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Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
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schließlich der Ruf der Ferne wieder lauter, und diesmal blieb ich weg. Ich jobbte mich durchs Land, kam überallhin. War im Norden, Süden, Osten und Westen. Bis, und jetzt kommen Sie wieder ins Spiel, lieber Leser, bis ich im Cottage hängen blieb.
    Ich erzähle Ihnen das alles, um Sie daran zu erinnern, dass ich aus der Gegend stamme. Wahrscheinlich war ich der einzige Vollzeitprotestierer, auf den das zutraf. Und ich war ganz sicher der einzige Vollzeitprotestierer, dessen letzter fester Wohnsitz offiziell in Woodlands lag.
    Meine Mum freute sich natürlich darüber, dass ich wieder in der Gegend war. Ab und zu fuhr ich hin und besuchte sie. Sonntags in der Regel, weil das der einzige Tag war, an dem ich sicher sein konnte, dass sie nicht arbeitete. Einmal habe ich sogar Claire mitgenommen. Wir saßen im Wohnzimmer, tranken Mums Tee, aßen die Kekse, die sie im Happy Shopper gekauft hatte, und für mich war das alles ganz real. Verstehen Sie? Real auf die Art, wie ich es wollte. Als wären wir ein richtiges Paar und Claire das Mädchen, das mit nach Hause gebracht wird, um die Eltern des Freundes kennenzulernen. So eine Hübsche , sagte meine Mutter immer wieder, so eine Hübsche. Sie hatte keine Ahnung von unserem Protest, und so sprachen wir nur sehr wenig darüber. Ich hatte Claire vorher erklärt, dass das keinen Sinn haben würde. Das tägliche Leben war anstrengend genug für meine Mum. Sie hatte weder die Zeit noch die Energie und längst nicht mehr die Hoffnung, an dieser Welt etwas zu ändern.
    Seit langer Zeit schon ist mir bewusst, dass jener Nachmittag mit Claire bei meiner Mum und das Wochenende, an dem Tom meine Mum und mich mit nach Blackpool nahm, in meinem Gedächtnis Seite an Seite stehen, als Erinnerungen an vollkommene Momente, vollkommene Zwischenspiele. In denen das Leben war, wie es sein sollte. Natürlich greife ich damit vor, aber ich habe Ihnen gleich gesagt, dass ich die Dinge zerteilen und vermischen werde. Sie können nicht sagen, ich hätte Sie nicht gewarnt.
    Zum Abschied nahm meine Mum uns beide in den Arm ế Wir verzichteten auf den dreckigen Aufzug und gingen die Treppe hinunter. Übersprangen einzelne Stufen, hielten einander bei den Händen und sangen sogar ein Lied, das wir beide mochten (The Beat, Stand Down Margaret). Ein Trupp kleiner Kinder nahm Reißaus, als wir unten zur Tür herauskamen. Meiner Erinnerung nach machte es uns nicht mal was aus, dass sie den Lack des MG auf einer Seite über die ganze Länge zerkratzt hatten. Wacht auf, Verdammte dieser Erde , rief Claire ihnen nach. Dann sah sie hoch zu meiner Mum und suchte nach dem richtigen Fenster, um ihr zuzuwinken.

16
    Für den Fall, dass sie schnell durch dichten Verkehr mussten, bestellte Jacobson einen Streifenwagen, um zum Krankenhaus zu kommen. Robinson, der Pathologe, hatte Martin Groves Obduktion für vier Uhr ansetzen können. Das war eine glückliche Fügung, bedeutete es doch, dass Jacobson, wenn nötig, einen offiziellen Grund dafür hatte, dass er seine Teilnahme an der Pressekonferenz zeitlich hatte begrenzen müssen. Sein plötzliches Davoneilen war durchaus dazu angetan, von Greg Salter zu einem Disziplinarvergehen aufgeblasen zu werden, wenn sich sein kleiner, engstirniger Geist denn daran verhakte (oder die ständig im Hintergrund agierende Mrs Salter ihn darauf stieß). Rechtzeitig zu einer Obduktion kommen zu müssen war ein solider, professioneller Grund. So etwas ging vor. Manchmal vermochte Papier einen Stein einzuwickeln. Aber die Schere schnitt Papier.
    Robinson hatte einen neuen Assistenten. Eine Frau, was für Jacobson nicht recht zu dem Job passen wollte. Candice Black . Diesmal schien Dr. Black aber nur Zusehen und lernen zu wollen. Als Jacobson hereinkam, saß sie hinter der Glasscheibe im Besucherbereich, neben dem Vertreter der Staatsanwaltschaft. Einer der älteren Beamten der Spurensicherung war ebenfalls da und vertrat Jim Webster. Gelegentlich erschienen zu einer Obduktion auch Assistenzärzte, Doktoranden, Famuli oder wie immer sie genannt wurden (selbst nach all den Jahren hatte Jacobson noch keine klare Vorstellung von der Mediziner-Hierarchie). Heute jedoch waren, ihn selbst eingerechnet, nur vier Beobachter zugegen.
    Ein Mitarbeiter hatte Martin Grove bereits hereingerollt. Der Leichnam war vollständig bekleidet, und die Hände steckten noch in den Papiertüten, die man am Tatort über sie gestülpt hatte. Wie bei allen Erschießungsopfern waren Groves Hände und Kleidung

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