Die Toten des Meisters - Konrads erster Fall
Halt gemacht. Jetzt spürte ich das vertraute Gewicht der Waffen an meinem Gürtel. Noch ein Grund, warum ich Heinrich eine Erklärung schuldig war. Konrad, der Schnitzer, tru g kein Langschwert und Dolch am Gürtel.
„Dreck, Teufel und Satansarsch – hättest du uns das nicht auch früher erzählen können? Jupp und ich sind schließlich deine Freunde!“
Ich blieb kurz stehen und schaute Heinrich ernst an. „Pass mal auf: Ohne Jupp und dich würde ich heute nicht mehr sein. Entweder hätte mich damals das Fieber weggerafft oder ich hätte meine Trauer weiter ertränkt. So oder so, ich verdanke euch beiden mein Leben. Aber ich habe auch einen Eid geschworen und mit diesem Eid Verantwortung übernommen. Das habe ich für ein paar Monate nicht wahrhaben wollen, aber jetzt, jetzt ist mir klar, dass ich so nicht weitermachen kann. Ich habe euch beiden nicht die Wahrheit gesagt, und das tut mir leid. Ich hoffe nur, wir bleiben weiter Freunde.“
Heinrich grinste mich breit an: „Sag mir nur eines, Konrad, du weißt doch hoffentlich, wie man mit einem Schwert wie dem da umgeht – oder?“
„Da kannst du aber deinen Pfaffenarsch drauf verwetten“, antworte ich und lief weiter.
„Konrad, Konrad, mir gefällt deine Ausdrucksweise nicht“, hörte ich Heinrich hinter mir grummeln.
Ich wollte durch die Seitenpforte ins Kloster, möglichst ohne großes Aufsehen zu erregen. Doch wir kamen nicht weit. Aus einer Gasse vor uns trat Oswald, dicht gefolgt von drei seiner Kumpane. Hinter ihnen, mit einem spöttischen Lächeln im Gesicht, lehnte sich Markward an eine Hauswand. Es war offensichtlich, dass er abwarten wollte, wie seine Freunde sich schlugen. Das hatte mir jetzt gerade noch gefehlt! „Überlass die Bürschchen ruhig mir! Sieh du zu, dass du ins Kloster und zu dem Württemberger kommst. Na, los, mach schon, es sind ja nur vier“, raunte mir Heinrich zu. Ich trat einen Schritt zur Seite. Heinrich breitete die Arme aus, so als wolle er einen alten Freund begrüßen. „Oswald, mein Junge, was führt dich zu mir? Hast du deinen Pastor gesucht? Drängt dich dein kleines schäbiges Gewissen? Wie ich hörte, schlägst du neuerdings Frauen. Solche Sünden sieht unser Herrgott aber nicht gern.“
Oswald blieb verunsichert stehen. „Geh weg, Pfaffe! Ich hab noch eine Rechnung mit dem Schnitzer offen.“ Drohend rückten die vier näher. Entweder hatten sie noch nie von Heinrich gehört, oder sie hielten die Geschichten für Übertreibungen. Heinrich ließ sie noch zwei Schritte näher kommen. Dann rammte er Oswald das Knie dermaßen zwischen die Beine, dass ich glaubte, ein lautes Knacken zu hören. Oswald schrie, um dann wimmernd zur Seite zu kippen. Heinrichs Stimme hallte in der Gasse: „So zeigt Demut vor der gewaltigen Hand Gottes! Und was der Heilige Petrus da geschrieben hat, solltet ihr euch zu Herzen nehmen.“ Das laute Klatschen der Ohrfeigen wurde nur von den Schmerzensschreien und lautem Stöhnen unterbrochen. Die gewaltige Hand Gottes machte mit den Burschen da gerade kurzen Prozess. „Nun, geh schon!“, dröhnte Heinrich zu mir herüber, „ich komm gleich nach, sobald ich die Kerlchen hier gesegnet habe.“
Ich wich einem von Oswalds Kumpanen aus, der in meine Richtung torkelte und aus den zugeschwollenen Augen kaum noch sehen konnte. In diesem Moment baute sich Markward vor mir auf, in der einen Hand einen gezückten Dolch, die andere lässig auf dem Schwertknauf.
„Sieh an, der Schnitzer hat sich bewaffnet. Hast dir aber ein großes Schwert ausgesucht. Solltest du nicht besser bei deinem Schnitzmesserchen bleiben?“, höhnte er. Ich trat so nah an ihn heran, dass die Spitze seines Dolches fast mein Hemd berührte.
„Sieh mal , Junge, deine Freunde bekommen da hinter mir gerade die Prügel ihres Lebens, aber sie haben nicht den Fehler gemacht, eine Klinge zu ziehen. Überleg es dir noch mal, ic h bin in Eile.“
„Jetzt bekomm ich aber Angst, willst du Hundsfott mir etwa drohen? Mir, Markward Hausmann, Sohn von …“
Weiter kam er nicht, ich hatte ihn gewarnt. Ich schlug blitzschnell mit meiner rechten Hand gegen eine Stelle unterhalb seines Kehlkopfes. Markwards Augen quollen aus den Höhlen, er ließ seinen Dolch fallen und griff sich, nach Luft schnappend, an den Hals. Dann brach er zusammen. Ich beugte mich über ihn und flüsterte ihm zu: „Ich hab dich gewarnt, ich bin in Eile. Ach ja, den Schnitzer gibt es nicht mehr. Und wenn du es wagst, noch einmal eine Klinge auf mich zu
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