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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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wir die hernehmen?«, fragte Yehuda mit einem höhnischen iberischen Lachen. »Hat der Pöbel, der uns hier in die Burg gejagt hat, vielleicht dafür gesorgt, dass wir genug stillende Mütter dabeihaben? Das müssen die wohl vergessen haben, anders kann ich mir das nicht erklären.«
    Adelia zögerte, ehe sie antwortete. »Ich könnte Lady Baldwin fragen, ob in der Burg eine ist.«
    Sie wartete auf Ablehnung. Margaret war damals ihre Säugamme gewesen, und Adelia wusste von anderen christlichen Frauen, die in dieser Eigenschaft in jüdischen Haushalten dienten, aber ob diese starrsinnige kleine Enklave auch nur in Erwägung ziehen würde, ihren jüngsten Neuankömmling an die Brust einer Goj zu legen …
    Dina überraschte sie. »Milch ist Milch, mein Gemahl. Ich vertraue darauf, dass Lady Baldwin eine reinliche Frau findet.« Yehuda legte sanft eine Hand auf den Kopf seiner Frau. »Solange sie begreift, dass es nicht deine Schuld ist. Bei allem, was du durchgemacht hast, können wir froh sein, überhaupt einen Sohn zu haben.«
    Oho, dachte Adelia, die Vaterschaft tut dir gut, junger Mann. Und Dina wirkte zwar nervös, sah aber glücklicher aus als beim letzten Mal; vielleicht hatte diese Ehe doch bessere Aussichten, als es zunächst den Anschein gehabt hatte.
    Sie verabschiedete sich, und Yehuda ging mit ihr hinaus. »Doktor …«
    Adelia fuhr herum und herrschte ihn an. »Nennt mich nicht so. Der Doktor ist Master Mansur Khayoun aus Al Amarah. Ich bin nur seine Gehilfin.«
    Offensichtlich hatte sich die Operation auf dem Küchentisch des Sheriffs herumgesprochen, und sie hatte schon genug Probleme, auch ohne den unvermeidlichen Widerstand, den die Ärzte von Cambridge und erst recht die Kirche ihr entgegenbringen würden, falls ihr Beruf bekannt wurde.
    Vielleicht konnte sie sich auf Mansurs Anwesenheit berufen – er war bei der Prozedur dabei gewesen – und erklären, er habe als Meister ihre Arbeit überwacht.
    Außerdem sei es ein für Moslems heiliger Tag gewesen, an dem Allah ihm verbot, mit Blut in Berührung zu kommen. So was in der Art.
    Yehuda verneigte sich. »Mistress, ich wollte Euch nur sagen, dass wir unseren Sohn Simon nennen werden.«
    Sie ergriff seine Hand. »Danke.«
    Obwohl sie nach wie vor müde war, hatte ihr Tag sich verändert, das Leben selbst hatte sich mit einem Schlag verändert. Dass das Kind Simon heißen sollte, gab ihr im wahrsten Sinnedes Wortes Auftrieb, und auf einmal hatte sie ein eigenartig beschwingendes Gefühl.
    Weil sie verliebt war, begriff sie. Liebe, wie hoffnungslos sie auch sein mochte, konnte die Seele schweben lassen. Noch nie hatten Möwen so klar vor dem blassblauen Himmel gekreist, noch nie waren ihre Schreie so erregend gewesen.
    Es drängte sie, den anderen Simon zu besuchen, und auf dem Weg zum Garten des Sheriffs ging Adelia durch den Burghof, um Blumen für sein Grab zu pflücken. Dieser Teil der Burg diente rein praktischen Zwecken, und die frei umherlaufenden Hühner und Schweine hatten ihn der meisten Vegetation beraubt, aber auf der Krone einer alten Mauer hatte sich etwas Lauchkraut angesiedelt, und auf dem Hügel, wo in angelsächsischer Zeit der hölzerne Burgturm gestanden hatte, blühte ein Schwarzdornbusch.
    Kinder rutschten auf einem Holzbrett den kleinen Hang hinunter, und während sie behutsam ein paar Zweige abbrach, kamen ein kleiner Junge und ein Mädchen näher, um mit ihr zu plaudern.
    »Was ist das?«
    »Mein Hund«, erklärte Adelia.
    Sie dachten einen Moment über die Antwort nach, den Blick auf das Tier gerichtet. Dann: »Der Schwarze, der mit Euch gekommen ist, Lady, ist das ein Zauberer?«
    »Ein Arzt«, sagte sie.
    »Macht der Sir Rowley wieder gesund, Lady?«
    »Sir Rowley ist lustig«, sagte das kleine Mädchen. »Er sagt, er hat eine Maus in der Hand, aber in Wirklichkeit ist es eine Münze, und die schenkt er uns dann. Ich hab ihn gern.«
    »Ich auch«, sagte Adelia hilflos und empfand das Geständnis als wohltuend.
    Der Junge zeigte mit dem Finger in eine bestimmte Richtungund sagte: »Das sind Sam und Bracey. Die hätten keinen reinlassen sollen, nicht? Nicht mal, um Juden zu töten, sagt mein Pa.«
    Er deutete auf eine Stelle neben den neuen Galgen, wo ein doppelter Pranger stand, aus dem zwei Köpfe ragten, vermutlich die der Wachmänner am Tor, als Roger aus Acton und die Leute aus der Stadt in die Burg eingedrungen waren.
    »Sam sagt, er wollte sie gar nicht reinlassen«, sagte das Mädchen. »Sam sagt, die Kerle haben ihn

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