Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
erkläre dir alles später. Viel wichtiger aber ist jetzt eines: Was ist mit deinen Begleitern? Haben sie schon gegessen?“
„Unsere Diener essen in der Küche“, antwortet e Gernot, „und Johann wollte nur etwas Brot und Braten, bevor er sich in seine Kammer zurückzog. Wir haben uns gestritten, er wollte alleine sein.“
Ich schaute ihn an. Er sah immer noch mitgenommen aus, aber das war ja auch kein Wunder. „Pass mal auf: Hier im Kloster gibt es einen Mörder. Ich glaube, dass der einen Ratsherren und einen Burgunder auf dem Gewissen hat.“
„Du weißt von Jacques de Brev? Heißt das, dass er tot ist?“, fragte Gernot überrascht.
Ich nickte: „Und ich weiß noch eines: Wenn du lebst, dann wird der Mörder wieder zuschlagen.“
„Ich versteh nicht …“
„Ganz einfach, mein Lieber, du wirst jetzt sterben!“
„Oh mein Gott, das ist das Ende! Das Ende unseres Klosters. Ach, was sag ich da, der Kaiser wird diese Stadt bestrafen. Und in meinem Kloster musste sein Vertrauter sterben.“
Ich schaute Pater Jacob mitleidig an. Er jammerte jetzt in seinem Arbeitszimmer schon seit Minuten herum, lief auf und ab und rang verzweifelt die Hände. Ich hatte Gernot zurückgelassen und ihm eingeschärft, sich in den kommenden Stunden nicht blicken zu lassen.
Heinrich war ebenfalls zurück mit der beruhigenden Nachricht, dass die Burgunder mit ihrem Nachtisch noch gar nicht begonnen hatten. Er hätte sich kurz entschuldigt und wäre dann ohne weitere Erklärungen mit zwei Schüsseln Kirschkompott in den Armen aus dem Raum gerauscht.
„Sollen die doch Kuchen essen, ist ja genug da“, hatte er uns lapidar erklärt. Pater Jacob und ein weiterer Mönch, Bruder Georg, der den toten Novizen untersucht hatte, warteten am Treppenabsatz auf uns. Ich bat beide in einen ruhigen Raum und erklärte dann, dass ich Gernot tot aufgefunden hätte. Pater Jacob wollte Bruder Georg sofort losschicken, doch ich hielt ihn davon ab.
„Lasst den Raum verschlossen, die Vertreter Habsburgs wollen Ritter Gernot sicher erst allein die letzte Ehre erweisen. Bruder Georg, wenn Ihr der Medicus seid, dann nehmt diese Schüsseln und schließt sie gut ein.“
Ich drückte Bruder Georg die beiden Kompottschüsseln in die Hände. Der verbeugte sich schweigend und ging aus dem Raum.
Leise schloss sich die Tür hinter ihm.
Ich wandte mich an den Klostervorsteher: „Pater Jacob, in Eurem Kloster lebt ein Mörder.“
Pater Jacob blieb stehen: „Mein Gott, Ihr meint doch nicht, Herr, dass einer meiner Mitbrüder …?“
Der Guardian ließ sich auf seinen Stuhl sinken und bekreuzigte sich.
„Noch wissen wir gar nichts. Doch der Mörder muss hier unter Eurem Dach leben. Ich habe eine Frage an Euch, und ich bitte Euch, denkt sehr genau nach: Wie lange kennt Ihr Eure Mitbrüder schon?“
„Aber doch nicht meine Mitbrüder!“ Pater Jacobs Stimme zitterte vor Empörung. „Wir alle leben seit Jahren hier in Andernach.“
„Und es gab in den letzten Wochen keinen Gast, der immer noch hier lebt?“
„Aber nein, Herr, das heißt – außer Bruder Georg, den Ihr gerade kennengelernt habt. Er ist eigentlich auf dem Weg zu seinem Kloster in Lübeck, aber er hat sich bereit erklärt, noch ein paar Wochen zu bleiben.“
„Woher kommt Bruder Georg?“
„Oh, unser Mitbruder hat einen weiten Weg hinter sich. Er kommt aus der Ewigen Stadt, hat in Rom seine Reise begonnen“, schwärmte Pater Jacob, „und Bruder Nolden stand schon seit Jahren mit ihm im Briefwechsel.“
Ich überlegte: „Verzeiht mein Misstrauen, aber könnte ich wohl mit Bruder Nolden sprechen?“
Pater Jacob schüttelte betrübt den Kopf: „Nein, das ist nicht möglich. Bruder Nolden ist gestorben, Gott sei seiner Seele gnädig. Deshalb sind wir ja so froh, Bruder Georg bei uns zu haben. Er übernahm freiwillig Noldens Platz als Apotheker und Medicus.“
„Bruder Nolden ist tot?“, fragte ich erstaunt.
„Ja, denkt nur , in der Nacht nach Bruder Georgs Ankunft hat der Herr gott unseren Mitbruder zu sich gerufen. Georg und Nolden haben sich noch nicht einmal gesehen.“
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Heinrich sich gespannt vorbeugte: „Wann, Pater Jacob? Wann war das?“
Pater Jacob musste gar nicht nachdenken: „Oh, das weiß ich genau. Es war am Tag, nachdem Ratsherr Hermann Wilhelm von Grevenrath gefunden wurde. Ich habe damals noch gedacht, wie gut es doch gewesen wäre, wenn Bruder Nolden den Ratsherrn hätte untersuchen können, aber Nolden kam
Weitere Kostenlose Bücher