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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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»werde ich dir ein vorzügliches Paar Hunde zeigen: die Festigkeit ihrer Lenden ist einfach staunenerregend.« Damit führte er sie zu einem kleinen, sehr hübsch gebauten Häuschen, das von einem großen, ringsum eingeschlossenen Hofe umgeben war. Als sie auf den Hof traten, erblickten sie dort eine Menge Hunde, langhaarige und kurzhaarige, und von allen möglichen Farben und Schattierungen: gewellt, schwarz mit helleren Flecken, gewellt-scheckig, rotscheckig, schwarzohrig, grauohrig usw. Da waren alle möglichen Namen vertreten, zum Teil in der Befehlsform: Renne, Schimpfe, Flieg, Feuerbrand, Frechling, Kratze, Drauf, Bedränger, Ungeduld. Schwalbe, Prämie, Amme. Nosdrew nahm unter ihnen ganz die Stellung eines Vaters inmitten seiner Familie ein: alle stürmten sie mit aufgehobenen Schwänzen sogleich den Besuchern entgegen und begannen sie zu begrüßen. Etwa zehn von ihnen legten ihre Pfoten auf Nosdrews Schultern. »Schimpfe« ließ unserm Tschitschikow dieselbe Freundlichkeit zuteil werden; sich auf die Hinterpfoten hebend, leckte das Tier ihn mit der Zunge gerade auf die Lippen, so daß Tschitschikow sofort ausspuckte. Sie besahen nun die Hunde mit der staunenerregenden Festigkeit der Lenden; es waren gute Hunde. Dann besahen sie eine Hündin von krimischer Rasse; sie war schon blind; wie Nosdrew sagte, mußte sie bald krepieren, war aber vor ein paar Jahren noch sehr gut gewesen. Darauf gingen sie hin, um die Wassermühle zu besehen, bei der die Haue fehlte, auf der der obere, sich schnell um die Achse drehende Stein ruht. »Und nun wird gleich die Schmiede kommen«, sagte Nosdrew. Nachdem sie etwas weitergegangen waren, erblickten sie wirklich die Schmiede und besahen auch diese.
    »Auf diesem Felde da«, sagte Nosdrew und wies mit einem Finger auf ein Feld hin, »gibt es manchmal eine solche Menge Hasen, daß die Erde nicht zu sehen ist; ich selbst habe mit meinen eigenen Händen einen an den Hinterläufen ergriffen.«
    »Na, einen Hasen greift man nicht mit der Hand«, bemerkte der Schwager.
    »Aber ich habe ihn doch gegriffen; mit besonderer Absicht habe ich das getan!« antwortete Nosdrew. »Jetzt«, fuhr er, zu Tschitschikow gewendet, fort, »werde ich dich hinführen und dir die Grenze zeigen, wo mein Land anfängt.«
    Nosdrew führte seine Gäste über ein Feld, das an vielen Stellen mit kleinen Erdhöckern übersät war. Dann wieder mußten sich die Gäste durch Brachfeld und geeggtes Land hindurcharbeiten. Tschitschikow begann Müdigkeit zu verspüren. An vielen Stellen preßten ihre Füße unter sich Wasser heraus; so tief lag die Örtlichkeit. Anfangs hatten sie versucht, sich in acht zu nehmen und vorsichtig zu gehen; aber als sie dann sahen, daß dies zu nichts nützte, waren sie geradezu gegangen, ohne erst zu untersuchen, wo der Morast mehr oder weniger tief war. Nachdem sie eine tüchtige Strecke gegangen waren, sahen sie wirklich die Grenze, die aus einem hölzernen Pfahle und einem schmalen Graben bestand.
    »Da ist die Grenze!« sagte Nosdrew. »Alles, was du auf dieser Seite siehst, ist mein, und sogar auf jener Seite der ganze Wald, der da so bläulich schimmert, und alles, was hinter dem Walde liegt; das ist alles mein.«
    »Wann ist denn der Wald der deinige geworden?« fragte der Schwager. »Hast du ihn vielleicht unlängst gekauft? Früher gehörte er dir ja doch nicht.«
    »Ja, ich habe ihn unlängst gekauft«, antwortete Nosdrew.
    »Wann hast du es denn fertiggebracht, ihn so schnell zu kaufen?«
    »Ich habe ihn erst vorgestern gekauft und einen hohen Preis dafür bezahlt, hol’s der Teufel!«
    »Aber zu der Zeit warst du ja auf dem Jahrmarkt?«
    »Ach du Schlauer! Kann man etwa nicht gleichzeitig auf dem Jahrmarkte sein und Land kaufen? Na, ich war auf dem Jahrmarkte, und mein Verwalter hat hier in meiner Abwesenheit den Kauf abgeschlossen.«
    »Ja, na also der Verwalter«, sagte der Schwager, zweifelte aber auch hier und schüttelte mit dem Kopfe.
    Die Gäste kehrten auf demselben gräßlichen Wege nach Hause zurück. Nosdrew führte sie in sein Arbeitszimmer, in welchem übrigens nicht die Spur von den Dingen zu bemerken war, die man sonst gewöhnlich in Arbeitszimmern findet, nämlich von Büchern und Papieren; es hingen nur ein paar Säbel da sowie zwei Flinten, von denen die eine dreihundert, die andere achthundert Rubel gekostet haben sollte. Der Schwager schüttelte, nachdem er sie gesehen hatte, nur mit dem Kopfe. Dann wurden türkische Dolche gezeigt, auf deren einem

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