Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
derzeit mit einer Verwunderung zur Kenntnis genommen, als wäre er ein Dinosaurier.
«Sollten wir dafür nicht … Regeln aufstellen?», fragte er vorsichtig.
«Das haben wir schon. Sie dürfen nur am Wochenende beieinander übernachten. Nicht, wenn sie am nächsten Tag Schule haben.»
Doch er hatte sich nicht nach den Regeln erkundigt, um zu wissen, was sie vereinbart hatten, sondern eher, weil er bei ihrer Aufstellung beteiligt werden wollte. Aber er wusste, dass Elin der Meinung war, dass sie grundsätzlich bei Yvonne wohnte und deshalb deren Regeln galten.
Also sagte er nur: «Aha.»
«Sie wird in drei Monaten siebzehn, Torkel», erinnerte ihn Yvonne, die offensichtlich sehr wohl erraten hatte, was Torkel mit seinen drei Buchstaben hatte ausdrücken wollen.
«Ich weiß. Ich fühle mich nur so unbeteiligt.»
«Es gibt nur eine einzige Person, die daran etwas ändern kann.»
«Ich weiß.»
«Die Mädchen erzählen dir ja alles, wenn du sie nur danach fragst.»
«Ich weiß», wiederholte er, auch wenn er nicht das Gefühl hatte, dass es stimmte. Nicht mehr. Je älter die Mädchen wurden, desto schwerer wurde es für ihn, ein natürlicher Teil ihres Lebens zu sein. Hinauszukommen über die Fragen, wie es in der Schule war und beim Sport lief. Er zögerte, ein tieferes Gespräch zu beginnen, sie nach etwas zu fragen, das wirklich Bedeutung für sie hatte. Was sie dachten, was sie fühlten, welche Träume und Pläne sie hatten. Und sie teilten sich ihm nicht mehr spontan mit, wie sie es früher getan hatten, als er sie manchmal bitten musste, die Luft anzuhalten, weil sie ihm solche Unmengen zu erzählen hatten. Es war ein Paradox, aber je mehr Zeit verging, desto weniger wusste er über sie. Natürlich lag die Schuld daran bei ihm, denn diese Art von Kommunikation bedurfte der Übung, damit sie funktionierte.
«Du, ich muss jetzt los», sagte Yvonne schließlich zu Torkels Erleichterung.
«Ich auch, ich sollte hier langsam mal anfangen …»
«Ruf die Mädchen heute Abend an.»
«Das mache ich. Bis dann.»
Torkel legte auf und blieb eine Weile mit dem Telefon in der Hand sitzen, ehe er ins Bad ging, um sich zu rasieren. Kurz darauf klingelte es erneut. Er verließ das Bad eilig und nahm das Gespräch an.
«Börje hier, von der IPO, habe ich dich geweckt?», fragte eine fröhliche Stimme.
«Nein, nein, keine Sorge.» Torkel setzte sich und nahm ein Notizbuch zur Hand. «Was hast du rausgefunden?»
Nicht viel, wie sich herausstellte. Oder, besser gesagt, nichts über Patricia Wellton. Laut den amerikanischen Behörden hatte nie eine Frau mit diesem Namen und diesem Geburtsdatum existiert, die amerikanische Staatsbürgerin war oder ihren Führerschein in den USA gemacht hatte.
Vielleicht war das der Tarnname, den sie nur im Ausland verwendete, dachte Torkel, während Börje weiter berichtete.
Mit Liz McGordon hatten sie mehr Glück. Es gab nicht gerade eine Flut von Informationen, aber immerhin fünf Eintragungen über sie. Bei allen ging es darum, wann sie die USA verlassen hatte oder wieder eingereist war. Zum ersten Mal im April 2001, zum zweiten Mal im Jahr darauf und zuletzt 2003.
«In diesem Jahr reiste sie am 28. Oktober aus, aber im Register gibt es keinen Hinweis darauf, dass sie wieder eingereist ist. Es scheint allerdings auch so, als hätte sie in den USA nicht existiert. Bis auf diese Reisen findet man nichts über sie.»
«Vermutlich trug sie in den USA noch einen anderen Namen», sagte Torkel und beschloss, ehrlich zu Börje zu sein. Er kannte den Kollegen gut und wusste, dass er keine Informationen an Dritte weitergeben würde. «Wir glauben, dass Patricia Wellton und Liz McGordon ein und dieselbe Person waren.»
«Wirklich?»
«Ja. Und dass sie 2003 nicht zurückkam, liegt wahrscheinlich daran, dass sie am 31. Oktober hier gestorben ist.»
«Du liebe Güte. Möchtest du denn, dass ich noch weiter nach den beiden Namen recherchiere?»
Torkel kam zu dem Schluss, dass es keinen Zweck hatte. Börje hatte alles in Erfahrung gebracht, was sich über Patricia und Liz herausfinden ließ. Auch wenn sie eine dritte Identität fänden, würden sie dadurch wohl nicht an weitere Informationen gelangen.
«Nein, das brauchst du nicht», antwortete Torkel schließlich. «Aber darf ich dich noch etwas fragen?»
«Schieß los.»
«Sie hatte einen gefälschten amerikanischen Pass bei sich. So perfekt, dass sie damit nach dem 11. September in die USA ein- und wieder ausreisen konnte. Wer stellt
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