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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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reden.«
    Widerwillig kam sein Sohn zurück und wartete, nervös in der Küchentür stehend, darauf, was sein Vater zu sagen hätte.
    »Was machst du in der Bar ›Bellavia‹?«
    »Wie, was mache ich da?«
    »Du bist öfters dort. Sie kennen dich mit Namen.«
    »Unsinn.«
    »Ich hab’s gehört. Als die Kellnerin die Getränke brachte.«
    »Ach so?«
    »Was hast du mit den Rechten zu tun?«
    »Nichts, Papà. Ich meine, ich kenne ein paar von denen, Freunde von Freunden.«
    »Mir gefällt das nicht, daß du mit denen zusammen bist!«
    »Warum? Ich habe nichts mit ihnen zu tun.«
    »Aber du gehst dort ein und aus. Die sind gefährlich, Marco.«
    »Die doch nicht! Die sind überhaupt nicht gefährlich. Die besaufen sich doch nur und gröhlen herum. Wenn wir auf dem Viale sind, gehen wir auch mal da hinein und nicht nur Eis essen bei Zampolli. Da sind nicht nur Faschos. Ich muß jetzt los, Papà.« Er trat nervös auf der Stelle.
    »Dann laß die erste Stunde sausen. Ich habe dich gestern abend nicht gesehen, vorgestern auch nicht. Und ich will, daß du mir jetzt erzählst, was du die ganze Zeit treibst.«
    »Das lag nicht an mir. Du warst nicht da. Ich schon!«
    »Aber jetzt bin ich hier. Und ich will, daß wir reden.« Laurenti wußte, daß sein Sohn recht hatte. Aber er war verkatert, schlecht gelaunt und gereizt und immerhin Marcos Vater.
    »Also gut.« Marco zog die Jacke aus und warf sie über einen Stuhl. Dann ging er zum Kühlschrank und nahm sich ein Glas Milch. Und schwieg.
    »Marco. Am Samstag abend haben sie in der ›Bellavia‹ jemanden umgebracht. Und ich will nicht, daß mein Sohn solchen Umgang hat.«
    »Ich weiß. Ich hab’s gesehen.«
    »Was?« Proteo konnte sich nicht mehr beherrschen und zitterte vor Wut. »Sag das noch einmal.«
    »Ich sagte, daß ich es weiß, weil ich es gesehen habe. Von weitem.«
    »Du warst dort?« rief Proteo.
    »Ja.«
    »Und das erzählst du mir nicht? Warum bist du nicht auf der Zeugenliste?«
    »Weil ich mich gleich verdrückt habe.«
    »Du bist noch keine achtzehn! Es reicht jetzt. Ich wünsche nicht, daß du weiterhin betrunken durch die Nacht ziehst und nach Hause kommst, wann es dir paßt. Ab heute bist du um Mitternacht zu Hause. Dann werden vielleicht auch deine Noten besser.«
    »Die sind gut.« Je mehr sein Vater sich aufregte, desto ruhiger wurde Marco. Fast gleichgültig. Das hatte er eindeutig von Laura, fuhr es Proteo durch den Kopf.
    »Aber sie könnten besser sein. Und den Umgang mit den Faschisten verbiete ich dir! Weißt du überhaupt, was die wollen?«
    »Das weiß doch jeder! Aber ich habe nichts mit ihnen zu tun. Die interessieren mich nicht das Schwarze unterm Fingernagel.«
    »Sollten sie aber!«
    »Zuerst sagst du, du willst das nicht, dann sollen sie mich plötzlich doch interessieren. Die ganze Politik interessiert mich nicht. Das ist was für euch Alte.«
    »Und wer war das Mädchen?«
    »Welche?«
    »Die, die …« Laurenti fiel ihr Name nicht mehr ein. »Die hübsche.«
    »Luciana oder Carla?«
    »Beide.«
    »Freundinnen, Papà. Hast du etwas dagegen?«
    »Du benutzt hoffentlich Präservative?«
    »Spinnst du eigentlich? Was hat das denn damit zu tun?«
    »Das ist wichtig!«
    »Das weiß ich selbst!«
    »Also, ich möchte endlich einmal wissen, mit wem du ausgehst. Und wer war gestern hier, und vorgestern? Außerdem könntest du wenigstens die Küche aufräumen, wenn deine Mutter schon meint, sie müßte sich aus dem Staub machen. Heute abend räumen wir zusammen auf. Um halb acht. Klar?«
    »Ja.« Marco zog seine Jacke an. »Ich muß jetzt gehen. Wir schreiben eine Arbeit.«
    »In was?«
    »Geschichte.«
    »Hoffentlich bist du vorbereitet! Wir reden heute abend weiter.«
    »Hoffentlich kommt Mamma bald zurück«, stöhnte Marco und ging grußlos hinaus.
    Laurenti goß Kaffee nach. Dann beschloß er, seine Mutter in Salerno anzurufen. Die alte Dame war sowieso immer früh auf den Beinen. Eine halbe Stunde lang klagte er ihr sein Leid. Sie empfahl ihm, Laura nicht anzurufen. Zumindest nicht vor Samstag. Eine Woche solle er ihr mindestens Zeit lassen. Sie müsse schmoren. Sie müsse sich von sich aus melden. Dann fragte sie, ob sie nach Triest kommen solle, wegen des Haushalts. Doch Laurenti lehnte ab und sagte, bisher würden sie das alleine schaffen.
    Die beiden nächsten Anrufe galten seinen Töchtern. Zuerst Livia, die bei der Wahl zur Miss Trieste im vergangenen Jahr den vierten Platz belegt hatte. Ungerechterweise, wie er danach überall

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