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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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sich nicht. Er war ganz Ohr für die Geschichte seines Gefangenen. Ima hob vielsagend die Hände, um sich seiner Aufmerksamkeit zu versichern. »Die Ehre geht meinem Diener über alles, sein Vater war schon ein sehr tapferer Mann, der tapferste, den man kannte. Man zog also die Dame von der Leiche weg und flößte ihr beruhigende Getränke ein. Als mein Diener kam, um sich das Eheversprechen zu holen, warf sie ihn hinaus und gab ihm zur Aufgabe, sich etwas zu überlegen, um Gott und ihre Seele versöhnlich zu stimmen, bevor sie darüber nachdenke, ihn zum Mann zu nehmen.«
    »Teufel auch«, murmelte ihr Zuhörer angespannt, »Teufel auch, was für eine Katze!«
    »Ja, was für eine Katze, da habt Ihr recht«, erwiderte sie. »Doch war die Katze eine gute Partie und es wert, sich so ins Zeug zu legen. Weise war sie, schön, fromm und sehr vermögend.« Ihre Hände zeichneten eine Königin in die Luft, und die Fackel hielt still.
    »Am Ende wart Ihr die Dame?«, fragte er lauernd, mit Blick auf den fein gewebten Mantel, der ihre vornehme Erscheinung trotz des zerrissenen Kleides nur ungenügend verdeckte. Es war keine Frage, eher eine Feststellung - verriet die höfliche Anrede etwa einen Sinneswandel?
    »Nein, ich war es nicht, denn er ist mein Diener und hält
mir den Sattel, wenn ich aufs Pferd steige«, entgegnete sie dennoch scharf und empört über die Idee. »Ein Diener ist kein Ehemann! Er dient mir …«
    »Und sein Schwertarm?«, fragte er schnell.
    »Den vermisse ich«, schlug sie zurück und sah ihm in die Augen. »Den vermisse ich, denn sein Schwertarm war so stark wie eine ganze Armee.« Echter Mut stieg in ihr auf, sie war zuversichtlich, ihn beeindruckt zu haben, auch wenn die Gefahr nicht vorüber und weder ihr noch Bohemunds Leben in Sicherheit war.
    Örns Gesicht verriet zunächst nichts. Langsam erhob er sich aus seinem Lehnstuhl. Von einem Tisch nahm er ein silbernes Gefäß und trank glucksend, ohne ihr anzubieten. Seine Entscheidung war wichtiger. Ima blieb stark, obwohl sie furchtbaren Durst hatte.
    »Vielleicht seid Ihr doch diese Dame«, meinte er schließlich. »Vielleicht erzählt Ihr mir Geschichten, vielleicht ist dieser Mann gar nicht Euer Diener.« Seine Nase begann wieder zu wackeln, und Ima suchte sich einen anderen Fleck an seinem Kopf zum Betrachten, dieser Tick machte sie ganz närrisch. Immerhin hatte die Flucherei aufgehört. »Dennoch. Ihr wisst Euch auszudrücken, Ihr wisst zu fesseln, Ihr wisst mich zu zerstreuen. Meine Achtung, ma dame .«
    Örn Nábitr war zwar ein Barbar mit furchteinflößendem Namen, doch wusste er sich zu benehmen. Fast hätte Ima erleichtert aufgeseufzt. Gerade noch hielt sie ihre Gesichtszüge im Zaum, denn er sprach weiter.
    »Verschenken kann ich natürlich nichts, das wisst auch Ihr. Eure Sprache sagt mir, dass Ihr aus vornehmem Haus stammt, wo man weiß, dass man sich Geschenke verdienen muss. Da er Euer Diener ist, verdient Euch sein Leben.« Nun grinste er, und dieses Grinsen entstellte sein Gesicht zu einer hässlichen Fratze, denn es brachte Falten
zum Vorschein, die sonst von straffer Haut verborgen waren. »Pflegt meine kranken Männer gesund. Das soll meine Aufgabe für Euch sein. Fühlen sie sich besser, seid Ihr frei - und Euer … Diener…«, er lachte albern, »… Euer Diener ebenfalls.«
    »Wie wollt Ihr wissen, ob ich dazu fähig bin?«, platzte sie heraus. »Ich weiß ja nicht mal, ob Ihr mich in ein Haus voller Aussätziger führen werdet oder ob ein Fluch sie krank gemacht hat …«
    »Das hier verriet mir, wozu Ihr fähig seid.« Und er ließ ihren Beutel baumeln. »Ihr seid eine Heilerin, und das ist genau das, was ich brauche. Pflegt meine Männer gesund, und Ihr und Euer … Diener…«, seine Braue hüpfte vielsagend, »… Euer Diener kann seine Hände behalten und trotzdem frei sein. Zeigt mir, was Ihr könnt.«
    Er trat auf sie zu. »Meine Mutter verstand sich einst aufs Heilen. Ich wurde in Thule geboren, und ich weiß, dass es für Frauen Wege gibt, kranke Männer gesund zu machen.« Wie ein Raubtier schlich er um sie herum, den Beutel provozierend vor sich hertragend. »Ich weiß, was Runen vermögen und wie Zauberkräuter wirken. Ich weiß, welche Macht Sprüche haben. Ich weiß, welche Macht manche Frauen haben. Seid Ihr solch eine Frau?« Hinter ihr blieb er stehen. Kalte Schauder liefen Ima über den Rücken, und sie biss die Zähne aufeinander. Sie zwang sich, nach vorn zu schauen und den Kopf noch etwas höher zu

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