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Die Toten von Santa Lucia

Die Toten von Santa Lucia

Titel: Die Toten von Santa Lucia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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Aufzeichnungen aus der Studienzeit meines Vaters mit vielen Namen von Professoren und Autoren und Verweisen auf Quellen und Zeitungsartikel, das würde mir alles sowieso nichts sagen. Das war’s.« Sie stieß die Luft aus.
    »Ich verstehe kein Wort«, brummte Gentilini genervt, »Sonja, kannst du bitte übersetzen, was sie gesagt hat?«
    »Aber was hat Liberos Tod mit diesen Unterlagen meines Vaters zu tun?«, fragte Luzie in gebrochenem Italienisch, als Sonja das Wesentliche zusammengefasst hatte.
    »Zazzera hat jemanden zu erpressen versucht«, sagte Gentilini langsam und deutlich.
    »Und er ist erschossen worden«, murmelte Luzie, jetzt wieder auf Deutsch. »Das ist ja schrecklich! Hätte ich ihm das Zeug nur nicht gegeben …« Sie fing erneut an zu weinen. Als sie sich beruhigt hatte, fragte sie, wo und wann die Sache passiert war.
    »In der Via Palepoli, am helllichten Tag, draußen auf der Straße.«
    »Ich muss unbedingt in die Wohnung«, sagte Luzie, »ich habe ein paar Klamotten dagelassen, weil ich nicht alles nach Stromboli mitnehmen wollte, und den kleinen Koffer …«
    »Sonja, frag sie bitte, wie sie an die Wohnung rangekommen ist!«, unterbrach Gentilini ungeduldig. »Ho capito benissimo«, sagte Luzie schnippisch, »ich habe die Wohnung gemietet.«
    »Wie hast du Fusco kennen gelernt?«, bellte Gentilini von vorn.
    »Das geht ihn gar nichts an«, fauchte Luzie auf Deutsch zurück. »Wer ist das überhaupt und was …«
    »Luzie, bitte, das ist Commissario Gentilini, er ist ein Freund von Lion und auch von mir und hilft uns …«
    »Aber er braucht nicht so zu bellen! Wie heißt das auf Italienisch? Non gridare!«
    Der Wagen bremste scharf und hielt am Straßenrand. Gentilini drehte sich zu ihnen um und brachte ein grimmiges Lächeln zustande.
    »Scusa.«
    Luzie funkelte ihn wütend an. »Okay«, sagte sie dann.
    »Also? Come l’hai conosciuto?«
    Gentilini fuhr wieder weiter, und Luzie erzählte – erst auf Italienisch, dann wechselte sie doch in ihre Muttersprache, und Sonja übersetzte. In dem Umschlag, sagte Luzie, habe auch eine Postkarte gesteckt.
    »Die muss ich damals übersehen haben«, murmelte Sonja.
    »Sie steckte irgendwo zwischen den Seiten«, fuhr Luzie fort, »und als ich die Unterlagen zum ersten Mal genauer durchgeblättert habe, ist sie herausgefallen.«
    Auf der Karte stand in Druckbuchstaben, also gut leserlich, ein Gruß an Sonja – sie sah ihre Mutter kurz an, »das kannst du dann ja selber lesen« – und drei Namen, an die Sonja sich im Falle des Falles wenden könne, samt Telefonnummern: Sergio Galeazzo, Gianluca Morra und Franco Fusco.
    »Ich habe es natürlich sofort bei allen drei Nummern probiert«, sagte Luzie, »ich wollte meinen Vater ja so schnell wie möglich finden. Bei Sergio hat sich jemand ganz anderer gemeldet, der nichts von irgend einem Sergio Galeazzo wusste. Bei Gianluca hieß es ›Kein Anschluss unter dieser Nummer‹, auf Italienisch natürlich. Und bei Franco hatte ich einfach Glück.«
    »Glück?«, fragte Sonja irritiert.
    »Die Nummer war noch gültig, es war die von seinen Eltern. Ein Hausmädchen hat mir dann Francos Nummer gegeben, ich habe ihn angerufen und mich mit ihm getroffen. Er ist wirklich total nett. Als er hörte, dass ich mir mit vier Mädchen ein Zimmer teile, hat er mir gleich seine Wohnung angeboten, voll eingerichtet, die er ab und zu an Touristen vermietet. Und er hat nicht mal so viel dafür verlangt, wie ich in der Pension für ein Bett zahlen musste. Hast du die Wahnsinnsaussicht gesehen?«
    »Irgendwelche Gegenleistungen?«, schnaubte Sonja.
    »Natürlich nicht!«, fauchte Luzie.
    Gentilini bremste erneut. Sonja hatte nicht darauf geachtet, wohin sie gefahren waren, aber jetzt hielten sie in einer Straße mit ziemlich unansehnlichen, würfelförmigen Mietshäusern, wie sie in den Randgebieten jeder beliebigen europäischen Stadt zu finden waren.
    »Wartet kurz. Bleibt im Auto, steigt auf gar keinen Fall aus!« Er sah sich um, entsicherte seine Pistole, verließ den Alfa und ging auf einen der vielen identischen Hauseingänge zu. Die Uhr im Armaturenbrett zeigte kurz nach sieben. Noch immer waren die Straßen wenig belebt, es war Samstag, die meisten Leute schliefen noch. Sonja beobachtete, wie Gentilini auf einen Knopf drückte und etwas in die Gegensprechanlage sagte. Dann kam er rasch zum Auto zurück. Kurz darauf tauchte ein älterer Mann mit Halbglatze in der Haustür auf, ging auf einen Fiat zu, der zwei Autos vor ihnen

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