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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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eine winzige Küche, in der die Polizisten offenbar auch ihre Pausen verbrachten. In der einen Ecke stand ein Tisch mit einer gelb gestreiften Wachstuchdecke und vier Klappstühlen, in der anderen eine kleine Küchenbank und daneben eingeklemmt ein Kühlschrank, darauf eine Mikrowelle. Neben der Spüle fanden eine Kaffeemaschine und ein Spülgestell mit einigen Tassen Platz. Im ganzen Raum hing ein unverkennbarer Fischgeruch.
    «Möchten Sie Kaffee oder irgendetwas anderes?», fragte Kenneth und deutete mit dem Kopf auf die halb volle Kaffeekanne auf der Wärmeplatte.
    «Was ist irgendetwas anderes?», fragte Sebastian zurück.
    «Wie bitte?»
    «Kaffee oder irgendetwas anderes – was ist irgendetwas anderes?», widerholte Sebastian.
    «Ähm. Tee, Wasser, Obst vielleicht …», Kenneth machte eine Geste in Richtung der Schale mit Äpfeln, die auf dem Tisch stand.
    «Nein, vielen Dank, wir brauchen nichts», unterbrach Vanja den Dialog mit einem mahnenden Blick zu Sebastian, der aber schon wieder das Interesse verloren hatte und stattdessen mit missbilligender Miene das große Webbild musterte, das über dem Tisch an der Wand hing. Kenneth nickte und ließ sie allein. Vanja setzte sich, zog das Material zu sich heran, das vor ihr auf dem Tisch lag, und begann zu lesen.
    Der Anruf war am Morgen des 31. Oktober um 8.23 Uhr bei der Polizei eingegangen. Um 8.57 Uhr waren die Beamten am Unfallort eingetroffen und hatten auf dem Fahrersitz des ausgebrannten Wagens eine tote Person entdeckt.
    «Du, ich dreh mal eben eine Runde.»
    Vanja sah von dem Bericht auf und zu Sebastian hoch. «Ich dachte, du wärst mitgekommen, um mir zu helfen?»
    «Nein, ich bin mitgekommen, weil ich aus diesem deprimierenden Fjäll wegwollte.»
    Sebastian verließ den Raum, und Vanja widmete sich seufzend wieder den Unterlagen.
    Die Leiche in dem Auto war so verbrannt gewesen, dass sich weder Geschlecht noch Alter unmittelbar feststellen ließen. Mit Hilfe der Nummernschilder hatte man das Fahrzeug als einen Mietwagen identifiziert, der in Östersund von einer Patricia Wellton aus Kentucky, USA, gemietet worden war. Als man versuchte, Angehörige oder zahnärztliche Unterlagen und anderes Material ausfindig zu machen, um ihre Identität eindeutig festzustellen, zeigte sich, dass Patricia Wellton aus Kentucky gar nicht existierte. Es nie getan hatte. Ihr Führerschein war eine Fälschung, und weiter war man nicht gekommen. Man ging jedoch davon aus, dass die tote Frau in dem Auto jene Frau war, die sich Patricia Wellton nannte, denn in diesem Zeitraum wurde keine andere Frau vermisst gemeldet. Aber ganz zweifelsfrei konnte man es nie belegen.
    Die Akte enthielt zahlreiche Fotos vom Unfallort. Vanja betrachtete sie kurz und beschloss dann, sie mitzunehmen. Ursula würde mehr damit anfangen können als sie.
    Das Auto war abgeschleppt und technisch untersucht worden. Vanja blätterte zu dem Protokoll vor. An dem Wagen selbst ließ sich nichts feststellen, was erklärt hätte, warum er vom Weg abgekommen war. Die Bremsen und die Lenkung hatten einwandfrei funktioniert.
    Auch die Untersuchung des Unfallorts ergab keinen Hinweis darauf, wie das Auto in den Graben geraten war. Nichts deutete auf einen Wildunfall oder einen geplatzten Reifen hin. Das Fehlen von Bremsspuren oder Zeichen von Ausweichmanövern ließ eventuell darauf schließen, dass die Fahrerin eingeschlafen oder akut erkrankt war und deshalb die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hatte.
    Vanja blätterte zurück.
    Bei der Obduktion hatte man nicht feststellen können, ob die Frau noch lebte, als das Auto in Brand geriet. Theoretisch konnte sie vorher einen Herzinfarkt erlitten haben.
    Vanja blätterte erneut zu der technischen Untersuchung vor. Ganz am Ende des Berichts gab es eine Liste dessen, was man im Auto gefunden hatte. Sie war kurz. Unglaublich kurz. Der Kofferraum war leer gewesen. Vanja stutzte. Natürlich musste die Frau nicht unbedingt Gepäck dabeigehabt haben, obwohl das merkwürdig war, wenn sie aus dem Ausland eingereist war. Aber sie hatte sich auf jeden Fall beim Mietwagenverleih ausgewiesen und im Voraus bezahlt. Sie musste eine Handtasche oder zumindest eine Geldbörse bei sich gehabt haben. Aber nichts in der Art hatte man im Auto oder an ihrem Körper gefunden. Vanja holte einen Notizblock hervor und schrieb
    FÜHRERSCHEIN/GELD?
    in eine Zeile. Dann begann sie, alles noch einmal von vorn zu lesen, diesmal mit dem Notizblock neben sich. Als sie das Material zum

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