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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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Bekannten«, erwiderte Tschitschikow.
    »Ach was, was hast du von dem Bekannten, laß ihn laufen! Komm zu mir!«
    »Es geht nicht, es geht nicht; ich habe ein Geschäft vor.«
    »Am Ende gar ein Geschäft! Das ist nur eine Ausrede! O du Schwindler!«
    »Wirklich, ich habe ein Geschäft, und noch dazu ein notwendiges.«
    »Ich wette darauf: du lügst! Na, dann sage mal, zu wem fährst du?«
    »Na, zu Sobakewitsch.«
    Hier brach Nosdrew in jenes schallende Gelächter aus, wie es nur ein frischer, gesunder Mensch zustande bringt, ein Gelächter, bei dem all seine zuckerweißen Zähne sichtbar werden, die Backen zittern und hüpfen und der durch zwei Türen getrennte Nachbar im dritten Zimmer aus dem Schlafe auffährt, die Augen aufreißt und brummt: »Der Kerl ist wohl besoffen!«
    »Was ist dabei lächerlich?« fragte Tschitschikow, der sich durch dieses Lachen etwas gekränkt fühlte.
    Aber Nosdrew lachte aus vollem Halse weiter und sagte dabei: »O weh, schone mich; ich platze vor Lachen!«
    »Dabei ist nichts lächerlich; ich habe es ihm versprochen«, sagte Tschitschikow.
    »Aber du wirst deines Lebens nicht froh werden, wenn du zu dem hinkommst: der ist geradezu ein Filz! Ich kenne ja doch deinen Charakter: du wirst dich grausam getäuscht sehen, wenn du da ein Hasardspiel und eine gute Flasche Wein zu finden hoffst. Hör mal, Bruder: laß diesen Sobakewitsch zum Teufel gehen, und komm du zu mir! Ich werde dich mit vorzüglichem Stör regalieren. Ponamarew, die Bestie, sagte zu mir mit vielen Bücklingen: ›Nur Ihnen lasse ich ihn ab; und wenn Sie den ganzen Jahrmarkt absuchen, Sie finden solchen Stör nicht!‹ Aber er ist ein schauderhafter Gauner. Das habe ich ihm ins Gesicht gesagt. ›Du und unser Branntweinpächter‹, habe ich ihm gesagt, ›ihr beiden seid die ärgsten Schurken, die es gibt!‹ Er lachte, die Kanaille, und strich sich den Bart. Ich und Kuwschinnikow frühstückten alle Tage in seinem Laden. Ach, Bruder, das habe ich ganz vergessen, dir zu sagen: ich weiß, daß du jetzt nicht wirst davon abstehen wollen; aber ich werde es dir nicht für zehntausend Rubel verkaufen, das sage ich dir im voraus. He, Porfiri!« schrie er, ans Fenster tretend, seinem Diener zu, der in der einen Hand ein Messer hielt und in der andern ein Stück Brot und ein Stück Stör; es war ihm glücklich gelungen, als er etwas aus der Britschke herausnahm, sich dieses letztere so beiläufig abzuschneiden. »He, Porfiri!« schrie Nosdrew. »Bring doch mal das Hündchen her! – Ein prächtiges Hündchen!« fuhr er, sich zu Tschitschikow wendend, fort. »Es ist gestohlen; hergeben wollte es der Besitzer um keinen Preis. Ich bot ihm die Fuchsstute, die ich, wie du dich erinnerst, von Chwostyrew eingetauscht habe …« Tschitschikow hatte übrigens zeit seines Lebens weder die Fuchsstute noch Chwostyrew gesehen.
    »Gnädiger Herr! Wünschen Sie nichts zu essen?« fragte ihn in diesem Augenblicke die Alte, die zu ihm herantrat.
    »Nein. Ach, Bruder, was haben wir flott gelebt! Übrigens, du kannst mir ein Glas Schnaps geben. Was hast du für welchen?«
    »Anis«, antwortete die Alte.
    »Na, dann gib Anis!« sagte Nosdrew.
    »Gib mir auch ein Glas!« sagte der Blonde.
    »Im Theater war eine Sängerin, die sang wie ein Kanarienvogel, die Kanaille! Kuwschinnikow, der neben mir saß, sagte: ›Da müßte man Erdbeeren pflücken, Bruder!‹ Schon allein Schaubuden waren fünfzehn Stück da, glaube ich. Dieser Fenardi drehte sich vier Stunden lang herum wie eine Windmühle!« Hier nahm er das Glas aus den Händen der Alten entgegen, die ihm dafür eine tiefe Verbeugung machte. »Aha, gib ihn her!« rief er, als er Porfiri mit dem Hunde hereinkommen sah. Porfiri war ebenso gekleidet wie sein Herr; er trug ebenfalls einen gesteppten, wattierten Hausrock, der aber etwas schmieriger war.
    »Gib ihn her, setze ihn hier auf den Boden!«
    Porfiri setzte das Hündchen auf den Boden, das alle vier Pfoten ausspreizte und den Boden beschnüffelte.
    »Das ist einmal ein Hund!« sagte Nosdrew, faßte das Tier mit der Hand beim Rücken und hob es in die Höhe. Der Hund stieß ein recht klägliches Geheul aus.
    »Du hast aber nicht getan, was ich dir befohlen habe«, sagte Nosdrew, sich zu Porfiri wendend, nachdem er den Bauch des Hundes sorgsam betrachtet hatte. »Du hast ihn ja nicht gekämmt!«
    »Doch, ich habe ihn gekämmt.«
    »Wovon hat er denn die Flöhe?«
    »Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich sind ihm aus der Britschke welche

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