Die Toten von Bansin
eine halbe Flasche Weinbrand, während er nachdenkt, und schläft erst lange nach Mitternacht auf der Wohnzimmercouch ein. Als er am nächsten Mittag aufsteht, hat seine Frau das Haus bereits verlassen. Ihr Auto ist weg, auch ein groÃer Teil ihrer persönlichen Sachen. Am Abend ruft sie an und teilt ihm mit, dass sie auf dem Weg nach München ist, zu ihrer Freundin.
»Ich werde erst mal eine Weile dort bleiben. Ob ich überhaupt noch einmal zurückkomme nach Bansin, weià ich nicht. Im Moment glaube ich, eher nicht.«
»Okay«, stimmt Frank erleichtert zu. »Ich glaube auch, das ist für alle das Beste.«
Montag, 10. Dezember
Während Berta an diesem Vormittag das Mittagessen kocht, es soll im Kehr wieder Stampfkartoffeln geben, mit Lungwurst und süÃ-saurer SoÃe, denkt sie wieder über Manfred Jahn nach. Sie hat momentan einfach zu wenig Zeit für ihre Nachforschungen. An das ertrunkene Urlauberkind will sich hier vor Ort nach all den Jahren niemand mehr erinnern. Ja, da war etwas, so sagen sie, aber das ist alles schon so lange her ⦠Wenn sie wenigstens den Namen des Kleinen wüsste! Ohne polizeiliche Hilfe kommt sie in dieser Frage nicht weiter, aber sie braucht einen ruhigen Moment mit Fred, sonst nimmt der sie nicht ernst. Vielleicht bildet sie sich da wirklich nur etwas ein und es gibt einen anderen Zusammenhang. Sie sollte nicht nur in eine Richtung denken.
Manfred Jahns Tod könnte etwas mit seiner Tätigkeit in der Bank, genauer gesagt in der Kreditabteilung zu tun haben. Hat Sophie nicht auch mit ihm verhandelt, bevor sie die Pension umgebaut hat?
Als sie gemeinsam beim Essen sitzen, fragt sie danach. Sophie nickt. »Ja, klar, der hatte da schon einigen Einfluss, glaube ich. Meinst du, er hat jemandem kein Geld gegeben und derjenige hat ihn dafür die Steilküste runtergestoÃen?«
»Also, wenn du das so sagst, hört es sich ziemlich blöd an. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es da einen Zusammenhang gibt. Privat hat der doch bestimmt keiner Fliege etwas zuleide getan. Die Polizei könnte leicht herausfinden, wer da einen Kredit beantragt und nicht bekommen hat. »
»Ja, sicher. Wenn sie es wollen. Aber warum sollten sie? Sie halten den Sturz doch für einen Unfall.« Sophie blickt ihrer Tante ernst in die Augen und schiebt seufzend ihren Teller von sich. »Also, denken wir mal nach. Was hat Arno mit der Bank zu schaffen?« Plötzlich sieht sie erschrocken aus. »WeiÃt du, was mir gerade einfällt? Jahn hat Arno mal einen Kredit angeboten für ein Boot. Er will doch so Kutterfahrten oder Angelfahrten, was weià ich, mit Gästen machen. Ich kann mich daran erinnern, dass sie darüber gesprochen haben. Aber richtig zugehört habe ich damals natürlich nicht, ich weià auch nicht, ob Arno darauf eingegangen ist. Wahrscheinlich nicht, sonst hätte er ja jetzt einen Kutter.«
»Sören wollte einen Kredit aufnehmen, um sein Haus umzubauen«, überlegt Berta. »Und Brinkmann hat auf jeden Fall Kredite laufen, genau wie du.«
»Das stimmt, bringt uns aber kein Stück weiter. Was glaubst du, wer alles auf Pump lebt? Meinst du wirklich, da läuft einer herum und tötet alle, die Schulden bei der Bank haben?«
»Ach, Schieter, ich weià doch auch nicht. Aber es muss einen Zusammenhang geben.«
»Na gut. Fangen wir mal mit Töpfer an. Was weiÃt du von dem eigentlich? Hat inzwischen jemand eine Idee geäuÃert, warum der auf dem Bahnübergang stand?«
Berta zuckt die Schultern. »Nein. Für den scheint sich überhaupt kein Mensch in Bansin zu interessieren. Das könnte wirklich ein Selbstmord gewesen sein, auch wenn kein Abschiedsbrief da war.« Sie denkt eine Weile nach. »Vielleicht hat der sich umgebracht und seine Frau rächt sich nun an allen, die ihm etwas getan haben könnten. Du solltest Arno mal fragen, ob er irgendetwas mit Manfred Jahn zu tun hatte.«
»Vielleicht hat er ihm keinen Fisch verkauft, oder er war zu teuer.«
»Na schön. Mach du mal deine Witze, ich werde jedenfalls mal sehen, was die Witwe Töpfer so treibt. Ich kann mich nur beim besten Willen nicht an diese Frau erinnern. Dabei kenne ich doch eigentlich alle in Bansin. Vielleicht heiÃt sie ja inzwischen anders? Aber ich werde sie schon finden.«
Am Nachmittag fährt Berta mit Anne zu Aldi . Sie lassen sich Zeit beim
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