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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Küchentisch. Jackson findet ihn und steckt ihn ein. Danach wird er es eilig gehabt haben wegzukommen. So eilig, daß er sogar vergißt, weswegen er eigentlich gekommen ist, und das Mörtelbrett und die Kelle bleiben im Garten liegen. Und hier haben Sie auch die Erklärung für die offene Tür. In der Eile vergißt er, hinter sich abzuschließen.«
    »Aber sie wußte doch, daß Jackson den Schlüssel noch hatte. Hätte sie da nicht, wenn sie vorhatte, sich umzubringen, den Schlüssel von innen stecken lassen, um ganz sicher zu sein, daß sie nicht vielleicht von ihm überrascht würde?«
    Morse ließ den Einwand nicht gelten. »Möglicherweise wollte sie auf diese Art und Weise sogar dafür sorgen, daß sie gefunden wird, wer weiß. Aber bleiben wir mal bei Jackson. Nachdem er wieder in seinen eigenen vier Wänden ist, liest er sich erst einmal den Brief durch.«
    »Aber Sie haben doch gestern nachmittag gesagt, daß Sie herausgefunden hätten, daß er vermutlich weder lesen noch schreiben konnte.«
    Diesmal überging Morse den Einwand der Einfachheit halber gleich. »Der Adressat des Briefes ist der Mann, der jahrelang ihr Geliebter gewesen ist, zu dem sie in den letzten Wochen erneut eine Beziehung aufgenommen und dem sie erst vor wenigen Tagen einen verzweifelten Brief geschrieben hat – Charles Richards, vermutlich ihre einzige große Liebe. So ein Abschiedsbrief, ob er nun voller Anklagen ist oder Verzeihung, ist für den Empfänger immer eine schlimme Sache – jedenfalls bestimmt nichts, was er irgendwie in die Öffentlichkeit gezerrt sehen möchte. Das dürfte Jackson, wenn es ihm nicht schon gleich klar war, ziemlich schnell begriffen haben, als er ihn las, und es bringt ihn auf eine Idee. Aber klammern wir diesen Punkt erstmal aus. Bleiben wir bei den weiteren Ereignissen dieses Tages. Außer Jackson taucht nämlich auch noch Celia Richards in Canal Reach Nr. 9 auf. Ich bin ziemlich sicher, daß Jackson ihr Besuch nicht entgangen ist, genauso wie er mitbekommen hat, daß ich da war. Er hat natürlich nicht die leiseste Ahnung, daß es sich bei ihr um Mrs Charles Richards handelt – die Frau des Mannes, an den Anne Scotts Brief gerichtet ist. Als er sieht, wie sie so ohne weiteres das Haus betritt, fällt ihm jedoch ein, daß er vergessen hat, hinter sich abzuschließen, und daß er auch noch den Schlüssel hat. So geht er, als sie (und ich) wieder weg sind, hinüber und steckt den Schlüssel durch den Briefschlitz. – Genauso hat sich alles abgespielt, Lewis, da können Sie Gift drauf nehmen.«
    »Kann schon sein«, murmelte Lewis und wischte sich mit einem Kartoffelchip etwas Eigelb aus dem Mundwinkel.
    »Hat Sie wohl nicht sehr beeindruckt, was?«
    »Na ja, um ganz ehrlich zu sein, das meiste habe ich mir selbst schon so vorgestellt und Bell und seine Leute bestimmt auch.«
    »Ach, wirklich?« fragte Morse etwas beleidigt, leerte sein Glas und schob es zu dem Sergeant hinüber. »Für ein Bier haben wir gerade noch Zeit.«
    Lewis schob ihm das Glas über den Tisch zurück und stellte sein eigenes daneben. »Ich habe die beiden letzten bezahlt; für mich aber nur noch ein kleines bitte, Sir.«
    »Wie ich eben schon angedeutet habe«, begann Morse, als er mit den Bieren wieder zurück war, »bringt der Brief Jackson auf eine Idee – Charles Richards zu erpressen. Anne Scotts Abschiedsbrief ist somit das Verbindungsstück zwischen den Fällen Scott und Jackson.«
    Lewis nickte. »Jackson scheint ja zunächst mit seinem Plan Erfolg gehabt zu haben. Am Tag vor seiner Ermordung hat er auf sein Konto bei Barclay’s zweihundertfünfzig Pfund eingezahlt. Ich denke mir, er hat Richards geschrieben oder ihn angerufen, und der hat sich erst einmal bereit erklärt zu zahlen – als Köder sozusagen. Sie haben eine Vereinbarung getroffen, wo das Geld zu hinterlegen sei, und dann hat Richards den Ort beobachtet und ist Jackson, als er sich das Geld geholt hat, gefolgt. Ein paar Tage später hat Richards ihn dann aufgesucht. Vielleicht wollte er ihn gar nicht umbringen, sondern ihm nur drohen und ihn dazu bringen, den Brief herauszurücken. Aber in der Wut ist es dann passiert.«
    Morse schüttelte den Kopf. Lewis hatte eben einen möglichen Tathergang geschildert, aber in Wirklichkeit war es anders gewesen – mußte es anders gewesen sein. »Sie haben sicher in vielen Punkten recht, Lewis, aber in einem ganz sicher nicht – Charles Richards kann es nicht gewesen sein, der Jackson umgebracht hat. Und bis jemand

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