöffen darüber gesprochen, die hörten mir zu und nannten das Ganze dann spitzfindig. Schließlich ist es Gregors Dolch, und Gregor hatte das Blut Grevenraths an den Händen. Mehr will kein Schöffe und Richter wissen.“
„Pest und Satansrotz“, schimpfte Heinrich, „die lahmen Säcke von Schö ffen denken auch nur bis zur Spitze ihrer Schnabelschuhe. Ah, ich weiß schon, es ist ja soviel bequemer, einen Täter im Kerker zu haben, als sich einzugestehen, dass das der Falsche sein könnte und man den wahren Mörder erst noch finden muss.“
Heinrichs Empörung sorgt e dafür, dass ich mich wieder besser fühlte. „Also, was können wir tun?“, fragte ic h in die Runde. Ratloses Schweigen war die Antwort. Jupp brach schließlich das Schweigen: „Haben wir nun einen oder zwei Mörder? Gib t es eine Verbindung zwischen dem Ratsherrn und den Burgundern? Denkt daran: Es is t gar nicht so leicht, unauffällig nach de m Abendläuten aus dem Kloster zu kommen. E s sei denn, der Täter ist einer der Mönche. Aber es wäre bestimmt vielen aufgefallen, wenn einer der Minderen Brüder im Hirsch gesoffen hätte – damals in der Nacht, als Grevenrath abgestochen wurde.“
Heinrich schüttelte den Kopf: „So kommen wir nicht weiter, wir drehen uns da im Kreis.“
„Lasst uns doch einfach so tun, als ob wir zwei Mörder hätten und alle Spuren verfolgen, dann sehen wir am Ende,
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