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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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und ihn über Bord riß. Dann kam wenig später dein Mann. Ich wollte ihn gar nicht hereinlassen, aber ich konnte ihn auch nicht loswerden. Er wollte, daß ich ihm vergebe. Einfach so! Vergeben! Und er redete ziemlich viel für seine Verhältnisse. Unter anderem sagte er, daß Giuliano zwischen die Bordwände geraten sei und er ihm deshalb nicht helfen konnte. Ja, zwischen die Bordwände!«
    »Und?«
    »Verstehst du denn nicht, Bruna? Luca und Mario sagten, daß sie alleine waren. Ugo dagegen sprach zuerst von Bordwänden und verbesserte sich anschließend. Das heißt doch, daß da noch jemand war. Ein anderer Kutter! Doch darüber wollen sie nicht sprechen. Ich habe versucht, Luca noch einmal alleine auszuquetschen, weil aus Mario sowieso nichts herauszubekommen ist. Der ist nur noch betrunken. Luca hat mir ausweichend geantwortet. Er sagte nur, daß Ugo wohl unter Schock stand. Ich möchte wissen, was draußen los war! Ich muß es wissen!«
    »Keine Ahnung, Eliana! Ugo hat sein Schweigen nicht gebrochen. Hast du den Behörden davon erzählt?«
    »Nein. Sie haben mich nicht einmal befragt. Und wenn ich anrufe, dann heißt es immer, sie könnten mir keine Auskunft geben, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Immer sehr höflich und nichtssagend.«
    »Du mußt es ihnen sagen, Eliana. Ugo ist tot, ihm kann nichts mehr passieren. Und vielleicht hat es auch mit Giuliano zu tun. Vielleicht hat Gubian auch Giuliano umgebracht. Komm, laß uns zusammen hingehen. Wenn wir beide bei der Guardia Costiera aufkreuzen, müssen sie mit dir reden, dann können sie dich nicht mehr abwimmeln.«
    »Ich werde darüber nachdenken. Vielleicht hast du recht. Aber heute bin ich zu müde. Die Trauerfeier war anstrengend und ich muß mich ausruhen. Wenn man zu den Behörden geht, muß man wissen, was man sagt.«
     
    Bruna war aufgeregt und nervös, als sie aus dem Haus trat. Sie blieb eine Weile auf dem Bürgersteig stehen und schaute sich hilflos um. Ob Sie mit Luca sprechen sollte, oder mit Mario? Mario wohnte nicht weit entfernt, um zu Luca zu kommen, müßte sie den Bus nehmen und zweimal umsteigen. Nein, Mario, sie mußte zu Mario, der sie immer gerne gemocht hatte. Auch später noch, als Ugo jeden Kontakt mit ihr abgebrochen hatte, war es immer Mario, der mit ihr redete, wenn sie sich zufällig auf der Straße trafen. Manchmal lud er sie auch zu einem Kaffee ein oder kam ins Kaufhaus, wenn er zufälligerweise in der Nähe war.
    Sie kam an der Markthalle vorbei, schlängelte sich zwischen den Autos hindurch, die sich am Largo Barriera Vecchia stauten und ging dann rasch die Via Madonnina hoch. An der Piazza Vico verspürte sie Durst und war so sehr außer Atem, daß sie in die »Bar Italia« ging, um ein Glas Wasser zu trinken. So aufgeregt wie sie war, wollte sie nicht bei Mario erscheinen. Doch als sie am Tresen stand und bestellte, legte sich eine Hand auf ihre Schulter.
    »Was machst du hier, Bruna?«
    »Mario! Ich wollte zu dir. Ich muß mit dir reden.«
    »Komm, setz dich.«
    Der Fernseher überm Tresen dröhnte aus den beiden großen Lautsprechern und aus der Ecke neben dem Eingang drang das Gesirre der Spielautomaten. Die Neonröhren tauchten die Bar in ein kaltes, unwirkliches Licht. Vor Mario auf dem kleinen Tischchen stand eine Glaskaraffe in der noch ein Fingerbreit Rotwein übrig war. »Gino, noch eine!« rief er dem Kellner zu, der stumm nickte. Bruna setzte sich auf den billigen, mit einer blaugelben Kunststoffschnur bespannten Stuhl.
    »Gibt’s was Neues?« fragte Mario. »Warum siehst du so besorgt aus?«
    Bruna spannte ihren Rücken und saß kerzengerade da. Mit beiden Händen hielt sie sich am Henkel ihrer Handtasche fest, die sie auf den Knien trug. »Ich will wissen, was mit Giuliano passiert ist! Mit wem habt ihr euch draußen getroffen?«
    Mario runzelte die Stirn und trank sein Glas aus. Er fixierte sie mißtrauisch und studierte ihre Gesichtszüge. Doch Bruna blieb bewegungslos.
    »Mit niemandem. Warum?«
    »Sag mir die Wahrheit, Mario! War es Gubian?« Sie faßte mit ihrer Hand seinen Unterarm. »Sag es mir!«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß es, Mario! Wie ist es passiert?«
    »Wie wir es gesagt haben, Bruna. Da war niemand sonst. Was ist mir dir los?«
    »Mario, ich weiß, daß du mich immer gerne gemocht hast. Lüg mich jetzt bitte nicht an.«
    »Es war Ugos Schuld! Wir hätten nicht fahren dürfen. Ich habe Ugo schon lange nicht mehr getraut, Luca auch nicht. Aber Giuliano. Giuliano

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