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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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nachzuhängen. Vielleicht waren es die letzten friedlichen Momente.
    »Steh auf, Faulpelz, gleich wird gerudert!« Jemand trat ihn in den Rücken. Offenbar war das Land nicht mehr weit - Ahmeds Boot hatte in den frühen Morgenstunden gut Fahrt gemacht und alle Winde ins Segel genommen, derer es habhaft werden konnte. Der Maure war ein wirklicher Segelkünstler und äußerst beliebt als Fährmann für die oströmischen Kriegsgebiete.

    »Mach dich auf, wir können jeden Arm gebrauchen.« Gérard riss sich zusammen. Kriegsgebiet. Die Erinnerung an das, was auf den Planken gewesen war, verblasste, und der Herbstwind biss ihn bösartig in die Haut, als er nackt dastand und sich umständlich und noch ein bisschen träge die halb trockenen Kleider überstreifte. Die Augen der Herrscherin, die nichts verpassten, glitten abschätzend über seine Brust und die breiten Schultern.
    »Wieso ist dieser Mann nicht auf Kephalonia und zeigt dort, was er kann?«, fragte sie unfreundlich.
    Ima rollte gerade Decken zusammen. »Weil er die meiste Zeit in Diensten Eures Sohnes Roger stand und zwischen Sizilien und Salerno herumreiste«, knurrte sie, ohne sich aufzurichten. »Und soweit ich weiß, hat er das Lager in Kephalonia mit aufgebaut, bevor er abkommandiert wurde.« So zu antworten war in höchstem Maße unhöflich, die Dienerin hielt entsetzt den Atem an. Die Unhöflichkeit war Ima auch durchaus bewusst, doch bot die Frage endlich Gelegenheit, ihrem Ärger über die unfreiwillige Reise Luft zu machen, über die Art und Weise, wie man sie genötigt hatte und wie mit der Reisegruppe umgesprungen worden war. Natürlich änderte das nichts, und es war auch eine allzu geringe Genugtuung, doch es war immer noch besser, als alles einfach hinzunehmen. Als sie sich dann doch aufrichtete, blickte sie geradewegs in Sicaildis’ kalte, dunkle Augen.
    »Hat er es nötig, sich eine Frau als Fürsprecherin zu halten? Vor seiner Herzogin?« Spott troff aus der Stimme. »Ich hatte Euren Ritter für tapferer gehalten. Und, um ehrlich zu sein - ich hatte Euch auch für wählerischer gehalten, Heilerin.« Ima lief rot an. Es kostete sie einiges, hier den Mund zu halten. Man hatte sie gelehrt, Höherstehenden keine Widerworte zu geben, doch es kostete einen spitzen Splitter ihrer Ehre …

    Die Herzogin rauschte an ihr vorbei zur Reling. »Gebt acht, wonach Ihr Euch streckt, Ima von Lindisfarne. Und gebt acht, was es Euch am Ende einbringt«, raunte sie noch.
     
    Thierry stand mit großen Augen hinter ihr, bereit, mäßigend einzugreifen und die Freundin unter seine schützende Kutte zu nehmen, doch Sicaildis war an die Reling getreten und ließ den Blick am Ufer entlangschweifen, während Ahmeds Männer die Segel einholten. Die Unterredung war beendet, das Interesse erloschen. Zumindest vordergründig. Sicaildis von Salerno galt als äußerst nachtragend.
    Ihr Unmut war denn auch zurückgeblieben, legte sich trotz der frischen Morgenluft wie ein schwerer Dunst über die Reisenden und verriet, dass man sich auch weiterhin in Acht nehmen musste.
    Gérard sorgte auf seine Weise dafür, dass die Herzogin ihn nicht vergaß, denn als das Schiff ankerte und man sich umständlich daranmachte, einen Einbaum zu Wasser zu lassen, damit die Damen trockenen Fußes an Land gehen konnten, und Sicaildis ungeduldig bereits auf der Reling saß, sprang Gérard ins flache Wasser und nahm sie kurzerhand auf seine Arme - genau so, wie er es erst gestern mit Ima gemacht hatte. Schweigend und äußerst gefasst ließ sich die Langobardin von ihm ans Ufer tragen. Als er sie heftig keuchend absetzte - denn zierlich war Sicaildis von Salerno nicht gerade -, sah sie mit hochgezogenen Brauen in sein Gesicht.
    »Sagt mir, Herr Ritter - ist es Kühnheit, Respekt oder Minne, was Euch so schwitzen ließ?«, bemerkte sie spöttisch.
    Gérard beugte höflich das Knie. »Von allem etwas, ma dame «, sagte er.
    »So.« Das war ihr nicht genug.
    Er sah hoch. »Was wie viel wiegt, ma dame , mag nicht
von Interesse sein.« Seine Stimme klang ein wenig heiser - vielleicht noch von der Anstrengung, vielleicht aber auch vom Bewusstsein, gerade äußerst frech gewesen zu sein. So sah die hohe Dame das auch, denn sie hob den Finger und deutete auf das Schiff.
    »Begebt Euch zurück aufs Schiff, mon seignur . Wir benötigen Eure Dienste nicht länger.«
    Jemand kicherte glucksend. Gérard erstarrte. Den weiten Weg - umsonst? Er wagte nicht, Ima mit seinem Blick zu suchen, er wollte gar nicht in

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