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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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schon lange aufgegeben.
    Lennart warf einen Blick auf Trolles Handynummer, die er im Telefon unter PK gespeichert hatte, der Abkürzung für Polizeikontakt, und begriff, dass er ihn nie wieder anrufen konnte. Trotzdem wollte er die Nummer auf keinen Fall löschen. Das wäre ihm so endgültig vorgekommen, fast schon respektlos. Genau so ging es ihm mit der Nummer seines Großvaters, der letztes Jahr um die Weihnachtszeit gestorben war.
    Irgendwie waren diese Nummern wohl auch so etwas wie Erinnerungen.
    Nachdem er eine Weile gezögert hatte, beschloss Lennart, Kontakt Nummer 2 in der PK-Kategorie anzurufen. Anitha Lund. Eigentlich war sie viel zu schwierig im Umgang und bereitete ihm häufig mehr Probleme, als dass sie welche löste. Ihre Motivation waren weder Geld noch Abenteuerlust, sondern Wut und Zorn, und deshalb war der Wert ihrer Informationen nicht leicht zu beurteilen. Es konnte vorkommen, dass sie mehr an privater Rache interessiert war als daran, die Wahrheit herauszufinden. Aber momentan fiel ihm keine Alternative ein.
    Sie ging bereits nach dem dritten Klingeln ans Telefon.
    Und klang schlecht gelaunt.
    «Was willst du?»
    «Ein bisschen plaudern.» Lennart versuchte, ungezwungen zu klingen.
    «Ich arbeite. Ich möchte nicht gestört werden!»
    «Und warum gehst du ans Telefon, wenn du so beschäftigt bist?»
    «Weil ich gut erzogen bin.»
    Lennart lachte. Anitha gegenüber durfte man nicht auf den Mund gefallen sein. Das hatte er inzwischen gelernt.
    «Über dich lässt sich einiges sagen, Anitha, aber nicht, dass du gut erzogen bist.»
    «Nein, ich bin ein Biest», stimmte Anitha ihm ohne jeden Anflug von Ironie zu. «Das können dir meine Vorgesetzten und alle anderen hier bestätigen. Was willst du?»
    «Dich treffen. Ich bin an einer Sache dran, die ich gern mit dir besprechen würde.»
    Doch Anitha war bockig.
    «Nein. Ich will nicht mehr mit dir zusammenarbeiten. Du zahlst schlecht, und ich habe nichts davon.»
    «Das stimmt nicht, und das weißt du auch.»
    «Aha, und wie profitiere ich deiner Meinung nach?»
    «Du erfährst Dinge, die sonst niemand weiß. Das magst du doch normalerweise. Oder etwa nicht?»
    «Nein, du magst das. Du bist der Journalist. Ich bin nur diejenige, die du anrufst und störst.»
    «Hör mir mal zu, Anitha», sagte Lennart und senkte die Stimme, um den Ernst der Lage zu betonen. «Ich glaube, dass dir dieser Fall gefallen wird. Und zwar wirklich.»
    Es wurde still in der Leitung. Lennart konnte beinahe hören, wie sie abwägte, was größer war – ihre Neugier oder der Widerwille, ihm zu helfen. Er hatte das Gespräch auf den richtigen Punkt gelenkt.
    «Ich muss mir das überlegen. Ich rufe dich an», erwiderte sie schließlich.
    Falsche Antwort. Das war nicht genug.
    «Nein. Wir treffen uns in einer Stunde. Wenn dir das, was ich erzähle, nicht gefällt, ist es in Ordnung. Aber gib mir wenigstens eine Chance.»
    Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete. So lange, dass Lennart bereits über Alternativen nachdachte. Das Problem war nur, dass er wirklich keine hatte. Ihm wurde klar, dass er endlich daran arbeiten musste, einen Ersatz für Trolle zu finden.
    «Um kurz nach drei am üblichen Ort», sagte Anitha dann doch.
    «Gut!»
    Lennart beendete das Telefonat und sah sich um. Er war fast den gesamten Weg bis Frihamnen gelaufen. Und er fror. Ein leichter Sprühregen hatte eingesetzt. Er wirkte beinahe erfrischend, aber der Himmel wurde immer grauer und bedrohlicher. Lennart kehrte um. Erhöhte sein Tempo. Erst würde er kurz mit Linda sprechen, dann wieder losziehen. Diesmal wirklich zu einem Treffen.
    Und diesmal würde er seine Jacke mitnehmen.

[zur Inhaltsübersicht]
    V anja lenkte das Auto zwischen zwei schiefen Torpfosten hindurch und folgte den zerfurchten, lehmigen Wagenspuren bis zum Hof des einsam gelegenen Hauses. Sie stellte den Motor ab, und für einen Moment blieben Sebastian und sie sitzen und ließen den Anblick auf sich wirken.
    Rechts von ihnen, mitten auf dem riesigen Grundstück, stand ein grünes zweistöckiges Haus mit weißen Tür- und Fensterrahmen. Jedenfalls waren sie irgendwann einmal weiß gewesen. Jetzt blätterte die Farbe ab, sodass an mehreren Stellen das dunkle, von der Feuchtigkeit beschädigte Holz durchschimmerte. Auch von der Holzvertäfelung hatte sich die Farbe großflächig abgelöst, und die Holzlatten darunter wirkten hier und da verschimmelt.
    Das zum Haus gehörende Grundstück erinnerte an einen Schrottplatz. Vanja entdeckte

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