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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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lediglich ihren Blick und verstand, daß es ihr nicht gelungen war, ihn loszuwerden.
    »Ich bin der Vater von Manlio Gubian! Wer hat ihn umgebracht? Meinen Sohn, Elisabetta und die Kleinen!?« Seine Gesichtszüge waren wie versteinert. Er maß gut einen Meter achtzig, war überaus kräftig, hatte sehr große, gerötete Hände und war einfach aber sorgfältig gekleidet. Seine rechte Hand wirbelte vor Laurentis Gesicht. »Wenn Sie das Schwein nicht finden, kriege ich ihn. Es ist besser für ihn, wenn Sie schneller sind! Ich bring ihn um. Haben Sie eine Spur? Wissen Sie schon etwas?«
    Er hörte überhaupt nicht mehr auf zu reden. Sein Gesicht rötete sich vor Zorn und seine Stimme wurde immer lauter. Laurenti traute ihm trotz des Alters zu, seine Drohung in die Tat umzusetzen.
    »Basta!« Laurenti schrie ihn an, um seinen Redefluß zu bremsen. »Setzen Sie sich erst einmal, damit wir in Ruhe miteinander sprechen können. Marietta, bring uns bitte Kaffee!«
    Laurenti war froh, daß der Mann von sich aus gekommen war und sie ihn nicht endlos suchen mußten. Er war gestern gleich nach dem Anruf des Pfarrers mit seinem bejahrten japanischen Kleinwagen von Pola nach Triest gefahren.
    »Signor Gubian«, er rückte das Papier auf dem Tisch zurecht. »Es ist gut, daß Sie gleich gekommen sind. Sie müssen mir viel erzählen. Aber zuerst benötige ich Ihre Personalien.«
    Antonio Gubian war 1922 geboren und lebte in Pola. Er hatte Istrien außer für Tagesreisen nie verlassen, auch nicht nach 1945, als Tito versuchte, schnellstmöglich alle Italiener aus Istrien und Dalmatien loszuwerden und über 300000 Menschen vom Exodus, wie ihre Emigration in Italien genannt wurde, betroffen waren. Antonio Gubian war von Beruf Fischer und seit drei Jahren verwitwet.
    »Seit wann lebte Ihr Sohn in Triest?«
    »Seit 1967. Seine Mutter schickte ihn zur Tante, als er neun Jahre alt war.« Die Stimme des Alten bebte. Er hatte die Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt und rieb sich die geröteten Hände.
    »Standen Sie in regelmäßigem Kontakt mit Ihrem Sohn?«
    »Natürlich. Manlio verbrachte alle Ferien bei uns. Wir waren sehr stolz auf ihn. Er lernte gut. Er war tüchtig und ehrgeizig.«
    »Wo lebt die Tante?«
    »Sie lebt nicht mehr.«
    »Der Onkel?«
    »Sie war nie verheiratet.«
    »Ist Manlio in Contovello aufgewachsen?«
    »Nein, unten in Triest.«
    »Das Geschäft hat er schon lange?«
    »Den Laden gibt es schon lang, er hat ihn gekauft. Vor sieben Jahren. Damals war er fünfunddreißig.«
    »Abbezahlt?«
    »Ja.«
    »Hatte Manlio Schulden?«
    »Auf dem Haus liegt eine Hypothek. Sie haben es erst 1997 gebaut.«
    »Sonst nichts?«
    »Nein, das Geschäft geht gut. Er hat mir regelmäßig Geld geschickt. Die Rente in Kroatien ist klein.«
    »Wem hat Manlio etwas angetan, um eine solche Tat zu begründen?«
    »Manlio? Mein Sohn? Niemand!« Der alte Gubian sprang auf. »Manlio ist ein guter Junge!«
    »Signor Gubian, alle sagen, daß Manlio und seine Frau sehr beliebt waren. Aber wer hat sie dann umgebracht?« Laurenti blieb reglos auf seinem Stuhl sitzen, hob nicht einmal die Stimme. »Setzen Sie sich wieder!«
    »Sie sollen das herausfinden. Die Polizei! Wenn nicht, werde ich …« Gubian war zu aufgeregt, um den Satz zu vollenden.
    »Wir werden es herausfinden. Aber wir brauchen Hilfe. Also, wer hatte einen Grund? Es war kein blinder Anschlag, Gubian! Auch keine Verwechslung. Was hat Manlio getan, mit wem hatte er Streit? Wem schuldete er etwas? Wen hat er betrogen, belogen, bestohlen, verletzt, gedemütigt, wem etwas weggeschnappt? Nehmen Sie was Sie wollen, Gubian. Es gibt niemanden, der ausschließlich gut und beliebt ist. Niemanden! Auch kein Sohn!«
    Antonio Gubian brauchte einige Zeit, bis er diese bittere Wahrheit geschluckt hatte. Seine Schultern hingen kraftlos herab, er blickte auf die Finger seiner gefalteten Hände.
    »Niemand, Commissario! Es gibt niemanden der einen Grund hat, sich an meinem Sohn zu rächen. Fragen Sie, wen Sie wollen. Ich hoffte, Sie würden mir helfen …«
    In der Tat hatten sie bei den Befragungen im Pfarrhaus ausschließlich Gutes über Manlio Gubian und seine Frau Elisabetta gehört. Die Familie war beliebt, keiner wollte ein böses Wort über sie sagen, und selbst das Haus, das sie an den Abhang vor dem Kirchplatz in Contovello gebaut hatten, war bescheiden ausgefallen.
    »Wir werden den Täter finden, Gubian. Wie lange bleiben Sie in Triest?«
    »Bis zur Beerdigung. Wann werden die Leichen

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