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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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weckte Misstrauen und würde sie brüskieren. Lügen? Ein klares Nein: Eine Lüge konnte später von ihr enttarnt werden und weitere unnötige Fragen nach sich ziehen. Die Wahrheit. Er entschied sich für die Wahrheit. Jedenfalls vorläufig.
    «Doch, einmal.»
    «Wann war das?»
    «Achtundneunzig.»
    «Und wann habt ihr euch scheiden lassen?»
    Sebastian zögerte kurz, blieb dann aber auf dem eingeschlagenen Pfad. Der Wahrheit.
    «Nie. Sie starb.»
    Vanja verstummte. Sebastian sah weiter stur geradeaus. So viel hatte er auch Torkel erzählt, als sie sich in Västerås nach langer Zeit wiederbegegnet waren. Mehr nicht. Und das hatte er auch jetzt nicht vor.
    Niemand wusste mehr.
    Niemand wusste alles.
    Wenn Vanja ihn weiter ausfragte, würde er lügen.
    Oder?
    Sollte er zum ersten Mal davon erzählen? Alles erzählen. Von Lily und Sabine und der Welle, die ihm beide genommen hatte. Von der Sehnsucht. Der Angst. Wie er fast daran zerbrochen wäre. Wie er die meiste Zeit über noch immer nur ein Scheinleben führte.
    Wahrscheinlich würde es sie einander näherbringen, ihre Beziehung intensivieren, wenn er es erzählte. Eigentlich konnte er darin nur Gutes sehen. Und dennoch widerstrebte es ihm.
    Er wollte nicht.
    Wollte seine erste Tochter nicht benutzen, um der zweiten näherzukommen. Es kam ihm falsch vor. Als würde er Sabine missbrauchen und aus ihrem Tod einen Vorteil ziehen wollen. Sabine müsste dafür herhalten, Mitgefühl zu erpressen, als ein Werkzeug, um Vanja an sich zu binden.
    Er wollte nicht.
    Er konnte nicht.
    «Das tut mir leid», sagte Vanja leise.
    Sebastian nickte nur. Hoffte inständig, dass sie nicht fragen würde …
    «Wie ist sie gestorben?»
    Sebastian seufzte. Er war gezwungen, dieser Sache ein Ende zu setzen. Durfte sie weder beschönigen noch von ihr ablenken. Auf keinen Fall zu einer Fortsetzung einladen, ein anderes Mal, an einem anderen Ort. Nein, er musste einen Schlussstrich ziehen.
    Für immer.
    Er wandte sich ihr zu. «Sie starb, reicht das denn nicht? Was willst du noch alles wissen? Willst du einen Obduktionsbericht sehen?»
    Vanja schielte kurz zu ihm hinüber, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Straße richtete. Sie hatte eigentlich nur Anteilnahme zeigen wollen, aber anscheinend hatte sie vermintes Gebiet betreten, war direkt hineingetappt, egal, welche Absichten sie gehabt hatte.
    «Entschuldige, das geht mich nichts an.»
    «Nein, das stimmt.»
    Vanja erwiderte nichts. Was sollte sie dazu noch sagen? Sebastian hatte auf effektive Weise einen Punkt hinter das Gespräch gesetzt. Sie fuhren schweigend weiter.

    «Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?», fragte Sebastian, als sie das Auto verließen.
    Vanja verstand seine Skepsis nur zu gut. In diesem braunen Einfamilienhaus hätte man eher einen Friseursalon oder eine kleine Pizzeria im Erdgeschoss vermutet, aber das GPS hatte sie hierhergeführt, und außerdem hing ein Polizeischild an der Fassade.
    «Die haben nicht einmal das ganze Haus», stellte Sebastian fest und zeigte auf ein Versicherungslogo, das ebenfalls an der Hauswand prangte. «Was für ein jämmerlicher Schuppen. Wie viele Leute arbeiten denn hier?»
    «Keine Ahnung», antwortete Vanja und schob die Tür auf.
    Rechts vom Eingang lag eine kleine Rezeption, an der gegenüberliegenden Wand standen einige Stühle, davor ein Tisch, auf dem Tageszeitungen und Polizeibroschüren verteilt lagen. Geradeaus ging eine Tür in eine Art Büro, daneben führte eine Treppe ins Obergeschoss. Vanja und Sebastian traten an die Rezeption, und Vanja erklärte, wer sie waren und dass sie bereits erwartet würden.
    Die Frau hinter dem Tresen nickte. «Kenneth!», rief sie in Richtung Treppe, woraufhin sie sich wieder ihren Gästen zuwandte und lächelte. Sebastian erwiderte ihr Lächeln. Wie alt mochte sie sein? Vierzig, vielleicht fünfundvierzig. Dunkle, kurze Haare, hohe Wangenknochen, schmale Lippen und ziemlich große Brüste unter der ordentlich gebügelten Uniformbluse. Sebastian beugte sich ein wenig über den Tresen und stellte fest, dass sie keinen Ehering trug.
    «Er ist gleich da», sagte die Frau im selben Moment, als sie oben Schritte hörten. Kurz darauf kam ein etwa fünfunddreißigjähriger Mann nach unten und stellte sich ihnen als Kenneth Hultin vor.
    «Wir haben alles für Sie herausgesucht», erklärte er und führte sie die Treppe hinauf. Im oberen Stockwerk standen rechts vom Treppenaufgang drei Schreibtische. Kenneth geleitete sie nach links in

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