Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
»Wir sollten die beiden Sätze von Büchern für die russischen Projekte überprüfen, von denen Dourado dir erzählt hat.«
»Die Russen – und wir sind uns ziemlich sicher, dass sie es sind – sind so aufgeschreckt, dass sie dich und Consuelo Jiménez bedrohen«, sagte Ramírez.
»Das ist ziemlich schweres Geschütz, wenn sie sich nur um ein bisschen Geldwäsche sorgen.«
»Geld ist das, was die Mafia am Laufen hält«, sagte Ramírez.
»Oder verbirgt sich hinter dem Vega-Szenario etwas Schlimmeres, was bei einer Mordermittlung ans Licht kommen könnte?«
»Ich habe mir heute Morgen den argentinischen Pass auf den Namen Emilio Cruz noch einmal genauer angesehen«, sagte Ramírez. »Er hatte auch ein gültiges Visum für Marokko. Genauer gesagt, enthielt der Pass insgesamt fünf marokkanische Visa. Vier waren unbenutzt abgelaufen. Das fünfte war gültig bis November 2002. Das heißt, er hätte mit Auto und Fähre in fünf Stunden in Tanger sein können, mit dem Flugzeug sogar noch schneller. Jemand, der ständig so in Bereitschaft lebt – und dabei so gut vorbereitet ist –, tut das nicht ohne Grund.«
»Du meinst, er ist ausgebildet?«, fragte Falcón.
»Die Frage ist nur, ob vom organisierten Verbrechen, einer terroristischen Vereinigung oder einer Regierung.«
»Sein Management-Stil, bei dem keine Abteilung wusste, was die andere tat«, sagte Falcón. »Und Krugman hat davon gesprochen, wie wichtig ihm Hierarchie und die Disziplin auf den Baustellen war. Er sagte, das hätte ihn an eine militärische Ausbildung erinnert.«
»Vielleicht ist er vom Militär ausgebildet worden und setzte dann seine Fähigkeiten für kriminelle oder terroristische Zwecke ein.«
»An Terrorismus denken wir nur wegen der Erwähnung des 11. September auf der Notiz in seiner Hand«, sagte Falcón. »Ich weiß nicht, wie viel Bedeutung wir einer Notiz beimessen können, bei der er seine eigene Schrift nachgezeichnet hat. Marty Krugman hat endlos mit ihm über den 11. September geredet, und auch er konnte keinen Sinn darin erkennen.«
Cristina Ferrera klopfte an die Tür.
»Es gibt ein Postfach auf den Namen Emilio Cruz im Postamt von San Bernardo«, sagte sie. »Aber geraten Sie nicht gleich aus dem Häuschen. Es ist leer, und seit dem vergangenen Jahr sind keine Sendungen mehr eingegangen.«
»Was für Briefe hat er denn bekommen?«
»Der Postbeamte erinnerte sich nur daran, dass jeden Monat ein Brief mit US-amerikanischen Marken gekommen ist.«
»Irgendwas über Alberto Montes?«
»Noch nicht«, sagte sie und schloss die Tür.
Die beiden Männer wandten sich wieder dem Fenster zu.
»Was stand in dem Brief an seine Frau?«
»›Es tut mir Leid… verzeih mir… ich habe versagt…‹ – der übliche Mist«, sagte Ramírez.
»Irgendetwas darüber, dass man sie schützen oder sich um sie kümmern wird?«
»Am Ende hat er geschrieben: ›Mach dir keine Sorgen, man wird sich gut um dich kümmern‹«, sagte Ramírez. »Sind wir vielleicht paranoid?«
»Und hatte sein zweiter Mann, der Inspector, irgendetwas zu sagen?«
»Nichts. Er war einfach nur schockiert von der ganzen Sache.«
»Genau wie der Rest der Truppe«, sagte Falcón. »Wenn Montes abkassiert hat, dann auf eigene Faust.«
»Und wenn er abkassiert hat, muss er das Geld irgendwo aufbewahren. Außerdem muss er seine Frau wissen lassen, wo es ist und wohin sie gehen muss, um es zu bekommen.«
»Ich werde jetzt Comisario Elvira Bericht erstatten«, sagte Falcón. »Finde heraus, wer Montes’ Anwalt war.«
Bevor Falcón seinen Bericht erstatten konnte, ließ Elvira eine Fotokopie des Briefes machen und ging ihn mit einem seiner Bleistifte durch wie eine Hausarbeit. Bei seinem Bericht hielt sich Falcón strikt an die Fakten und stellte keinerlei Mutmaßungen an.
»Ich möchte Sie auffordern, eine Meinung zu äußern, Inspector Jefe«, sagte Elvira, als er fertig war. »Dies ist der erste Selbstmord, den wir je in der Jefatura hatten. Die Medien werden sich für den Fall interessieren. Der Diario de Sevilla hat schon angerufen.«
»Bis letzte Woche kannte ich Montes nur vom Sehen«, sagte Falcón. »Ich habe ihn nach einem Mann namens Eduardo Carvajal gefragt, ein Name, der in Rafael Vegas Adressbuch stand und den ich von meiner Ermittlung im Fall Raúl Jiménez im vergangenen Jahr kannte.«
»Der Name ist mir bekannt«, sagte Elvira. »Ich habe in Málaga gearbeitet, als er bei einem so genannten Autounfall ums Leben kam. Er war der
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