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Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Toten schweigen nicht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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wissen.«
    Sollten im See noch weitere Leichen liegen, werden die Taucher sie aufspüren. Doch dann werde ich nicht mehr hier sein. Und es wäre unrealistisch zu glauben, dass man mich auf dem Laufenden hält – ich werde die Zahlen aus der Zeitung erfahren. Wenn ich eins gelernt habe, bevor ich bei der Polizei aufgehört habe, dann dass es beim Thema Leben und Tod ausschließlich auf Zahlen ankommt. Die Leute lieben Statistiken. Besonders wenn sie richtig unangenehm sind.
    »Was glauben Sie, wie alt dieser Friedhof ist?«, frage ich.
    Er zuckt mit den Achseln. »Woher zum Teufel soll ich das wissen? Sechzig, achtzig Jahre? Keine Ahnung.«
    »Also, der See, den gab’s hier doch schon immer«, sage ich, »und das heißt, dass es sich womöglich gar nicht um den Schauplatz eines Verbrechens handelt. Sondern dass wir es höchstens mit grober Fahrlässigkeit zu tun haben.«
    »Können Sie vielleicht etwas deutlicher werden?«
    »Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass schlechtes Management und der Versuch, Platz zu sparen, dazu geführt haben, dass einige der Gräber irgendwann zu nah am Wasser lagen. Vielleicht sind einige der Särge aufgrund von Wasserschäden verfault, worauf die Leichen in den See gesogen wurden. Oder eine unterirdische Strömung hat die Särge fortgerissen.«
    »Nicht in diesem Fall.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Die Frauenleiche lässt keinen Zweifel daran. Sie lag lediglich einige Tage im Wasser. Zu kurz für Ihre Theorie mit den verfaulten Särgen. Außerdem gibt es Anzeichen dafür, dass sie von einem Bestatter hergerichtet wurde, was wiederum darauf hindeutet, dass sie beerdigt wurde; darum bin ich mir sicher, dass diese Toten zunächst in der Erde lagen. Die Frauenleiche ist der eigentliche Grund, warum wir hier sind. Sie hat die ganze Sache ins Rollen gebracht – Fettpolster und Gase haben sie an die Oberfläche befördert und die anderen mit ihr.«
    »Obwohl sie einbalsamiert war?«
    »Das war sie nicht.«
    »Ich dachte, dass …«
    »Ich weiß, was Sie dachten. Dass das Vorschrift ist. Irrtum. Das Einbalsamieren verlangsamt einfach für ein paar Tage den Verwesungsprozess, damit die Leiche aufgebahrt werden kann. Es bleibt also jedem selbst überlassen.«
    »Können Sie sagen, ob sonst irgendwas mit den Leichen gemacht wurde?«
    »Was zum Beispiel?«
    »Keine Ahnung. Ich meine, wenn die Leichen ausgegraben wurden, dann muss das doch zu einem bestimmten Zweck geschehen sein, oder? Hat man sie zu irgendwas benutzt? Mit ihnen herumexperimentiert? Was ist mit Schmuck? Hat eine von ihnen …?«
    »Die Hände der männlichen Leiche sind bereits skelettiert, also Fehlanzeige; aber die Frau trägt mehrere Ringe und eine Halskette. Grabraub scheidet also auch aus.«
    Grabraub. Ich komme mir vor, als wäre ich plötzlich in einen Sherlock-Holmes-Roman geraten. Holmes hätte bestimmt eine logische Erklärung für alles parat. Oft löst er einen Fall allein, indem er sich einfach daran erinnert, was er vor Jahren in einem Fachbuch gelesen hat, und am Ende kommt er jedes Mal scheinbar mühelos zum Ziel. Ich schaue mich um. Könnte man aus den Beweisen hier ableiten, ob die Person, die das getan hat, Links- oder Rechtshänder war, oder ob sie als Schusterlehrling gearbeitet hat? Das könnte wahrscheinlich nur Holmes. Was für ein Glückspilz.
    »Können wir die Leichen irgendwie identifizieren?«, frage ich.
    »Wir?«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    »Zunächst nehmen wir uns die Frau vor. Das sollte kein Problem sein. Und dann die anderen.«
    Ich blicke am Gerichtsmediziner vorbei zum Zelt, das die Toten und die Nassen schützt. Es scheint, als wäre der Wind um weitere fünf Grad abgekühlt und hätte noch mal fünfundzwanzig Stundenkilometer zugelegt. Die Wände des Zelts blähen sich, als würde es gleich abheben. Die Decke um meinen Körper fühlt sich jetzt kalt an.
    »Und wie …?«
    Er hebt die Hand, um mich zu unterbrechen. »Hören Sie, Tate, Ihre Kollegen wissen schon, was sie tun. Überlassen Sie das denen.«
    Er hat recht, aber auch nicht. Natürlich wissen sie, was sie tun, aber sie sind nicht mehr meine Kollegen. Mir fällt die Uhr in meiner Hosentasche ein, und ich hoffe, dass sie mit einer Inschrift im Stil von »Für Doug, in Liebe Beryl« versehen ist. Dann muss ich nur noch den Grabstein eines gewissen Doug ausfindig machen, der mit einer Beryl verheiratet war. Mit etwas Glück gibt es so einen Grabstein sogar. Mit etwas Glück wurden diese Leute von einem

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