Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
die Polizei auf einmal in einem Mordfall zu ermitteln.»
Teufel auch! Alexander erstarrte. Er verstand sofort, was das bedeutete, wenn es denn stimmte. Aber es konnte doch wohl nicht stimmen? Das durfte nicht stimmen.
Er las den relativ kurzen Artikel noch einmal. Und tatsächlich. Der Journalist erwähnte in einem Satz, dass der Autobrand wahrscheinlich nicht die Folge eines Unfalls war. Verdammt noch mal!
«Davon weiß ich nichts», sagte Alexander und nahm verärgert zur Kenntnis, dass seine Stimme zitterte. Er räusperte sich erneut. «Meinen Informationen nach handelt es sich um ein Unglück.»
«Dann hat man Sie wohl falsch informiert.»
«Oder die Boulevardpresse irrt. Das wäre nicht das erste Mal.»
«Lassen Sie uns das hoffen.»
Es wurde still. Der Mann ließ den letzten Satz in der Luft hängen, damit Alexander die implizite Drohung verstand, die damit verbunden war. Und das tat er auch und schauderte, obwohl in der Villa immer eine angenehme Temperatur von einundzwanzig Grad herrschte. Die Klimaanlage war nur eines von vielen Extras, die sie begeistert hatten, als sie das Haus vor vier Jahren kauften. Helena wollte aus der Stadt wegziehen, als die Kinder größer wurden. Weg von dem vielen Verkehr. Einen Garten haben. Und sie bekam dreitausend Quadratmeter. Außerdem hatte das vom Architekten entworfene Haus auf dem Hügel Seeblick. Und sie konnten es sich leisten. Einige Jahre zuvor hatte er die Armee verlassen und die Werbeagentur Nuntius übernommen, und Helena war bei der Handelsbank aufgestiegen. Sie hatten ein gutes Leben, er, Helena und die Kinder. Jedenfalls bisher. Aber nun kamen die alten Geister zurück und jagten ihn.
«Wir verfolgen die Entwicklung von hier aus», fuhr der Amerikaner fort. «Und wir würden es wirklich zu schätzen wissen, wenn Sie sich die Zeit nähmen, uns zu informieren, sobald es in diesem Fall neue Erkenntnisse gibt.»
Was er meinte, war: Finden Sie gefälligst heraus, was passiert ist, und geben Sie es an uns weiter. Ein Befehl, der als freundliche Bitte getarnt war.
Alexander versprach, sich zu melden, und das Gespräch war beendet. Er legte das Telefon neben das iPad und starrte durch die großen Fenster in die Dunkelheit. Dann ging er in die Küche, trat zum Kühlschrank, einem Sub-Zero PRO 48, seiner Meinung nach ein völlig überteuertes Gerät, und öffnete ihn. Er ließ seinen Blick über die Fächer wandern und kam zu dem Schluss, dass er auf nichts Appetit hatte, also schloss er den Kühlschrank wieder. Überlegte, ob er sich nicht wenigstens ein Glas Wasser nehmen sollte, verwarf aber selbst das. Mit leeren Händen ging er wieder ins Wohnzimmer, setzte sich auf einen der Hans-J-Wegner-Stühle am Esstisch und griff erneut nach dem iPad. Noch einmal las er den Artikel, der von einem Journalisten namens Axel Weber geschrieben war. Ob er mit diesem Weber Kontakt aufnehmen sollte? Er verwarf den Gedanken sofort. Angesichts seiner Vergangenheit würde es die Dinge sicher nur noch verschlimmern. Er surfte weiter, las Aftonbladet , wo die Geschichte bei weitem nicht so aufgebauscht wurde. Die seriösen Tageszeitungen berichteten lediglich von den Leichenfunden im Fjäll, ohne den Autobrand und die tote Frau zu erwähnen. Alexander seufzte, schob das iPad von sich weg und überlegte. Ziemlich bald begriff er, dass es keine Rolle spielte, wie er das Problem anging – er kam immer wieder an dieselbe Stelle zurück, zu derselben Person. Er musste es erfahren. Den Stier bei den Hörnern packen. Er nahm sein Telefon wieder und wählte aus dem Gedächtnis eine Nummer. Sie hatten schon seit vielen Jahren nicht mehr miteinander gesprochen, und er hoffte, dass die Nummer immer noch stimmte. Die Verbindung kam zustande, es tutete in der Leitung. Dann meldete sich ein Mann.
«Charles.»
Falls er gerade geweckt worden war, verriet seine Stimme das jedenfalls nicht.
«Hier ist Alexander», stellte er sich vor. «Söderling», fügte er sicherheitshalber hinzu.
«Was willst du?»
Direkt zum Punkt. Warum auch nicht? Es gab nichts zu plaudern. Alexander konnte den Mann nicht ausstehen, mit dem er nun gezwungenermaßen wieder Kontakt aufnehmen musste, und er war sich sicher, dass diese Abneigung auf Gegenseitigkeit beruhte. Außerdem fand Alexander ihn … angsteinflößend wäre zu stark. Aber unangenehm. Er hatte etwas sehr Unbehagliches an sich. Etwas Unberechenbares.
«Was ist eigentlich damals in Jämtland passiert? Mit Patricia Wellton? Die Yankees haben mich
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