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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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daß mein Junge beim Flawinne-Regiment ist? Da wissen sie, wie man mit Typen wie dir umgeht. Oder ich stelle dich ein paar Kumpels vor, mit denen ich öfter Geschäfte mache, die mögen es nicht, wenn man Autos versaut, die sie bestellt haben.
    Julie entschied, daß es Zeit zum Eingreifen war. Bruno konnte den Eindringling ruhig erschrecken, das geschah ihm recht, aber es durfte nicht zu weit gehen. Genaugenommen hatte Bruno wohl die Grenze zur rechtswidrigen Drohung schon überschritten, aber sie glaubte kaum, daß er Gefahr lief, angezeigt zu werden. Aber sie befürchtete, daß er absolut fähig war, zumindest die letzte seiner Drohungen wahrzumachen.
    – Wir schließen ihn im Büro ein, sagte sie bestimmt, und dann rufen wir die Polizei. Die können sich um ihn kümmern.
    Jean-Pierre sah enttäuscht aus, die gleiche Miene wie als kleines Kind, wenn sie ihm ein gefährliches Spielzeug weggenommen hatte. Bruno machte einen Schritt rückwärts und schüttelte den Kopf.
    – Ja, ja, sagte er jovial zu dem Eindringling, meine Nichte hier achtet immer genau darauf, daß es gesetzlich zugeht. Sie arbeitet am Justizpalast, und sie kennt alle Richter und Staatsanwälte und Polizisten. Ja, es ist wohl das beste, wir tun, was sie sagt.
    Er machte mit dem Kopf eine Geste zu Jean-Pierre, der seinen Gefangenen gehorsam vor sich her schob, um ihn in Brunos kleinem Büro ganz hinten in der Halle einzuschließen.
    – Augenblick, sagte Julie, ich muß zuerst die Polizei anrufen.
    Sie ging vor Jean-Pierre ins Büro, rief die kommunale Polizei an und meldete den Einbruch. Sie versprachen, bald zu kommen.
    Bruno hatte sich unterdessen in der Sitzgruppe niedergelassen, wo er für gewöhnlich Kundengespräche führte. Er hatte das Licht angemacht, und in dem fahlen Licht der Leuchtstoffröhren war deutlich zu sehen, wie die Eindringlinge mit ihren Spraydosen vorgegangen waren.
    – Nicht direkt phantasievoll, sagte Bruno, konnten die sich nicht was anderes einfallen lassen als »Mörder« und »Zigeunerschweine«?
    Er zündete sich eine Zigarette an und sah sich düster um.
    – Es geht nichts über Kindheitserinnerungen, sagte er, soein Gefühl hatte ich auch damals nach dem Krieg, als die guten Nachbarn beschlossen hatten, daß Papa mit den Deutschen zusammengearbeitet hatte, dieselben guten Menschen, die uns bei den Deutschen angezeigt hatten, als die zu bestimmen hatten, das hat Papa jedenfalls immer geglaubt.
    – Kannst du dich an etwas davon erinnern, sagte Julie vorsichtig, du warst damals doch so klein?
    – Ja, sagte Bruno, manche Dinge vergißt man nie, und dazu gehört das verdammte Kinderheim, in das sie mich und Jerry gesteckt haben, als sie Maman und Papa ins Internierungslager brachten. Jerry war erst ein Jahr, er konnte kaum gehen, aber der Teufel soll mich holen, wenn er nicht jeden Tag, solange wir da waren, Prügel bekommen hat. Ich natürlich auch, aber am schlimmsten war es für Jerry, der nichts kapiert hat. O doch, ich kann mich an alles erinnern, all die Prügel, die wir gekriegt haben, und die Entlausungen, obwohl wir keine Läuse hatten, und den Keller, in den sie uns eingesperrt haben, und die Vorsteherin, die Maman »Deutschenhure« genannt hat, an all das erinnere ich mich.
    – Aber Großvater wurde befreit, sagte Julie, der Militärankläger hat begriffen, daß er unschuldig war und nicht angeklagt werden durfte. Großmutter hat oft von Jean Heyse erzählt, als ich klein war.
    Bruno rauchte ein paar Züge und betrachtete nachdenklich das Geschmiere an den Wänden.
    – Ach so, daher hast du deinen Glauben an die Gerechtigkeit, sagte er, ja, es stimmt, die Gerechtigkeit hat gesiegt. Aber eines will ich dir sagen, und zwar, daß deine Großmutter zu der Zeit verdammt hübsch war, sie war dir tatsächlich ähnlich, und daß der Ankläger ziemlich verschossen in siewar. Er schickte ihr Blumen, sobald er einen Anlaß finden konnte. Ich sage nicht, daß etwas zwischen ihnen war, das glaube ich nicht, aber er mochte sie. Genau wie deine Madame Poirot dich mag. Es ist einfach naiv zu glauben, daß so etwas keine Rolle spielt.
    Julie guckte auf den grüngestrichenen Zementboden und blinzelte, um die törichten Tränen wegzubekommen, die in ihren Augen aufstiegen. Sie wollte Bruno nicht zuhören. Sie wollte ihre eigene Wahrheit behalten, die, die für ihre Entscheidungen im Leben maßgeblich gewesen war und sie dazu gebracht hatte, an die Gerechtigkeit zu glauben.
    Sie schob die beunruhigenden Bilder einer jungen

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