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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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hoffe, Gott vergibt uns diese Liebe«, sagte die Herzogin da.
    Ima legte ihre Hand auf den Arm der Herzogin. »Er muss sie nicht vergeben. Er hat sie Euch gewährt, ma dame «, flüsterte sie - vielleicht, damit niemand sonst die ketzerischen Worte vernahm. Es war kein Geheimnis, dass die Priester am Hof von Salerno die bisweilen kindische Hingabe Roberts an sein Weib verurteilten - und es war auch kein Geheimnis, dass der Herzog die Priester dafür verlachte und verspottete und sich nicht beirren ließ. Beinah ihr ganzes Leben hatte Sicaildis an seiner Seite verbracht,
und wenn das gemeinsame Lager auf dem Schlachtfeld gestanden hatte, hatte sie eben dort auf ihn gewartet. Ima erinnerte sich noch gut, wie erstaunt sie gewesen war, Sicaildis auf dem Heerzug nach Rom als einzige Frau unter Tausenden von Männern zu entdecken.
    »Gott hat Euch etwas Einzigartiges gewährt.« raunte sie, und für einen Moment fühlte sie sich der alten Dame ehrlich und zutiefst verbunden.
     
    Die Bootsleute waren zur Wache eingeteilt. Vier der sechs Männer schliefen in Decken gehüllt unter den Bänken, die anderen beiden saßen aufrecht und starrten auf das schwarze Wasser. Ahmed hockte am Steuer, einen dicken Umhang um die Schultern. Es war vermessen, bei Nacht durch das Ionische Meer zu segeln, doch der Guiscard hatte es stets gewagt. »Allahu akhbar«, murmelte der Bootsführer und beugte sich vor, wie um sich vor dem Herrscher zu verbeugen, der zwar anderen Glaubens war, aber doch ein großer Krieger. »Allahu akhbar …«
    Sonst bewegte sich niemand auf dem Boot. Selbst das Segel hatte seine Stimme gesenkt. Es flüsterte nur noch dann und wann und antwortete den leise plätschernden Wellen, die von außen den Bootsrumpf betatschten und fragten, ob er bereit für ein Spiel sei. Der Wind mischte sich ein, dann flatterte das Segel, und einer der Bootsleute hob den Kopf, um es notfalls zu ordnen oder an den Tauen zu ziehen. Sie hatten Italien bei wolkenverhangenem Himmel verlassen, hier draußen präsentierte sich jedoch ein klares Firmament. Ahmed hatte finster von Unwettern gemurmelt und dass man um diese Jahreszeit das Ionische Meer niemals ungestraft überquerte. Doch da die Überfahrt ein vergoldeter Befehl war … und der Guiscard es zu jeder Jahreszeit gewagt hatte … Der Sternenhimmel versöhnte ihn ein wenig, so wusste man wenigstens, wohin man fuhr, und musste
keine Mutmaßungen über die Himmelsrichtungen anstellen. Seine Gestalt hatte sich schon lange nicht mehr geregt, vielleicht war auch er eingeschlafen. Sicaildis schlief ganz bestimmt. Ima hatte ihr eine wollene Decke um die Schultern gelegt. Nun hockte sie da, den Kopf gegen die Reling gelehnt, die Hände im Schoß vergraben - reglos. Thierrys Kopf war unter der Mönchskapuze vergraben, der Koch grunzte im Schlaf. Dafür, dass er den Mönch verabscheute, lag er ziemlich dicht bei ihm, obwohl es genug andere Schlafplätze gegeben hätte. Aber vielleicht war das auch Zufall.
    Ima selbst war hellwach. Ihre Sinne waren so klar wie diese sternklare Nacht. Die Mantelkapuze verbarg ihr hellblondes Haar; niemand, der vielleicht wach und aufmerksam genug gewesen wäre, hätte gesehen, dass ihre Blicke über das Boot schweiften und schließlich an einem Schläfer hängen blieben.
    Man hatte den beinah ertrunkenen Ritter auf Befehl der Herzogin ans hintere Ende des Bootes verfrachtet, wo er in Ruhe trocknen, sich erholen und vor allem keine Frau belästigen konnte. Alle Decken und Fellreste, die man hatte finden können, türmten sich über ihm und wackelten bei jedem Atemzug. Eine einzige Laterne schenkte dem Schiff Licht - doch das sah Ima. Die Atemzüge kamen nicht regelmäßig. Gérard war wach.
    Sie glitt von ihrer Bank. Ihr Herz klopfte. Es geziemte sich nicht, was sie hier tat, zumal alle schliefen. Doch das machte es gerade aufregend … Die Bootsplanken knarzten bei jedem Schritt. In einigen Zwischenräumen schliefen Menschen, in anderen stand das Wasser. Sehr vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen und hob den Mantel an, um nirgendwo hängen zu bleiben oder jemanden unbedacht zu wecken.

     
    Gérard spürte, dass sich jemand auf dem Boot bewegte. Er spürte jeden Schritt, den das Boot mit kleinster Neigung beantwortete. So ging kein Seemann. Oder doch? Für den Moment fühlte er sich zu müde, um aufmerksam zu sein - was sollte auch passieren, wer sollte ihm schon nach dem Leben trachten, hier draußen auf See, und vor allem - weswegen? Sie hatten seine

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