Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
kosten würde, konnte es nicht schaden, die Sache noch ein wenig genauer zu untersuchen.
«Frau Khan, wir werden der Sache weiter nachgehen. Ich kann nicht versprechen, dass wir etwas herausfinden. Aber wir versuchen es zumindest.»
Shibeka strahlte über das ganze Gesicht und hätte fast ihren Tee verschüttet, als sie aufsprang.
«Danke! Vielen Dank!»
Angesichts ihrer unverhohlenen Freude konnte auch Lennart sich ein Lächeln nicht verkneifen.
«Aber bitte denken Sie daran: Ich kann nichts versprechen.»
«Ich weiß. Aber ich habe so lange auf diesen Moment gewartet!»
Shibeka beruhigte sich, bemerkte, dass einige der Gäste sie anstarrten, und nahm wieder Platz, aber innerlich jubelte sie vor Glück und konnte nur schwer still sitzen.
«Also, jetzt haben wir viel zu tun», fuhr Lennart fort. «Ich brauche eine Liste von allen Ihren Freunden und Verwandten, die etwas wissen könnten. Ich brauche Kopien von jedem Brief, den Sie geschickt haben, und eine Vollmacht von Ihnen, damit ich bei den Behörden alle Akten zu dem Fall einsehen kann. Und dann müssen wir uns zusammensetzen und gemeinsam jedes Detail aus der Zeit seines Verschwindens durchgehen, alles, woran Sie sich erinnern können. Schaffen Sie das?»
Das waren viele Sätze hintereinander, und er hatte wahnsinnig schnell gesprochen. Sie war nicht ganz mitgekommen, aber die letzte Frage hatte sie verstanden. Und kannte die Antwort darauf.
«Ich schaffe alles», erwiderte sie und sah ihm in die Augen, und Lennart wusste instinktiv, dass sie die Wahrheit sagte.
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D as Flugzeug sollte pünktlich starten und zehn Minuten eher landen als planmäßig. Informationen, die an Sebastian auf seinem Gangplatz völlig vorübergingen. Auch die Sicherheitshinweise hörte er nicht. Er hatte keine Ahnung von der voraussichtlichen Flugzeit oder dem Wetter in Östersund. Mit einer wedelnden Handbewegung lehnte er den Roastbeef-Wrap und das warme Getränk ab, das ihm eine Stewardess anbot.
Vanja für drei Jahre weg.
Es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Das konnte nicht wahr sein. Durfte es nicht. Was sollte er tun? Er wusste, was er am liebsten tun würde.
Mitfahren.
Oder jedenfalls nachkommen.
Mit Stockholm und Schweden verband ihn eigentlich nichts. Nichts außer Vanja. Er wollte in ihrer Nähe sein, wo auch immer das war, aber er begriff, dass es unmöglich sein würde, ihr in die USA zu folgen. Man würde ihn für verrückt halten. Und es war ja auch verrückt. Sie würde ihn zu Recht wieder meiden. Ihm misstrauen. Ihn hassen. Das durfte nicht passieren.
Vanja kam gerade von der Toilette und wollte an ihm vorbeigehen. Er zupfte sie leicht am Arm, und sie blieb stehen.
«Ich habe gehört, dass du dich für eine FBI-Ausbildung beworben hast?»
«Ja.»
Für einen Moment überlegte er, ob er ihr sagen sollte, was er dachte. Sie aufrichtig darum zu bitten, nicht zu fahren. Aber es gab nichts, womit er seine Bitte begründen konnte.
«Wie weit bist du denn schon gekommen?», fragte er stattdessen in der leisen Hoffnung, dass sie noch ganz am Anfang wäre. Noch viele schwere Prüfungen bestehen müsste. Anspruchsvolle Tests, bei denen sie womöglich versagte.
«Schießübungen, Kondition und die schriftlichen Prüfungen habe ich bestanden, und am Wochenende habe ich diesen Persson Riddarstolpe getroffen, um mich einer psychologischen Beurteilung zu unterziehen.»
«Riddarstolpe ist ein Idiot», entfuhr es Sebastian fast schon reflexhaft.
«Ich weiß, dass du das findest.»
«Ich finde das nicht nur, er ist es. Das ist eine Tatsache, genau wie die Erde rund ist.»
Vanja lächelte ihn an.
Er liebte dieses Lächeln.
«Ich glaube jedenfalls, dass es ganz gut lief. Er schreibt ein Gutachten, und dann muss ich nur noch an ein paar Rollenspielen teilnehmen, soweit ich weiß.»
Natürlich lief es gut. Die mikroskopisch kleine Hoffnung, an die Sebastian sich geklammert hatte, schrumpfte und erstarb. Natürlich hatte sie alles bestanden. Natürlich würde sie angenommen.
Sie war die Beste.
Sie war seine Tochter.
«Torkel glaubt, dass ich auch die letzten Hürden nehmen werde», fuhr Vanja fort. «Deshalb ist Jennifer jetzt mit dabei.»
«Ja, das hat er mir auch erzählt.»
Vanja blieb noch kurz im Gang stehen und schien irgendetwas zu erwarten.
Eine Gratulation zum Beispiel.
Oder ein «viel Glück».
Aber es kam nichts.
Polizeibezirksdirektorin Hedvig Hedman wartete in der Ankunftshalle auf sie. Sie begrüßte die Kollegen und
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