Die Toten vom Klan
denn der junge Mann schwankte und hätte sich aus eigener Kraft nicht auf den Beinen halten können. Die Wolke vor seinen Augen war noch immer vorhanden, wenn auch dünner, dennoch flössen die Gestalten ineinander, auch der Boden schwankte.
Wieder wurde er geschlagen. Diesmal trug ihn der Hieb auf einen Stuhl zu, dessen Fläche ein Muster aus Sägespännen zeigte. Der Mann mit der Machete trat zu ihm und drückte ihm den kalten Stahl gegen die Kehle. »Ich brauche die Waffe nur zu kanten, dann ist es mit dir vorbei, Nigger. Ein Schrei — und du bist verloren.«
Jerry Blake weinte noch immer. Seelischer und körperlicher Schmerz trieben ihn dazu. »Was… was… wollte ihr denn von mir?« brachte er heuchend hervor. »Habt ihr nicht schon genügend Leid gebracht, indem ihr einen Unschuldigen tötet?«
»Nigger sind nie unschuldig.«
Diese zynische Antwort bewies Jerry, mit welchen Menschen er es zu tun hatte. Nein, die besaßen kein Gefühl mehr. Bei ihnen war alles Menschliche ausgeschaltet. Das waren Bestien auf zwei Beinen.
»Wir werden wieder für Ordnung sorgen und die alten Hierarchien herstellen. Dabei haben wir einen großen Helfer. Du hast doch Mr. Voodoo erlebt? Er wird sich freuen, wenn er dich bekommt, das glaub mir mal, Nigger.«
Die Worte rotierten in Jerrys Kopf. Da die Schmerzen zu stark waren, bekam er sie nicht in die richtige Reihenfolge, hörte aber, wie jemand sagte: »Wir sollten gehen.«
»Augenblick noch!« zischte ein anderer.
»Was ist denn?«
»Da muß jemand gekommen sein. Jedenfalls habe ich einen Wagen kommen hören.«
Der Sprecher stand am Fenster, schaute hinaus, konnte aber nichts erkennen, da ihm das Wohnhaus die Sicht nahm.
Die anderen hatten es eilig und drängten ihn. »Kannst du etwas erkennen, oder hast du dich geirrt?«
Der Mann wartete noch. Es sah so aus, als wollte er seine Kapuze in die Höhe schieben, ließ er bleiben, brachte aber seine Augen bis dicht an die Scheibe und ärgerte sich, daß er keine Sonnenbrille trug, denn die Strahlen des schon tiefstehenden Balls fächerten über den Hof und erwischten auch die Fenster der Werkstatt.
»Ich habe mich nicht geirrt!« meldete der Klan-Mann.
»Okay, was sollen wir deiner Meinung nach tun?«
»Aufpassen, auf der Hut sein, aber unseren Plan nicht aufgeben. Schließlich sind wir wer und zudem höllisch stark.«
Das war genau die richtige Fonart, die auch die anderen hören wollten. Nur so konnten sie sich gegenseitig aufbauen. Sie hielten sich eben für etwas Besseres.
Jerry Blake verstand alles, obwohl die Schmerzen durch Kopf und Körper wühlten. Er hatte den Kopl gedreht, so daß er seinen toten Vater nicht anschauen mußte, das wäre für ihn eine zusätzliche Belastung gewesen.
Gleichzeitig war er soweit, daß er sich schon Vorwürfe machte. Er hätte es wissen müssen, daß diese Menschen keine Rücksicht nahmen. Die bastelten immer an Plänen, um ihre Vorhaben durchzuführen. Sie sprachen auch über Jerry. Zwei waren dafür, den jungen Mann zu knebeln, andere dagegen.
»Nein, er wird uns ersticken. Seine Nase sitzt zu, weil er geheult hat.«
»Seit wann bist du so rücksichtsvoll?«
»Quatsch keine Opern. Auch ich will den Nigger tot sehen, aber nach unseren Ritualen.«
»Ja, schon gut.«
Derjenige des Klans, der Jerry verteidigt hatte, kam auf ihn zu, blieb stehen und senkte den Kopf. »Du wirst mich bestimmt nicht enttäuschen, Junge. Halt nur dein Maul. Ein falsches Wort, dann schneiden wir dir den Hals durch.«
»Gut«, würgte er hervor.
»Jetzt brauchst du uns nur noch zu erzählen, wie wir ungesehen in eure Bude hineingelangen. Wie ich dich kenne, hat dein Alter bestimmt mehrere Ein— und Ausgänge gebaut.«
»Ja.«
»Dann rück raus damit!«
Jerry Blake blieb nichts anderes übrig, als den Klan-Männern eine genaue Beschreibung zu geben. Er schämte sich dafür, dachte an seine Mutter, die er in Gefahr brachte, und schalt sich selbst einen Feigling. Aber er konnte auch nicht über seinen eigenen Schatten springen. Die Vermummten waren mit seinen Worten zufrieden. Sie hatten ihn eingekreist. Er konnte sich gut vorstellen, daß sie unter den Kapuzen die Lippen zu einem dreckigen Grinsen verzogen hatten.
»Dann wollen wir mal«, sagte derjenige, der den Anführer spielte. »Das wird ein Tag der Freude. Heute werden wir zuschlagen. Dabei ist es egal, ob unsere Feinde weiß oder schwarz sind. Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns. Das bekommt jeder zu spüren…«
***
Natürlich
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