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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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ihr Gesicht schauen. Sicaildis drehte sich noch einmal zu ihm um.
    »Und - wisst Ihr … möglicherweise hätte es mich interessiert, mon seignur «, erklärte sie spitz. Dann knirschten die Kiesel, sie war bereits auf dem Weg zur Böschung.
    »Gehabt Euch auch wohl«, brummte der Normanne, gerade leise genug, dass ihn niemand verstand. Aus den Augenwinkeln sah er Ima zu sich herüberstarren, und er musste sich sehr zusammennehmen, um nicht zu tun, was sein Herz ihm gerade mit Macht befahl: die Frau seines Lebens schultern und endlich nach Hause bringen. Nach Hause! Der Klang des Wortes machte ihn wütend, dabei war er doch vor wenigen Tagen erst voller Vorfreude aufgebrochen!
    »Gérard«, warnte Thierry leise. Zu viele Meter lagen zwischen ihnen, als dass der Mönch mit seiner beruhigenden Freundlichkeit wirklich hätte eingreifen oder gar besänftigen können, denn in der gespannten Atmosphäre wagte niemand, sich von seinem Platz zu bewegen. Die Herzogin pflegte wie eine Zauberin Menschen festzunageln, wenn ihr danach war, und nicht wenige fürchteten sich deswegen vor ihr. Ihre Dienstmagd schließlich rettete die Situation, denn sie fiel von der Reling ins Wasser und kreischte los. Gérard sprang wieder in die Wellen zurück. Natürlich würde niemand hier ertrinken, doch ein schreiendes Weib zerrte an
den ohnehin gespannten Nerven. Das Mädchen klammerte sich hysterisch an seinen Hals, als er es ans Ufer trug und auf den Kieseln absetzte. Sicaildis’ Blick blitzte vor Spott. Doch noch ehe sie de Hauteville mit ehrverletzenden Bemerkungen zur Weißglut oder gar zu einer unbedachten Handlung reizen konnte, raschelte es. Ein Pferd schnaubte hinter ihnen im Gebüsch - die Bewaffneten der Herzogin hetzten an Land, doch zu spät.
    Aus dem Pinienhain traten vier Männer, einer führte einen schneeweißen Hengst am Zügel. Der Mann trug ein glänzendes Kettenhemd und einen polierten Helm auf dem Kopf, die anderen waren in einfache Ledergewandung gekleidet. Ihre Schwerter steckten ohne Scheiden in Gürtelschlaufen, und ihre Mäntel verrieten Kampfspuren. Hinter ihnen führte ein Knappe Pferde durch die Büsche.
    Sicaildis’ Leibwächter zogen die Waffen, doch der mit dem Helm hob beschwichtigend die Hand und signalisierte, dass er in Frieden kam. Er deutete eine Verbeugung an - gerade genug, um höflich zu sein, für Imas Geschmack jedoch nicht ausreichend. In der Schlacht galten wohl andere Regeln, und möglicherweise würde nicht jeder, der dem Herzog ergeben war, auch für seine Herzogin sterben wollen. Dieser Mann jedenfalls kam grußlos und ohne Umschweife zur Sache.
    »Seid willkommen auf Kephalonia, ma dame «, sagte er und trat noch einen Schritt auf sie zu. Der grobe Sand unter seinen Füßen knirschte geschwätzig. »Ich bin Marius de Neuville, mein Vater schickt mich, Euch zu dienen und zu führen.« Damit sank der Sohn von Marc de Neuville, dem listigen Kriegerfuchs und engstem Vertrauten Robert Guiscards, dann doch auf die Knie und zog den Helm vom Kopf. Blondes, ungepflegtes Haar wallte auf die breiten Schultern. »Euer Diener, ma dame . Verfügt über mich und mein Leben.«

    Die Herzogin schaute auf ihn herab. In ihrem Gesicht zuckte es, eine Mischung aus Rührung und Stolz, doch nichts davon kam wirklich zum Vorschein, sie hatte sich wie immer in der Gewalt. Doch Ima war sich nach allem, was sie erlebt hatte, sicher, dass dieses Angebot gut bei ihr aufgehoben war.
    »Wir reiten vor, die anderen kommen nach«, befahl sie knapp. »Ima, Ihr reitet mit mir. Sputet Euch.« Sie warf dem Ritter ihren Mantel in die Arme und schwang sich ohne Hilfe und erstaunlich behände auf den Hengst ihres Gatten, welchen dieser ihr hatte schicken lassen. Und ehe Ima wusste, wie ihr geschah, hatte de Neuville sie gepackt, auf einen breitrückigen Braunen geschoben und war hinter sie geklettert - sehr dicht, viel zu dicht, um schicklich zu sitzen, doch in der Schlacht galten andere Regeln.
    Vielleicht kochte Gérard gerade deswegen vor Wut, als die beiden Pferde im Galopp davonstoben, dass die Kiesel hochspritzten. Er war erneut auf dem Weg ins Wasser gewesen, um sich zum Schiff zurückzubegeben, wie ihm befohlen worden war - mit einem unguten Gefühl und der unbändigen Lust, sich zu widersetzen -, als er mit ansehen musste, wie sich dieser Krieger hinter Ima schmiegte. In was für eine Schlacht war er hier geraten? Nun gab es wirklich kein Zögern mehr! Mit langen Schritten sprang er an den Strand zurück und packte das

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