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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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weitem. Das Bild strahlte Frieden aus. Die mehr als dreißig Fuß hohe Stadtmauer umschloss schützend die Gassen und Häuser, so wie der Zaun eine Schafherde bei Nacht schützt. Nur dass diesmal der Wolf schon mitten in der Herde stand und zwischen den Schafen wütete, schoss es mir durch den Kopf.
    Ich drehte mich um und beschleunigte meine Schritte – die Wolfsjagd hatte begonnen.
    Nach dem Anstieg wurde der Weg flacher, sodass ich zügig vorankam. Ich konnte schon die ersten Dächer eines Dorfes erken nen. Das musste Eich sein. Rund um das Dorf hatten die Bauern und Lehnsleute der Ritter zu Eich den Wald gerodet und Felder angelegt. Jupp hatte mir geraten, nicht den Weg durch das Dorf zu nehmen, sondern es rechter Hand liegen zu lassen und dem alten Handelspfad nach Mayen weiter zu folgen.
    Es war am späten Vormittag, ich hatte zwischendurch im Laufen etwas Brot und Wurst gegessen, als der Wald erneut zurückwich und Feldern Platz machte. Die Sonne hatte den Nebel vertrieben. Unterhalb von mir lag in der klaren Herbstluft ein stattlicher Hof: ein großes Haus, eher schon eine Burg, mit Türmen und einem hohen schiefergedeckten Dach, dazu eine Reihe von Ställen und Scheunen – das musste der Krayer Hof sein. Dem Ritter von Kray gehörten all die Felder und der Wald, durch den ich seit einer guten halben Stunde gegangen war. Ich hörte Kinderlachen und sah, wie ein paar Knechte Kühe aus einem Stall trieben.
    Nach dem Krayer Hof begann wieder dichter Wald. Bis zur Abtei am See lagen jetzt keine weiteren Höfe auf meinem Weg.
    Es war still hier im Wald. Ein Windstoß traf mich in den Rücken. Ich blickte zurück, hinter mir schoben sich dunkle Wolken am Himmel zusammen. Möglicherweise würde es bald regnen, ich sollte mich besser beeilen. Als ich mich wieder umdrehte, standen die drei mitten auf dem Weg. Ich hätte wachsamer sein sollen, jetzt war es zu spät.
    Die Kleidung der drei Männer war abgetragen und schmutzig. Sie hatten sich eine gute Stelle ausgesucht. Rechts und links lagen hohe Felsbrocken, sodass ich nicht ausweichen konnte. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter auf sie zuzugehen. Sie rührten sich nicht vom Fleck. Ich blieb gut drei Schritte vor ihnen stehen und musterte sie. Der ganz links stand war noch jung, vielleicht 17 Jahre alt. Er trug ein Kurzschwert in der Hand und bemühte sich, gefährlich auszusehen. Nervös leckte er sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Von den Dreien machte er mir noch am wenigsten Sorge. Auch, wenn man bei einem Milchbart mit einer scharfen Klinge in der Hand nie genau wusste, was er als nächstes tun würde. Vielleicht wollte er sich gegenüber den anderen ja beweisen.
    Der Gefährlichste war wohl der Kerl in der Mitte: nicht sehr groß, aber die Muskeln spannten sich unter seinem Hemd. Er hatte feuerrote Haare und einen roten dichten Vollbart. In der Hand hielt der Rotfuchs eine gespannte Armbrust, im Gürtel trug er Dolch und Kurzschwert. Der dritte im Bunde war ein paar Jahre älter als der Rotfuchs. Ein alter Söldner, der ein Auge verloren hatte und jetzt eine schmutzige Augenklappe trug. Er grinste mich an, und ich konnte ein paar schwarze, faulige Zahnstummel sehen. Viel Freude am Essen hatte der sicher nicht meh r. Der Einäugige trug eine Axt im Gürtel und stützte sich auf einen Spieß auf, dessen Spitze schartig, aber mit Sicherheit scharf war.
    „Einen guten Tag, edler Herr.“ Der Rotfuchs deutete sogar eine Verbeugung an. „Bestimmt wisst Ihr , dass wir auf diesem Stück des Weges Zoll erheben dürfen. Also seid so gut und reicht uns Euren Geldsack und den Leinenbeutel da über Eurer Schulter.“
    Der Rotfuchs war die Selbstsicherheit in Person. Was sollte bei ihrem kleinen Raubzug auch schief gehen? Drei bewaffnete Kämpfer gegen einen einzelnen Mann mit einem Stock in der Hand.
    Ich wusste, dass in letzter Zeit mit Straßenräubern kurzer Prozess gemacht wurde. Trotzdem waren die drei nicht maskiert. Sie hatten offenbar nicht vor, einen Zeugen am Leben zu lassen, der sie später beschreiben konnte.
    Mein Blick fiel auf die gespannte Armbrust. Der scharfe Metallbolzen mit Widerhaken zielte auf meine Brust. Aus drei Schritten Entfernung konnte mich der Rotfuchs gar nicht verfehlen.
    Langsam hob er die Waffe noch ein Stück höher, und seine Finger legten sich um den Abzug.

24
    Johanna fand die kurze Nachricht, die unter der Tür zum Hof durchgeschoben worden war, als sie neues Feuerholz holen wollte.
    Sie war von Konrad. Er wollte

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