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Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Toten im Schnee: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuliano Pasini
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Während er die bei Gino konsumierten Getränke in den Schnee pinkelte, hörte er Stimmen. Aus Angst, es könnte sich um einen Vorgesetzten handeln, machte er hektisch den Hosenlatz wieder zu, wobei er sich in die Hose pinkelte, und versteckte sich hinter einer Säule.
    In dem Augenblick zerrissen zwei schreckliche Donnerschläge die Nacht, Stichflammen schossen in die Höhe und hüllten die Panzer ein.
    Zwei Männer rannten an ihm vorbei. Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke mit denen des SS -Mannes Berto Guerzoni. Es reichte, um ihm einen Namen in den Sinn kommen zu lassen.

6
    D ie Nachricht verbreitete sich in Windeseile: Zwei Soldaten waren in den Panzern gestorben, zerfetzt von Handgranaten. Die Antwort würde grausam sein. Noch vor dem Morgengrauen hatte Sfregio Boten ausgeschickt, um die Partisanengruppen der benachbarten Regionen zu warnen, weil alles Mögliche passieren konnte. Dann hatte er die Brigade Ypsilon in Gruppen zu je zwei Leuten aufgeteilt, die nur den einzigen Befehl hatten, in den Kastanienwäldern zu verschwinden.
    Er und der Professore versteckten sich in einem Trockenspeicher für Kastanien. Ein Häuschen, mehr lang als hoch, mit rußgeschwärzten Wänden, wo sie nichts weiter taten, als schweigend zu warten, während die Zeit stehen zu bleiben schien. Nachmittags kam Rina zu ihnen, die Frau des Bürgermeisters. Obwohl sie im achten Monat schwanger war, wollte sie nicht aufhören, Botschaften hin und her zu tragen. Sie behauptete, in ihrem Zustand sei sie unverdächtig.
    »Ich bringe Nachrichten«, sagte sie. »Es sieht so aus, als wollten die Deutschen zwanzig Einwohner von Case Rosse ermorden, zehn für jeden der toten Soldaten, aber sie haben die doppelte Anzahl zusammengetrieben. Sie haben Gino, den Wirt, festgenommen und seine Frau Argìa. Und alle Angehörigen des alten Succi, einschließlich Onelia und Erminia.«
    Hier stockte Rina, als wollten die Worte nicht mehr herauskommen. Sfregio gefror das Blut. Er begriff, wie teuer ihn der Schatten hinter der Säule zu stehen kommen würde.
    »Das Kloster von Braglie haben sie auch nicht verschont. Die Deutschen haben Serena und deine Söhne. Nicht nur das: Sie haben auch Veronica mit Efrem, Pia und Anna aus Ca’ Libertà geholt. Und alle deine Verwandten, die sie finden konnten. Irgendjemand muss dich erkannt haben. Sie wissen nicht, dass du der Kommandant bist, aber sie wissen, dass du bei dem Anschlag dabei warst.«
    »Wann werden sie hingerichtet? Und wie?«, fragte er kaum hörbar.
    Rina brach fast in Tränen aus. »So genau weiß man es nicht, aber es sieht alles danach aus, als sollten sie morgen früh am Prà grand erschossen werden. Jetzt haben sie sie erst einmal ins Dorf gebracht. Es tut mir so leid.«
    »Morgen früh …«, murmelte Sfregio und stieß den letzten Rest Atem aus. Irgendetwas in ihm setzte sich in Gang, als wollten sich Körper und Seele voneinander trennen, um jeder für sich einem anderen Schicksal entgegenzugehen. Er verzerrte das Gesicht zu einem Lächeln, das der Professor niemals vergessen würde.
    »Ich werde tun, was meinen Chromosomen eingeschrieben ist, also das, wofür ich geboren bin. Schreib einen Brief für mich, du bist geschickter mit Worten als ich.«
    Auf einer improvisierten Feuerstelle innerhalb des Speichers tauten sie die Tinte auf. Dann schrieb der Professore, was ihm diktiert wurde. Nach dem letzten Punkt zerbrach er die Feder, und einer lief los, den Brief zu überbringen.
    Durch die Hand seines Kameraden hatte Francesco Ferri dem Henker des Apennins gestanden, Comandante Sfregio zu sein. Wenn alle Geiseln freigelassen würden, wäre er bereit, sich zu stellen.

7
    N achdem er die Botschaft losgeschickt hatte, erließ Sfregio noch einige Instruktionen an die Kameraden. Dann umarmte er den Professore lange und ging, um sich zwischen den Bäumen in der Nähe des Torbogens zu verstecken, durch den die befreiten Gefangenen kommen würden, wenn der Austausch akzeptiert würde. In der Kälte zusammengekauert, tat er das Einzige, was er tun konnte: Er wartete, das Fernglas an den Augen und eine unerträglich schwere Last auf dem Herzen.
    Als der Nachmittag halb vergangen war und das Licht allmählich schwand und mit ihm seine Hoffnungen, fingen die Deutschen an, die Menschen auf übelste Weise zusammenzutreiben: Alte, Kinder und einige Frauen. Die kampffähigen Männer waren bereits alle auf irgendein Schlachtfeld geschickt worden. Unter den Gesichtern fand er das von Serena, die

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