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Die Totengräberin - Roman

Die Totengräberin - Roman

Titel: Die Totengräberin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Ordnung. Möchten Sie etwas trinken?«
    »Ja, einen Schluck Wasser bitte, wenn Sie haben.«
    »Gerne.«
    In diesem Moment kam Lukas aus dem Haus.
    »Johannes«, sagte Magda, »das ist Commissario Neri. Er hat ermittelt, als du nicht da warst.«
    Magda ging ins Haus, um das Wasser zu holen. Lukas’ Herz klopfte, als er auf Neri zutrat.
    »Signore Tillmann?«
    Lukas nickte und schüttelte Neri die Hand. »Buonasera.«
    »Ich habe gehört, Sie waren während Ihrer Reise in Rom so furchtbar krank?«
    Lukas brach der Schweiß aus. Davon wusste er nichts. Was sollte das jetzt? Er hatte Angst, einen Fehler zu machen, und nickte nur.
    »Was hatten Sie denn?«
    »Mir ging es nicht gut. Gar nicht gut.«
    »Waren Sie beim Arzt?«
    »Nein. Ich kenne ja niemanden in Rom.«
    In diesem Augenblick kam Magda mit dem Wasser zurück auf die Terrasse. Sie schenkte Neri ein, und offensichtlich hatte sie die letzten Sätze gehört.
    »Er hatte eine Sommergrippe«, erklärte sie. »So was kann ziemlich heftig sein. Ein widerlicher Virus, und man kann
nichts dagegen tun. Da hilft auch ein Arzt nichts, aber man glaubt zu sterben. Stimmt’s, mein Schatz?«
    Lukas nickte brav.
    »Und Sie kennen die Handynummer Ihrer Frau nicht, um sie zu informieren, dass Sie nicht nach Hause kommen können?«
    Lukas sah Magda verzweifelt an. »Was hat er gesagt?«
    Magda winkte ab und antwortete für ihn. »Es gibt Menschen, die kennen alle Geburtstage ihrer Bekannten, aber keine einzige Telefonnummer. Wieder andere wissen die Telefonnummern, aber vergessen alle Geburtstage. Und nur ganz wenige wissen beides. Manche wissen gar nichts. Das gibt es auch. Johannes ist einer, der meiner Mutter pünktlich einen Blumenstrauß zum Geburtstag bestellt, aber nicht in der Lage ist, sie anzurufen, weil er ihre Nummer nicht kennt. Für solche Menschen gibt es ja die Möglichkeit, Nummern im Handy zu speichern. Aber wenn man das Handy dann verliert, hat man Pech.« Sie grinste.
    »Sie hören sich an, als hätten Sie ihm verziehen«, meinte Neri matt.
    »Was soll ich ihm verzeihen? Er kann ja nichts dafür! Vielleicht sollte man sich wirklich angewöhnen, immer zwei Handys dabeizuhaben, auch wenn es absurd oder dekadent klingt. Aber es würde einem eine Menge Ärger ersparen.«
    Lukas erahnte nur, was Magda auf Italienisch zu Neri gesagt hatte, aber er spürte, dass sie die Wogen geglättet und zu jeder Frage schlüssige Erklärungen geliefert hatte.
    »War Ihr Schwager nicht ein paar Tage hier?«, fragte Neri.
    »Ja. Aber er ist längst wieder in Deutschland. Er ist Schauspieler und hat ein Engagement in Hannover.«

    Neri stand auf.
    »Es freut mich, dass sich alles so aufgeklärt und zum Guten gewendet hat, Signora. Bitte rufen Sie mich an, wenn Sie noch irgendwelche Probleme haben sollten. Arrivederci, Signora, arrivederci, Signore!«
    Neri setzte seine Mütze auf, verbeugte sich und ging zu seinem Auto. Er hatte das ungute Gefühl, dass Gabriella sicher noch Fragen gehabt hätte, auf die er nie und nimmer kommen, aber die sie ihm bereits heute Abend auf die Stulle schmieren würde.
     
    Magda saß vollkommen versteinert am Tisch.
    »Was ist? Was hast du?«, fragte Lukas.
    »Nichts.«
    »Aber ich sehe doch, dass du was hast! Woran denkst du? Hast du dich über irgendetwas geärgert?«
    Magda schüttelte den Kopf.
    »Oder hab ich was falsch gemacht?« Lukas sah ganz unglücklich aus.
    »Nein. Du hast nichts falsch gemacht. Es ist alles gut. Aber hör auf, mir Löcher in den Bauch zu fragen, und lass mich um Himmels willen mal fünf Minuten in Ruhe!«
    Damit sprang sie auf und lief ins Haus.
    Sie war so unglaublich wütend, dass sie glaubte zu platzen. Dieser Commissario wusste alles. Jede Kleinigkeit, jedes Detail, alles was sie Gabriella gestern gesagt hatte. Nie wieder würde sie mit Gabriella ein Wort wechseln. Diese dumme Pute hatte doch wahrhaftig nichts Eiligeres zu tun gehabt, als zur Polizei zu rennen und all das auszuplaudern, was sie ihr ganz im Vertrauen erzählt hatte.
    Magda war maßlos enttäuscht und fühlte sich verraten. Sie musste misstrauischer werden, durfte nicht jedem sympathischen
Menschen sofort ihr Herz ausschütten. Vielleicht hatte Gabriella die Geschichte auch einer Freundin erzählt, die hatte es wieder einer Freundin erzählt, die hatte es ihrem Mann gesagt und der hatte es brühwarm Neri weitergetratscht. Beim morgendlichen Kaffee, beim Friseur oder auf dem Markt. Egal. Tatsache war, dass Gabriella es weitererzählt hatte. Und es wurde

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