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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pupke
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seltsam‹, hatte sie gedacht, ›seit diese Frau hier aufgetaucht ist, läuft bei mir alles schief.‹ Sie hasste die Blicke zwischen Frank und Sophie, auch den besonderen Ton, der zwischen ihnen herrschte und fürchtete, dass es mehr war als Sex, was die beiden verband. ›Es ist so ungerecht! Was hat diese Frau, was ich nicht habe? Sie sieht nicht besonders aus, ist nicht besonders klug, sie hat ja nicht mal Abitur. Und sie ist sogar noch fünf Jahre älter als ich. Aber alles scheint ihr zuzufallen. Ich bin nett zu den Leuten, sie ist einfach so überall beliebt. Ich muss mir alles schwer erarbeiten, sie erbt mal eben ein Hotel. Und nun bekommt sie auch noch meinen Mann. Sie bemüht sich nicht einmal besonders um ihn, anscheinend ist er sogar derjenige, der die Beziehung sucht und aufrechterhält.‹ Frank hielt ganz unverholen ziemlich viel von der Berlinerin. Als Jenny über eine Zusammenarbeit mit ihr nachdachte, hatte er sie dazu ermuntert. »In Sophie steckt viel mehr, als du glaubst.« ›Das ist mir egal, was in der steckt‹, hatte sie gedacht, ›so lange du es nicht bist.‹
    Jenny war sich sicher, wenn sie Frank daraufhin anspräche, würde er das Verhältnis sofort zugeben. Wahrscheinlich würde er erleichtert sein, denn Lügen und Heimlichtuerei entsprechen gar nicht seinem Charakter. Sicher war es Sophie, die nicht wollte, dass ihre Beziehung zu einem verheirateten Mann bekannt würde. Das sähe ihr ähnlich, dieser falschen Schlange. Und natürlich – sie war geschäftlich ziemlich abhängig von der Agentur. Vermutlich würde sie lieber auf Frank verzichten als auf die Geschäftsverbindung zu seiner Frau. Es schien ihr Vorteil zu sein, dass sie die Situation überblickte, während die beiden glaubten, sie wäre völlig ahnungslos. Sie hasste ihre Rivalin, die hielt sie für eine Freundin. Jenny hatte nicht viel zu verlieren. Jedenfalls nichts, was ihr nicht ohnehin entglitt, wenn sie gar nichts tat. Frank, ihr hübscher, netter, egoistischer, aber völlig ahnungsloser Mann war ihrer weiblichen Raffinesse hilflos ausgeliefert. Er hatte seine Frau nie richtig gekannt, das wollte sie skrupellos ausnutzen. In jenen Tagen wurde sie eine neue Jenny Sonnenberg. Eine Kämpferin. Nett war gestern, gut, hilfsbereit und freundlich hatte nichts als Probleme gebracht.
    Trotz allem muss sie noch immer darüber grinsen, dass ihr damals Brecht einfiel: »Ich wär auch lieber gut, anstatt so roh, doch die Verhältnisse, die sind nicht so.«
    Der Kampf konnte beginnen. Sie wollte Sophie Kaiser vernichten. Dieses dumme Weib, das ohnehin keine Ahnung vom Tourismus und mehr Glück als Verstand hat, sollte aus Bansin verschwinden. Wenn die Gäste ausblieben, wenn ihr das Geschäft über den Kopf wuchs und sie die Raten an die Bank nicht mehr zahlen könnte, würde sie ganz schnell aufgeben. Und dann – wer wäre besser geeignet, das Haus wieder gewinnbringend zu betreiben, als sie selbst? Als Hotelier könnte sie ihre Verbindungen und ihre Erfahrungen mit Reiseunternehmen nutzen.
    Wichtig war nur, dass niemand etwas von ihren Plänen ahnte. Sie musste ihre Maske aufbehalten und, wenn es auch schwerfiel, noch freundlicher zu Sophie sein. Die durfte gar nicht auf die Idee kommen, dass Jenny Sonnenberg nicht ihre wohlmeinende Freundin und verlässliche Geschäftspartnerin war.
    Damit ist sie gründlich gescheitert. Wie wird es nun weitergehen? Mehr als eine Anzeige und Strafe fürchtet sie den Spott der Bansiner und die Verachtung ihres Ehemannes. Das erträgt sie nicht. Sie packt zwei Koffer und eine Reisetasche, findet einen großen Karton im Keller, den sie mit Schuhen füllt und auf den Rücksitz ihres Autos stellt. Zuletzt steckt sie ein Foto von Frank, das auf ihrem Schreibtisch steht, in die Handtasche. Jenny Sonnenberg fühlt sich jetzt völlig nüchtern, verschließt aber das Auto und legt sich ins Bett, nachdem sie den Wecker auf 8 Uhr gestellt hat.
    Frank ist schon auf dem Weg zum Schlafzimmer, dreht dann aber um und geht ins Wohnzimmer. Soll Jenny ihren Rausch erst mal ausschlafen, morgen wird er ein ausführliches Gespräch mit ihr führen und danach entscheiden, wie es weitergehen soll. Er ist sich nicht schlüssig, ob er seine Ehe fortsetzen will. Das wird von ihrem Verhalten abhängen.
    Frank Sonnenberg mag noch nicht ins Bett gehen. Er trinkt noch

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