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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Phantastereien, Sie haben sich …«
    »Nun lassen Sie mich erst mal zu Ende reden. Ich glaube nicht, daß Sie zu Jackson gingen mit der Absicht, ihn umzubringen; Sie wollten ihn vielmehr einschüchtern und …«
    »Also ich kann mir das wirklich nicht länger mit anhören«, unterbracht ihn Richards heftig. »Sie sind völlig auf dem Holzweg! Es stimmt, daß ursprünglich geplant war, daß Charles – wohlgemerkt Charles, nicht ich! – Jackson einen Besuch abstatten sollte.
    Und Sie können mir glauben, daß er wahrscheinlich nicht gerade sanft mit ihm umgesprungen wäre! Charles ist leicht reizbar und kann sich dann nur schlecht beherrschen. Aber zu diesem Besuch kam es nicht mehr. Weil Jackson vorher umgebracht wurde. Für Charles war die ganze Sache damit erledigt – wenn Jackson tot war, konnte ihm ja nichts mehr passieren.«
    »Sie waren also an dem Freitagabend nicht bei Jackson?«
    »Nein.«
    »Wo waren Sie dann?«
    »Ich weiß es nicht mehr«, sagte Richards. »Ich kann mich einfach nicht mehr erinnern. Meistens bin ich abends zu Hause; ab und zu gehe ich allerdings auch in den Pub gleich um die Ecke.«
    »Aber am Freitagabend waren Sie nicht dort?«
    »Vielleicht doch. Ich sagte Ihnen ja eben schon, ich erinnere mich nicht mehr an den Abend.«
    »Wenn Sie zu Hause waren, was werden Sie dann gemacht haben? Haben Sie ferngesehen?«
    »Ich habe keinen Fernseher. Ich nehme an, daß ich gelesen habe.«
    »Und was?«
    »Ich sitze schon seit längerer Zeit an Gibbons Geschichte vom Aufstieg und Fall des Römischen Weltreichs. Ein unglaublich faszinierendes Buch …«
    »Wie weit sind Sie denn da bis jetzt gekommen?«
    »Bis Band vier. Die Einnahme und Plünderung Roms durch Alarich.«
    »Steht das nicht im Band drei?«
    »Das kommt darauf an, welche Ausgabe Sie haben.«
    Morse ließ es hingehen. »Jackson bat Sie also ins Haus, und was dann?«
    Richards lächelte nachsichtig und ein wenig amüsiert. »Sie scheinen keine besonders hohe Meinung von meiner Intelligenz zu haben, Inspector.«
    Morse schüttelte den Kopf. »Nein, Sir, da irren Sie sich. Im Gegenteil – noch dazu, wo ich gerade von Ihnen erfahren habe, daß Sie Gibbon lesen. Aber kommen wir noch einmal zurück zu dem Mord an Jackson. Ich werde Ihnen jetzt erzählen, wie ich mir denke, daß es passiert ist. Wichtig erscheint mir vor allem festzuhalten, daß die Tat nicht geplant war. Ich glaube, daß der Besuch bei Jackson eigentlich nur dazu dienen sollte, ihn zu bewegen, etwas herauszurücken?«
    »Und was?«
    »Einen Brief. Jackson hatte am Montag und Dienstag für Ms Scott gearbeitet; er hatte ihr die Gartenmauer ausgebessert. Am Mittwoch ging er noch einmal hinüber, weil er gemerkt hatte, daß er seine Kelle und sein Mörtelbrett drüben bei ihr vergessen hatte. Um in den Garten zu gelangen, mußte er durch die Küche – und dort entdeckte er ihre Leiche. Er war ein mieser Typ und fand wohl, dies sei eine günstige Gelegenheit, sich einmal ungestört umzusehen. Irgendwo lag dann der Brief, und er steckte ihn ein. Zuerst dachte ich, es müsse sich um einen Abschiedsbrief handeln; man kann sich leicht vorstellen, daß er, egal ob er nun anklagend oder voller Verzeihung war, in jedem Fall für Ihren Bruder höchst unangenehm gewesen wäre. Ich habe inzwischen jedoch meine Meinung in diesem Punkt geändert. Ich glaube jetzt, daß der Brief, den Jackson fand, ein Brief war, den Ihr Bruder an Ms Scott geschrieben hatte, und daß der Inhalt in etwa lautete, zwischen ihnen sei alles aus, er könne ihr nicht helfen und sie müsse selbst zusehen, wie sie zurechtkäme. Ich denke, daß sie den Brief gerade am Morgen bekommen hatte und daß er der entscheidende Auslöser war für ihren Entschluß zum Selbstmord.«
    »Und haben Sie diesen Brief?« fragte Richards kühl.
    »Nein«, sagte Morse. »Nein, wir haben Jacksons Haus gründlich durchsucht, aber er hat sich nicht gefunden. Ich bin jedoch überzeugt, daß er noch irgendwo dort versteckt ist …«
    »Merken Sie nicht selbst, daß das, was Sie da eben ausgeführt haben, auf tönernen Füßen steht?«
    »Das würde ich so nicht sagen. Ich weiß zufällig, daß Ihr Bruder ein paar Tage später in Jacksons Schuppen eingedrungen ist, um dort nach etwas zu suchen. Oder waren Sie das, der da den Weidenkorb durchwühlt hat?« Er sah Richards scharf an.
    »Er soll in einen Schuppen eingedrungen sein?« Richards lachte ungläubig.
    Morse ließ sich nicht beirren. »Ihr Bruder nahm zu diesem Zeitpunkt an, daß,

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