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Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall

Titel: Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas J. Schulte
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seinem Wams war unverkennbar. An seinem Gürtel hingen Schwert und Dolch, über seinen Schultern lag ein schwerer Wollmantel zum Schutz vor der kühlen Nachtluft hier unten am Fluss. Ich schätzte den Burgunder auf etwas unter sechs Fuß Größe. Seine breiten Schultern und die kräftigen Armmuskeln ließen darauf schließen, dass er sein Schwert nicht nur als Schmuck am Gürtel trug. Sicher war er nicht nur ein einfacher Kammerdiener gewesen, eher schon ein Leibwächter. Sein Gesicht konnte ich allerdings nicht mehr erkennen. Ein schwerer Mühlstein, der ein paar Schritte entfernt lag, hatte den Kopf zerquetscht und die Gesichtszüge in eine breiige Masse verwandelt. Blut und Schädelsplitter mischten sich zu einer großen Pfütze und verklebten die langen blonden Haare.
    Bei dem Anblick musste ich kurz schlucken. Plötzlich stieß mir Heinrichs Gewürzwein sauer auf. Kein Wunder, dass sich Gobel der Magen umgedreht hatte.
    Es war keine Frage , woran der Mann gestorben war. Nur, warum war es überhaupt soweit gekommen? So rgfältig prüfte ich den Boden rund um den Toten. Eine Furche zeigte den Weg des rollenden Mühlsteins. Gut zehn Schritte entfernt lagen zahlreiche Steine seitwärts aufeinander, die vordere Stütze lang daneben. Gut möglich, dass die Stütze kippte, die aufrechtstehenden Steine umfielen und der erste Stein losrollte. Warum aber sollte ein Ritter sic h diesem Stein in den Weg legen und sich überrollen lassen? So schnell konnte sic h der Mühlstein unmöglich bewegt haben. Dafür war der Boden viel zu eben. Wäre er von dem Stein überrascht worden, was man bei dem Lärm eines umstürzenden Stapels kaum annehmen konnte, dann hätte ihn der Stein allenfalls in die Seite getroffen.
    Nein, der Mann musste vorher tot oder bewusstlos gewesen sein. Dann einen Mühlstein zu benutzen, um einen Wehrlosen zu töten, sagte viel über die Brutalität des Mörders aus.
    Brutal oder blind vor Hass, verbesserte ich mich in Gedanken.
    Hinter mir unterhielten sich Jupp und Heinrich leise miteinander, ich konnte aber ihre Worte nicht verstehen.
    Ich konzentrierte mich ganz auf den Toten. Wenn er niedergeschlagen worden war, hatte der Mühlstein alle Spuren des Angriffs vernichtet. Gerade wollte ich mich wieder erheben, als ich es bemerkte. Beinahe hätte ich es im Fackellicht übersehen. Ungefähr auf der Höhe des Herzens hatte das Wams des Toten ein Loch, dünner als ein Finger.
    „Jupp, leih mir mal dein Messer“, bat ich. Jupp trat einen Schritt näher heran und hielt mir sein Messer mit dem Griff entgegen.
    „Hier , nimm, hast du was entdeckt?“
    Ohne auf seine Frage einzugehen, öffnete ich mit ein paar Schnitten das Wams und das darunter liegende Leinenhemd. Die Wunde in der Brust war nicht einmal sonderlich groß und hatte nur wenig geblutet. Ich stocherte mit der Messerspitze in dem dunkel verkrusteten Einschussloch herum und hebelte einen kleinen, daumenlangen Bolzen mit einer scharfen Spitze heraus. Vorsichtig hielt ich ihn ins Licht, sorgsam darauf bedacht, nicht seine Spitze zu berühren.
    „Ist das ein Armbrustbolzen?“, fragte Jupp.
    „Ja,“ antwortete ich ihm, „aber für eine spezielle Armbrust. Ich hab schon einmal solche Bolzen gesehen. Sie werden von kleinen Armbrüsten abgeschossen, die nur wenig größer als eine Männerhand sind. Sei vorsichtig, oft haben diese Bolzen Giftspitzen, was die fehlende Kraft der Armbrust mehr als wettmacht. Eine solche Waffe kann man bequem unter einem Umhang verstecken. Eine große Reichweite hat sie nicht, aber auf vier, fünf Schritte Entfernung ist sie absolut tödlich.“
    „Also hat sich jemand mit unserem Burgunder hier im Hafen getroffen, ihm einen Giftbolzen in die Brust geschossen und ihm anschließend mit einem Mühlstein den Schädel zertrümmert.“ Jupps Zusammenfassung war nichts mehr hinzuzufügen. Er nahm mir den Bolzen vorsichtig aus der Hand und wickelte ihn in ein Stück Tuch, das er aus einer seiner Taschen holte. Mein Blick fiel auf die linke Hand des Toten, die zu einer Faust verkrampft war.
    Der Tote war nicht sehr kalt, lange konnte er noch nicht hier liegen, und die Totenstarre hatte an den Fingern noch nicht eingesetzt. Ich öffnete die Faust und fand ein kleines Stück Papier. „Was hast du denn da?“ Doch ich antwortete nicht auf Jupps Frage.
    Entsetzt starrte ich auf das Siegel am Rand des Papiers. Ich schloss die Finger um meinen Fund und raunte Jupp zu: „Gleich, lass uns gleich darüber sprechen.“
    Jupp gab sich

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