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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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seinem Stelzfuß in den Empfangssaal und drückte sich dort in ein Winkelchen, um nicht mit dem Ellbogen, Sie können sich das vorstellen, an so ein amerikanisches oder indisches Gerät, um mich so auszudrücken, an eine vergoldete Porzellanvase zu stoßen. Na, selbstverständlich mußte er da lange genug warten, weil er schon zu einer Zeit gekommen war, wo der Präsident gewissermaßen eben erst vom Bette aufstand und der Kammerdiener ihm eine silberne Schüssel brachte, Sie verstehen, zum Waschen. Mein Kopjeikin wartet etwa vier Stunden lang; da kommt der diensthabende Beamte herein und sagt: ›Der Präsident wird gleich hereinkommen.‹ Im Saale aber waren schon eine Menge Epauletten und Achselschnüre, eine Menge Leute, wie Bohnen auf dem Teller. Endlich, mein Herr, kommt der Präsident herein. Na, Sie können sich das vorstellen – ein Präsident! Im Gesichte, sozusagen … na, seiner Stellung entsprechend, Sie verstehen … seinem Range entsprechend … von der Art war der Ausdruck, Sie verstehen. In allen Stücken zeigte er das Benehmen eines Bewohners der Residenz; er tritt zu einem hin, zu einem andern: ›Warum sind Sie hier? Warum sind Sie hier? Was steht zu Ihren Diensten? Welche Angelegenheit führt Sie her?‹ Endlich, mein Herr, kommt er auch zu Kopjeikin. Kopjeikin sagt: ›Soundso; ich habe mein Blut vergossen; ich habe gewissermaßen einen Arm und ein Bein verloren; arbeiten kann ich nicht; ich erkühne mich zu bitten, ob ich nicht irgendeine Unterstützung erhalten kann, ob nicht eine Anordnung getroffen werden kann betreffs einer, um mich so auszudrücken, Gratifikation oder Pension oder dergleichen, Sie verstehen.‹ Der Präsident sieht: der Mann hat einen Stelzfuß, und der rechte Ärmel ist leer an die Uniform geknöpft. ›Gut‹, sagt er, ›fragen Sie nach ein paar Tagen wieder an!‹ Mein Kopjeikin ist ganz entzückt. ›Na‹, denkt er, ›die Sache ist glücklich erledigt.‹ Er war in einer Stimmung, Sie können sich das vorstellen, er hüpfte ordentlich auf dem Trottoir, ging in das Restaurant von Palkin, um ein Glas Schnaps zu trinken, aß in der ›Stadt London‹ zu Mittag, mein Herr, ließ sich ein Kotelett mit Kapern geben, eine Poularde mit allerlei Kinkerlitzchen, trank eine Flasche Wein dazu, ging am Abend ins Theater, kurz, er tat sich einmal eine Güte an, sozusagen. Auf dem Trottoir sieht er: es geht da so eine schlanke Engländerin, wie ein Schwan, Sie können sich das vorstellen. Mein Kopjeikin (sein Blut, wissen Sie, war in fröhliche Wallung gekommen) wollte schon auf seinem Stelzfuß hinter ihr herlaufen, klapp, klapp; ›aber nein‹, dachte er, ›vorläufig mag der Teufel die Courmacherei holen; das können wir später tun, wenn wir erst unsere Pension haben; jetzt bin ich etwas zu üppig geworden.‹ Er hatte aber, bitte zu bemerken, an diesem einen Tage beinah die Hälfte seines Geldes durchgebracht. Nach drei, vier Tagen, mein Herr, erscheint er wieder in der Kommission, beim Präsidenten, ja! ›Ich bin gekommen‹, sagt er, ›um mich zu erkundigen: soundso, in Anbetracht der durchgemachten Krankheiten und der erlittenen Verwundungen … ich habe gewissermaßen mein Blut vergossen …‹ und mehr dergleichen, Sie verstehen, alles im Kanzleistil. ›Aber vor allen Dingen‹, sagt der Präsident, ›muß ich Ihnen sagen, daß wir in Ihrer Sache ohne die Entscheidung der obersten Instanz nichts tun können. Sie sehen selbst, was es jetzt für eine Zeit ist. Die kriegerischen Operationen, um mich so auszudrücken, sind noch nicht ganz abgeschlossen. Warten Sie die Ankunft des Herrn Ministers ab; gedulden Sie sich noch ein bißchen! Sie können überzeugt sein, daß man Sie dann nicht vergessen wird. Wenn Sie aber nichts zum Leben haben, dann nehmen Sie hier‹, sagt er, ›soviel ich imstande bin …‹ Na, Sie verstehen, er gab ihm natürlich nicht viel; aber bei mäßigen Ansprüchen hätte sich wohl damit auch bis zu einer fernhegenden Entscheidung auskommen lassen. Aber das sagte meinem Kopjeikin nicht zu. Er hatte schon gedacht, es würde ihm gleich am nächsten Tage ein hübsches Sümmchen so von tausend Rubeln ausgezahlt werden: ›Da, nimm, lieber Mann, trink und amüsiere dich!‹ Aber statt dessen hieß es nun: ›Warte!‹ und es war nicht einmal bestimmt gesagt wie lange. Und dabei hatte er schon, Sie verstehen, die Engländerin und die Couplets und die Koteletts im Kopfe. Da ging er nun mit einer Miene wie eine Eule aus dem Hause, wie ein Pudel, den

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