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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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ihren Arbeitskollegen noch mindestens zwei Stunden lang nicht zu begegnen. Im Übrigen hasste sie dieses Wort, das beinhaltete, dass diese Leute arbeiteten und kollegial waren, obwohl beides nicht zutraf, jedenfalls nicht in ihrer Abteilung.
    Sie begann ihren Arbeitstag damit, in der leeren Küche im dritten Stock einen Kaffee mit Milch zu genießen. Früher, als sie noch eine leitende Position gehabt hatte, hatte sie ihren Kaffee im eigenen Büro trinken können, aber jetzt, wo sie unter den Normalsterblichen saß, hatte sie nur noch von der Küche aus einen ordentlichen Blick. Dort konnte sie sitzen und über Kungsholmen sehen. Eine Zeitlang hatte sie sich heimlich in das Büro des neuen Chefs geschlichen, um ihren Morgenkaffee zu genießen, aber seit man sie dort erwischt hatte, traute sie sich das nicht mehr.
    Nach dem Kaffee, gegen sechs, ging sie zu ihrem Schreibtisch, um eine Weile zu arbeiten. Sie sortierte die neu eingegangenen Bewerbungen. Das dauerte eine knappe halbe Stunde. Nachdem sie damit einen Großteil ihrer Aufgaben für den Tag bereits erledigt hatte, konnte sie sich mit dem beschäftigen, was sie am liebsten tat: im Internet zu surfen. Im Dreck zu wühlen. Im Flashback-Forum zu lesen und Kommentare zu allem zu schreiben – egal, ob es um Zuwanderung ging oder um das Sexleben von Prominenten. Das war ihr eigentlicher Job. Was sie morgens dreißig Minuten lang und auch tagsüber immer wieder kurz erledigte, war ihr Broterwerb. Mehr nicht. Anfangs waren ihr die wenigen Aufgaben begrenzt und unwichtig vorgekommen, doch seit sie Flashback und die anderen Klatschseiten entdeckt hatte, war die geringe Arbeitsbelastung plötzlich ein Geschenk.
    Als sie an Joakims Raum vorbeikam, den dieser mit Viktor teilte, der viel zu elegant war, um nicht schwul zu sein, sah sie, dass sein PC noch eingeschaltet war. Sehr nachlässig von ihm, denn die neuen Vorschriften besagten, dass alle Computer nach Dienstschluss heruntergefahren werden mussten, sowohl aus Sicherheits- als auch aus Energiespargründen. Typisch Joakim, er glaubte immer, über alle Regeln erhaben zu sein. Ihr jedoch konnte das nützlich sein. Sie sah sich hastig um. Das Büro lag genauso verlassen da wie zuvor. Joakim kam nie vor halb neun, und Viktor war in dieser Woche auf einer Schulung. Also blieb ihr mindestens eine halbe Stunde. In dieser Zeit ließ sich auf jeden Fall feststellen, ob Herr Nachgeforscht tatsächlich eine heiße Spur verfolgte. Das hatte sie schon die ganze Zeit vorgehabt. Nicht um Lennart zu helfen, sondern um zu sehen, ob etwas dran war an seiner Geschichte – und ob sie, wenn ja, irgendwie von dieser Information profitieren konnte.
    Sie setzte sich auf Joakims Stuhl und faltete das Blatt auseinander, das Lennart ihr gegeben hatte. Hamid Khan und Said Balkhi hießen die beiden Männer. Neuschweden, wie die Gutmenschen auf Flashback sie zu nennen pflegten. Typisch Staatsfernsehen. SVT war immer politisch korrekt bis zum Erbrechen, immer bereit, etwas zu enthüllen, solange diese Enthüllungen in ihr Weltbild passten. Sie behaupteten immer, dass sie auf der Seite des kleinen Mannes stünden. Was für ein Unsinn. Eigentlich waren sie gar nicht an der Wahrheit interessiert. Denn die Wahrheit tat weh. Die Wahrheit war, dass Schweden allmählich kaputtgemacht wurde von all den Fremden, die ins Land strömten. Davon war Anitha vollkommen überzeugt.
    Sie klickte auf das Log-in-Fenster und überlegte einen Moment, wessen Namen sie verwenden sollte. Sie hatte vier Favoriten, alles ältere Chefs, deren Passwörter sie ausspioniert hatte. Die Frage war, welcher von ihnen am wenigsten Aufsehen erregen würde. Sie wusste, dass bei der Suche in der Datenbank drei Dinge registriert wurden: die Zeit, die IP-Adresse des Computers und der Name, mit dem man sich einloggte.
    An der Zeit ließ sich nichts ändern, obwohl sie vielleicht besser bis zur Mittagspause warten sollte, wenn die meisten Kollegen im Haus waren. Aber da man die anderen beiden Faktoren nicht mit ihr in Verbindung bringen konnte, fühlte sie sich trotzdem sicher und nahm das Risiko in Kauf. Sie entschied sich für Gunnar Bengtsson. Er saß eine Etage höher und war meistens auch schon früh da. Dass es merkwürdig erscheinen konnte, wenn er Joakims Computer benutzte, war Anitha egal. Das würde Gunnar erklären müssen, nicht sie.
    Alle waren angehalten, nach neunzig Tagen ihr Passwort zu erneuern, aber Gunnar änderte lediglich fortlaufend die Nummer hinter dem Namen seines

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