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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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vergällt und den Magen sauer macht. Sie verabreichte daher gerne Bitterwurz mit starkem Honig …«
    »Habt Ihr gehasst, Ima von Lindisfarne?«, kam es heftiger.
    »Nein«, flüsterte sie. »Nein, nie.« Es hatte nie einen Grund gegeben zu hassen, auch wenn das Leben ihrer Familie von Neidern zerstört worden war. Ima war noch ein Kind gewesen, als der Vater ungewollt Verderben über die Mutter gebracht und die Familie heimatlos gemacht hatte. Das Leid hatte sie fühlen gelernt, den Hass jedoch nie.
    »Dann hört gut zu, Ima«, sagte die Herzogin, »und versteht, wie bitter die Liebe schmecken kann. Ihr wisst, wer mein Vater war?« Sie strich sich mit der Hand über die hohe Stirn, wie um einen Schleier von ihren Erinnerungen zu ziehen. »Ihr kommt aus dem barbarischen Norden und könnt es nicht wissen. Mein Vater war Fürst Waimar von Salerno, Adoptivsohn des deutschen Kaisers Konrad. Weil mein Vater nach der Meinung Missgünstiger allzu gute Beziehungen zu den Normannen pflegte, wurde er ermordet, von seinen eigenen Leuten. Meine Onkel meuchelten ihn dahin, zu viert taten sie es, die Feiglinge, unten am Strand, und sein Blut färbte die Bucht von Salerno so rot, dass sich die Sonne hinter schwarzen Wolken versteckte, weil das blutrote Meer ihr Angst machte.« Für einen Moment schwieg sie. »Mein Bruder Gisulf beerbte unseren Vater und wurde Fürst von Salerno. Als Gisulf ein paar Jahre
später mit Robert Guiscard einen Pakt um Salerno schloss, bezahlte er mit meiner Hand. Der Normanne nahm die Stadt und - mich. Dafür schickte er die andere Frau fort, wie es die Barbaren tun.«
    Ihr Hände falteten einen Schal, bis er zu klein wurde und auseinanderfiel. Man erzählte sich, dass sie auch eine Waffe führen konnte, es gab ältere Soldaten, die behaupteten, sie im Kampf gesehen zu haben. Zu Pferd, das Schwert in der Hand.
    »Ihr wurdet zur Heirat gezwungen?«, fragte Ima, obwohl das nun nichts Besonderes war. Am Hof des englischen Königs waren solche Ehen an der Tagesordnung, und nur der Fürsprache von Urgroßvater Roger de Montgomery war es zu verdanken gewesen, dass die letzten Ehevorschläge von Königin Mathilde nicht in die Tat umgesetzt worden waren. Ima rieb sich fröstelnd die Arme.
    Die Herzogin seufzte. »Niemand fragte mich. Doch wisst Ihr …« Ihre Augen glitzerten in der Dunkelheit, als sie die Ellbogen auf die Knie setzte. »Ach, Ima. Es ist so lange her, und doch ist es, als wäre es erst gestern gewesen. Wie er in mein Gemach trat. Wir hatten ein Feuer brennen, und die Flammen verloschen beinah, als er hereinkam. Er allein füllte mein Gemach, er und sein Schwert, welches er in die Flammen legte, bevor er mir beiwohnte. Die rot glühende Klinge hielt er mir kurz darauf vor die Nase. ›Das soll uns verbinden, edle Frau‹, waren seine Worte gewesen.«
    Ima zog sich die Decke über die Schultern. Sie sah den mächtigen Mann vor sich, und die glühende doppeldeutige Klinge, Sinnbild seiner unermesslichen Gier …
    »Robert war ein Barbar - und ich seine Beute«, sagte Sicaildis da trocken. »Ich habe ihn dafür gehasst. Salerno und ich waren die Beute - was habe ich ihn gehasst!« Sie vergrub das Gesicht in ihren Händen. »Und was habe ich ihn geliebt«, drang es flüsternd zwischen den Fingern hervor.
»Was habe ich ihn geliebt, nachdem er zu mir gekommen war … was habe ich Robert geliebt …«
    Ima saß ganz still. Die Worte rührten auf so einfache Weise - ein Mann, eine junge Frau, und die Liebe war auf einem Beet gewachsen, wo das Erdreich keine Wärme in sich trug. Die meisten Frauen, denen so etwas zustieß, lernten, den Hass zu ertragen. Sie erduldeten die Ehe, sie erduldeten die eheliche Pflichterfüllung - wem der Wille dazu fehlte, wurde von den Aufwarteweibern schon dazu gebracht, es über sich ergehen zu lassen. Ima wusste von Pflanzen, die den Akt erträglich machten, Marienwurzel beruhigte, und Ringelrose verhinderte Verletzungen, denn nicht jeder Herr war mit einer hübschen Dienstmagd im Ehebett zufrieden. Bei manchen waren die Verletzungen so schlimm, dass sie sich von Trota behandeln lassen mussten. Die wendete Salben und Sitzbäder an, vor allem aber tröstete sie die verängstigten Frauen. Oft genug verachteten sie trotzdem ihren Körper, der alljährlich die Frucht der verhassten Verbindung trug, bis er sie dahinraffte, meist zusammen mit einer Frucht, gezeugt in Widerwillen oder Gewalt …
    Wieder wanderte ihr Blick zum Bootswinkel, Erinnerungen zuckten in ihr hoch.
    »Ich

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