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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pupke
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liegen viele größere Steine herum, die von dem Steilhang abgebröckelt sind, auch Äste und Tannenzapfen.
    Da, endlich, die Treppe. Er klemmt sich den kleinen Hund unter den Arm und steigt hinauf. 70 Stufen sind es, er hat sie schon mehrmals gezählt. Oben setzt er das Tier auf den Boden und bleibt eine Weile stehen. Erst als er wieder ruhiger atmen kann, geht er weiter.
    Der Weg zurück nach Bansin führt bergauf, dicht an der Küste entlang. Immer, wenn er hier entlanggeht, stoppt Manfred am höchsten Punkt der Küste. Er bückt sich unter der Absperrung aus Holz hindurch und tritt dicht an das Steilufer. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick über die Ostsee, bei klarem Wetter bis zur polnischen Nachbarinsel Wollin. Auch heute folgt der dunkelhaarige Mann seiner Gewohnheit, obwohl natürlich kaum etwas zu sehen ist. Angestrengt versucht er, das Wasser zu erkennen, aber er sieht nur ein Nebelmeer. Er muss aufpassen, dass er nicht zu nah an die Kante tritt, hier ist der Abhang steil und über fünfzig Meter tief.
    Um Bobby, seinen Hund, braucht er sich nicht zu sorgen, der geht nie so dicht an den Steilhang. Sein aufgeregtes Bellen kommt aus einiger Entfernung, vielleicht hat er einen Hasen aufgespürt.
    Die dunkel gekleidete Gestalt hinter der dicken Buche kann Manfred Jahn nicht sehen. Als er plötzlich eine Stimme hört, steht er starr vor Schreck.
    Â»Du hättest aufpassen sollen!«
    Er spürt einen kräftigen Stoß, will sich festhalten, reißt einen kleinen Strauch mit sich. Kurz danach prallt sein Körper auf.
    Â»Wenn der Hund nicht so lange gebellt hätte, würde er vielleicht immer noch am Strand liegen.« Berta schüttelt betrübt den Kopf, als sie ihren Bericht beendet hat.
    Sophie ist tief betroffen. »Ich kann das gar nicht glauben. Er war doch gestern Abend erst hier. Na, das weißt du ja selbst.« Verwirrt sieht sie ihre Tante an. »Hat seine Frau ihn denn nicht vermisst? Wie lange mag er dort gelegen haben?«
    Â»Er soll ja jeden Sonntag um 8 Uhr morgens mit dem Hund gegangen sein. Und gegen Mittag haben sie ihn gefunden. Plötz sagt, er ist mit dem Kopf auf einen Stein gefallen und war gleich tot. Was seine Frau betrifft – na, du weißt ja. Die haben sie kaum wach bekommen.«
    Â»Ihre Nachbarn haben die Tür aufbrechen lassen«, mischt sich Renate ein, die auch mit am Tisch sitzt. »Denen war das nicht geheuer, weil der Hund so aufgeregt war und im Haus hat sich nichts gerührt. Wer weiß, ob die Jahn ohne Arzt überhaupt wieder aufgewacht wäre, so zugedröhnt, wie die war. Sie hat wohl auch noch Schlaftabletten genommen. Doktor Moll wollte sie ja ins Krankenhaus schicken, aber sie hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Wenn man vom Teufel spricht …«
    Doktor Moll kommt an den Stammtisch und grüßt freundlich. Er legt Frank Sonnenbergs Smartphone auf den Tisch und lächelt etwas verlegen, als die Frauen ihn erstaunt ansehen.
    Â»Ich musste Frau Jahn versprechen, das hier abzugeben«, erklärt er. »Sie hat es gestern Abend wohl versehentlich eingesteckt.«
    Â»Kommen Sie, Herr Doktor, trinken Sie einen Kaffee mit uns.« Berta rückt einen Stuhl zurecht. Während der schlanke, ältere Mann sich zögernd setzt, holt Sophie ihm eine Tasse. Sie stellt ihm Zucker und Sahne in Reichweite, aber das lehnt er ab und nippt vorsichtig. Niemand weiß so recht etwas zu sagen.
    Â»Ist Manfred Jahn wirklich von der Steilküste abgestürzt?«, beendet Berta das etwas peinliche Schweigen. Schließlich wissen es doch schon alle, also kann der Arzt sicher auch darüber reden.
    Der nickt. »Ja, es sieht so aus. Aber wie das genau passiert ist, kann ich natürlich nicht sagen. Das muss die Polizei feststellen.«
    Â»Die Polizei?« Sophie ist erstaunt. »Hat ihn denn jemand hinuntergestoßen?«
    Â»Nein – das heißt, das weiß ich natürlich nicht. Bei solchen Unfällen muss die Polizei immer ermitteln. Das Dumme ist, dass schon eine Menge Leute heute Vormittag da oben herumgetrampelt sind. Da wird es kaum noch Spuren geben, wenn denn welche da waren. Sie haben ja zunächst vermutet, dass Herr Jahn gefallen ist oder einen Herzanfall hatte und nun irgendwo im Wald liegt. Erst später haben sie am Strand gesucht.«
    Moll trinkt seine Tasse leer und will sich erheben. Aber so schnell lässt Berta ihn nicht

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