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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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war? Für ihn bedeutete es einen Unterschied. Ein Kind zu töten, wenn alles aus war.
    Wer das tat, war kein Beschützer.
    Kein Soldat.
    Er war ein Monster.
    Charles ließ die Pistole sinken, sprang über den Graben und joggte auf den Wald zu. Im Schutz der Bäume würde er in einem Bogen zurück zum Auto rennen, im Idealfall außerhalb des Operationsradius der Polizei. Es gab noch eine Chance. Aber wenn sie ihn fassten. Wenn sie anschließend über ihn redeten, würden sie sagen, was für ein schlechter Mensch er sei. Wie bösartig. Sie würden ihn einen Psychopathen nennen. Das gefiel ihm nicht. Was er getan hatte, hatte er für das getan, woran er glaubte. Krieg war Krieg, er erforderte Opfer. Alle wollten eine freie, demokratische Gesellschaft, doch niemand war bereit, dafür zu bezahlen.
    Würden sie sich daran erinnern, dass er den Jungen am Leben ließ? Würden sie die Güte darin erkennen? Vermutlich nicht.
    Aber das machte nichts.
    Er selbst würde auf jeden Fall eines wissen: dass er kein Monster war.

    Torkel, Billy und Jennifer sprangen aus dem Auto und zogen ihre Waffen. Jennifer zum ersten Mal. Sie hielt die Pistole beidhändig auf den Boden gerichtet. Zwischen den Gebäuden, in der hintersten Ecke eines Kasernenhofs, sahen sie, wie die uniformierten Kollegen die Leiche eines Mannes untersuchten, der dem Aussehen nach unmöglich Charles Cederkvist sein konnte. Von ihm war keine Spur zu sehen. Auch nicht von dem Jungen. Sie erkundeten den Bereich um die nächstgelegenen Häuser, doch schon bald wurde ihnen klar, dass sie Verstärkung anfordern mussten. Der Helikopter kreiste über ihnen, seine großen Scheinwerfer suchten ununterbrochen den Boden ab.
    «Verteilt euch», rief Torkel Billy und Jennifer zu. Sie liefen in verschiedene Richtungen zwischen die Häuser und begannen, entlang der dunklen, verfallenen Fassaden auf der rechten Seite und des Waldes auf der linken zu suchen. Jennifer folgte dem schmalen Weg weiter geradeaus. Ganz vorn wurde die Dunkelheit kompakter. Gebäude. Alte Munitionsvorräte, wenn sie es von der Karte richtig in Erinnerung hatte. Sie leuchtete mit der Taschenlampe einige Meter voraus, während sie auf dem steinigen Weg entlangschlich, so leise wie möglich, die Ohren gespitzt. Hinter sich hörte sie, wie sich die Streifenpolizisten etwas zuriefen, doch ihre Stimmen wurden immer leiser, je näher sie dem alten Lager kam. Dann hörte sie plötzlich etwas anderes. Aus dem Wald rechts von ihr. Sie blieb stehen und drehte sich blitzschnell nach dorthin um. Ließ den Lichtkegel ihrer Taschenlampe zwischen den Bäumen wandern. Das Geräusch war erneut zu hören, diesmal etwas weiter entfernt. Dort bewegte sich definitiv jemand oder etwas. Jennifer leuchtete den Waldrand entlang, und da, nur wenige Meter vor ihr, stand eine dunkel gekleidete Gestalt neben einem Baumstamm.
    «Stehen bleiben!», rief Jennifer, doch ihr Ruf hatte genau den gegenteiligen Effekt. Der Mann begann zu rennen. Er verschwand aus dem Lichtkegel, und Jennifer sprintete hinterher und ließ den Schein ihrer Taschenlampe zwischen den Bäumen hin und her schweifen. Jetzt sah sie den Mann wieder. Es war ihm gelungen, den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern. Sie hetzte ihm nach und bemühte sich, den flüchtenden Mann nicht aus dem Lichtkegel zu verlieren.
    Zehn Meter vor ihr rannte er auf den Weg und erhöhte sein Tempo erneut. Jennifer lief, so schnell sie konnte, und rief über das Funkgerät, das an ihrer Schulter befestigt war, Verstärkung. Als sie der fliehenden Gestalt erneut hinterherleuchtete, sah sie deren Ziel. Neben dem Munitionslager stand ein Auto. Das Glas seiner Scheinwerfer reflektierte das Licht der Taschenlampe.
    «Stehen bleiben!», rief sie noch einmal, ohne große Hoffnung, dass er ihr diesmal gehorchte. Und richtig, der flüchtende Mann wurde nicht einmal langsamer. Jennifer spürte, wie das Adrenalin sie vorantrieb. Genau danach hatte sie sich gesehnt. Action. Schnelle Entscheidungen. Um das zu erleben, war sie Polizistin geworden.
    Als der Mann, der vermutlich Charles Cederkvist war, noch zehn Meter vor sich hatte, blinkte das Auto, und das Schloss öffnete sich mit einem Klicken, das Jennifer trotz ihres Keuchens hören konnte. Er war schnell. Sie holte nicht auf. Jetzt hatte er das Auto erreicht und öffnete die Fahrertür. Dann geschah etwas Merkwürdiges. Er hielt inne. Blieb in der geöffneten Tür stehen, als würde er für ein Foto posieren. Jennifer wurde langsamer und hob ihre

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